„Zwei Kaffee, bitte!“Immer wieder Giftköder im Umlauf – Darum werden so viele Kölner zu Hundehassern

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Junge Frau mit Boxer an einem Cafe draußen.

Rebecca Höller mit Boxerhündin Manjou im Außenbereich der „Coffee Gang“.

Für ihre Rubrik „Zwei Kaffee, bitte!“ spricht Susanne Hengesbach fremde Menschen auf der Straße an und lädt sie zum Kaffee ein.

Heute eröffne ich für mich die Außensaison und spaziere über die Neusser Straße – in der Hoffnung, jemanden zur wunderbaren „Coffee Gang“ lotsen zu können. Ich laufe ein paar Minuten auf und ab und beobachte, wie eine Frau die Hinterlassenschaften ihres Hundes beseitigt.

Super! Nicht eingetütete Haufen sind bekanntlich ein Dauerärgernis, da stimmt mir Rebecca Höller hundertprozentig zu, als wir uns beim Cappuccino gegenübersitzen.

Köln: Kot auf Bürgersteigen seit Jahren ein Thema

Die 33-Jährige stammt gebürtig aus Lindlar und ist praktisch schon als Kind auf dieses Thema gestoßen. „Neben meinem Elternhaus war ein freies Grundstück, und da haben immer die Hunde hingemacht. Tag und Nacht.“

Ihr Vater habe sich damals aufgeregt und ein entsprechendes Schild aufgestellt. „Das wurde geklaut.“ Höller lacht. „Ist Ihr Vater dadurch zum Hundehasser geworden?“, frage ich. „Nein, natürlich nicht. Er ist kein Riesen-Hundeliebhaber wie ich, aber er würde den Tieren nie etwas tun.“

Ich denke, es kann jedem mal passieren, dass man denkt, man hat noch eine Tüte, greift in die Tasche und fasst ins Leere.
Rebecca Höller, Hundebesitzerin aus dem Agnesviertel

Damit sind wir mitten in einem Thema, das gerade jetzt wieder so viele Menschen in Rage bringt: vollgekotete Bürgersteige einerseits, und Giftköderalarm andererseits wie aktuell im Beethovenpark, wie die Hunde-App Dogorama vermeldