Kölner Arzt vergiftetZeugin liefert weiteres Puzzleteil: „Er sah aus wie ein Geist“

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Die Angeklagte beim Prozessauftakt wegen versuchten Mordes mit ihrem Verteidiger Jürgen Graf.

Köln – Wie ein Puzzle, dessen Teile erst nach und nach das Bild ergeben, erscheint für die Beobachter der Strafprozess um den vergifteten Arzt vor dem Landgericht Köln. Es gibt keinen Beweis, dass die 41-jährige Angeklagte ihren Schwiegervater, wie von der Staatsanwaltschat vorgeworfen, mit einer Überdosis Insulin töten wollte. Wohl aber gewichtige Indizien, vorgetragen von diversen Zeugen.

Zeugin beschreibt: „Er sah aus wie ein Geist“

Eine weiteres Puzzleteil in Richtung einer möglichen Verurteilung fügte am Freitag eine gute Freundin des geschädigten 82-Jährigen zum Prozess hinzu. Die 80-Jährige berichtete von einer Verabredung mit dem Mediziner aus dem Kölner Westen. Am 26. Juni vergangenen Jahres, nur neun Tage vor dem fatalen Vorfall, war die Zeugin mit ihrer Schwester am Anwesen des Arztes erschienen.

„Wir haben geklingelt, aber er hat zunächst nicht aufgemacht“, sagte die Zeugin. Dann habe der Mediziner plötzlich im Bademantel die Tür geöffnet, obwohl man direkt weiter ins Restaurant habe gehen wollen. „Er sah aus wie ein Geist“, beschrieb es die Freundin, die mit dem Mann seit mehr als 45 Jahren bekannt ist. Es gehe ihm nicht gut, habe er gemeint und sie erst einmal hereingebeten.

Mediziner soll Eiskaffee bei Schwiegertochter getrunken haben

Gleichwohl habe der Mediziner darauf bestanden, wie verabredet in das Lokal zu gehen. Er habe aber lediglich in der Vorspeise gestochert, ein oder zwei Stangen Spargel gegessen und weder Hauptgericht noch Dessert angerührt. Es habe noch einen Disput mit dem Wirt gegeben, der dem Arzt nichts habe in Rechnung stellen wollen. Doch der Senior habe darauf bestanden zu zahlen.

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Warum der Mediziner sich an dem Tag so schlecht gefühlt hat, darüber kann man nur spekulieren. Die Zeugin berichtete, dass der Mann am Nachmittag bei seiner Schwiegertochter gewesen sei. Diese habe ihn regelrecht zu sich zitiert, da die Enkeltochter ein Bild gemalt habe, das der Opa unbedingt sehen solle. Bei dieser Gelegenheit habe die Angeklagte dem Schwiegervater einen Eiskaffee gereicht.

Indizienkette führte zu Anklage wegen versuchten Mordes

Bereits fünf Tage zuvor, als der Senior Campari Orange getrunken hatte, den ihm die Angeklagte gemixt haben soll, hatte der Mediziner über starkes Unwohlsein geklagt. In seiner Krankenakte hatte er vermerkt, sich wie vergiftet zu fühlen. Am Morgen des 6. Juli hatte die Haushälterin ihren Chef komatös auf dem Sofa aufgefunden. Am Nachmittag zuvor war die Schwiegertochter zu Besuch.

Diese und weitere Vorfälle - so soll die Angeklagte etwa im Internet nach „Perfekter Mord durch Insulin“ gesucht haben - ergeben eine Indizienkette, die zur Anklage wegen versuchten Mordes geführt hat. Der Senior hatte die Überdosis nur knapp überlebt und wurde zum Pflegefall. Ob es zu einer Verurteilung reicht, muss das Landgericht entscheiden. Die Angeklagte bestreitet die Vorwürfe, die Verteidiger hegen eine Selbstmordtheorie.

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