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Autonomes ZentrumKölner Busunternehmer  fühlt sich verdrängt

Lesezeit 5 Minuten
Der Umzug des Autonomen Zentrums nach Kalk steht an: Der jetzige Mieter, das Busunternehmen Piccolonia von Geschäftsführer Markus Klein, zieht dafür aus der Adresse aus.

Der Umzug des Autonomen Zentrums nach Kalk steht an: Der jetzige Mieter, das Busunternehmen Piccolonia von Geschäftsführer Markus Klein, zieht dafür aus.

Wie die Vorbereitungen des Umzugs der Autonomen nach Kalk laufen: Eine Lösung für einen der bisherigen Mieter ist gefunden, das Busunternehmen Piccolonia zieht nach Ostheim.

Das Autonome Zentrum (AZ) soll nach Kalk ziehen, der Rat stimmte dem bereits vor einem halben Jahr zu. Ein Datum steht noch immer nicht fest. Ungeklärt war bislang, was mit dem Busunternehmen Piccolonia passieren wird, einem der bisherigen Mieter der Kalker Adresse In den Reihen 16. Jetzt haben sich Geschäftsführer Markus Klein und die Stadt geeinigt: Er bekommt ein anderes Grundstück in Ostheim. 

Der Plan der Stadt war, das Kalker Grundstück dreizuteilen: für das AZ, Piccolonia und einen Sportverein. Doch den für Piccolonia vorgesehenen Teil wollte das Busunternehmen nicht, da das Areal zu klein war. Der Geschäftsführer in zweiter Generation fühlte sich zugunsten der Autonomen verdrängt. Nun ist ausgehandelt, dass Piccolonia in den Herkenrathweg in Ostheim zieht, auf 10.000 Quadratmeter, und dort expandieren kann. Die Stadt will Klein das Grundstück verkaufen. Die nötige Zustimmung des Rats am Dienstagabend im nicht-öffentlichen Teil seiner Sitzung nach Redaktionsschluss galt im Vorfeld als sicher, weil der Liegenschaftsausschuss bereits zugestimmt hatte.

Busunternehmen Piccolonia seit 25 Jahren in Köln-Kalk

Der Lösung des Umzugs nach Ostheim gingen Jahre der Verhandlung voraus. Piccolonia war seit 25 Jahren an dieser Adresse, mit einer Flotte von rund 40 Bussen. Klein sagte, der Platz, der ihm neben dem AZ dann bliebe, sei zu klein, um seinen Firmensitz an diesem Standort zu halten. Klein hatte schon Pläne erstellen lassen, um sich zu vergrößern, um mehr Busse unterzubekommen und adäquate Räume für seine Angestellten zu schaffen. Dafür wollte er zunächst das Grundstück In den Reihen 16 der Stadt abkaufen.

In den Reihen 16 in Kalk: Hierhin soll das Autonome Zentrum Kölnziehen.

In den Reihen 16 in Kalk: Hierhin soll das Autonome Zentrum Kölnziehen.

Seit 2022, seitdem der Standort im Gespräch als neue Heimat des AZ ist, bot ihm die Stadt nur knapp 4000 Quadratmeter davon an. Nur den Teil zu kaufen kam für Markus Klein nicht infrage, obwohl er im Februar 2024 noch eine Absichtserklärung mit dem AZ unterzeichnet hatte, sich das Gelände teilen zu wollen. Im Frühjahr noch stand Klein auf dem Hof in Kalk und versuchte zu zeigen, wie die Busse parken müssten, wenn das AZ hier eingezogen ist. „Das passt einfach nicht“, sagte er, machte aber auch klar: „Ich will nicht aus Köln raus mit dem Unternehmen. Unsere Mitarbeiter arbeiten bei uns, weil sie kurze Arbeitswege haben.“

Auch andere, teils schon ehemalige Mieter, hatten in den vorigen Jahren die Sorge geäußert, verdrängt zu werden. Das AZ teilt mit, mit dem Großteil von ihnen gesprochen zu haben. Ein Ergebnis war, dass das Lateinamerika-Archiv in das AZ integriert wird und vor Ort bleibt. Das AZ bedauere, dass Mieter, Ateliers, Proberäume und Initiativen dennoch umziehen müssen. Die Lösungen seien „teilweise prekär, zu teuer oder unbefriedigend“, es sei aber Aufgabe der Stadt, sie zu finden.

In das sogenannte Pförtnerhaus auf dem städtischen Grundstück In den Reihen 16 soll der Boxclub Muay Thai Cologne ziehen.

In das sogenannte Pförtnerhaus auf dem städtischen Grundstück In den Reihen 16 soll der Boxclub Muay Thai Cologne ziehen.

Vor Ort bleiben kann hingegen der Boxverein Muay-Thai Cologne, der aktuell im Erdgeschoss des Gebäudes trainiert, in dem auch Piccolonia bislang sitzt. Der Verein soll in das Pförtnerhaus ziehen, dem dritten und kleinsten Stück des künftig aufgeteilten Geländes. Die noch übrigen fast 500 Quadratmeter sollen nach den Plänen der Verwaltung in städtischer Hand bleiben und an einen Sportverein vermietet werden.

Dass das AZ überhaupt eine neue Heimat sucht, liegt an einem der größten Kölner Stadtentwicklungsprojekte, der Parkstadt Süd. Das neue Quartier mit Wohnungen und Büros soll auf 30 Hektar den Inneren Grüngürtel bis zum Rhein verlängern – es entsteht also da, wo sich seit 2014 das AZ an der Luxemburger Straße, neben dem Justizzentrum, befindet.

Im November vorigen Jahres stimmte der Stadtrat dem ausgehandelten Plan des Umzugs nach Kalk zu. Die Zustimmung braucht es, wenn es wie in diesem Fall um ein städtisches Grundstück geht. Jetzt müssen das AZ und die Stadt den eigentlichen Vertrag noch unterzeichnen. Dazu teilt das AZ auf Anfrage mit: „Vor dem Umzug müssen noch eine Reihe planerischer, technischer und baulicher Fragestellungen beantwortet und Bauanträge genehmigt werden, weswegen wir zum jetzigen Zeitpunkt leider keinen Umzugstermin nennen können.“ Das bestätigte auch die Stadt. Noch immer nennen beide Seiten keinen Zeitplan für den Umzug.

Zugestimmt hatte der Rat folgendem Plan: Der Verein Kultur in Kalk, dem das AZ untersteht, erhält 2700 Quadratmeter des mehr als 7000 Quadratmeter großen Geländes per Erbbaurechtsvertrag. Dafür zahlt er 3442,50 Euro im Jahr. Die Gebäude sind aber in einem so schlechten Zustand, dass die Stadt Baukosten für die Sanierung in Höhe von 855.000 Euro bezuschusst. Dazu kommen weitere 310.000 Euro für die Teilung des Grundstücks und Architektenleistungen.

Neue Gebäude des Autonomen Zentrums sind stark sanierungsbedürftig

Den Gebäuden aus den 1950er und 1960er Jahren fehlen nach heutigem Maßstab Brandschutztüren, -wände und Rettungswege. Die Heizung funktioniert überwiegend nicht und Fenster und Leitungen wie die für Strom sind seit mindestens 30 Jahren nicht ertüchtigt. Trotzdem ist eine „umfangreiche Ertüchtigung“ laut Beschluss nicht vorgesehen, die mehr als eine Million Euro dienen einer „rudimentären Instandsetzung“, unter anderem zum Brandschutz oder der Erneuerung der Wasserleitungen. Noch nicht eingerechnet ist eine neue Heizungsanlage, die die Stadt übernimmt. Das AZ soll einen Eigenanteil von 209.000 Euro für Trockenbau, Elektro- und einen Teil der Sanitärarbeiten erbringen.

Die Erbpacht ist über 80 Jahre angesetzt, mit zwei möglichen Verlängerungen über je zehn Jahre. Das AZ teilte dazu mit: „Angesichts von Kürzungen im Kölner Kulturetat, Clubsterben und dem allmählichen Verschwinden immer weiterer unkommerzieller Räume verstehen wir 80 weitere Jahre AZ Köln als wichtiges Zeichen dagegen.“ Trotzdem sei dies nicht genug. In Kalk will das AZ weiter einen „Raum für gemeinwohlorientierte, unkommerzielle, selbstorganisierte Kunst, Kultur und Politik“ sein, „hierarchiearm und emanzipatorisch“.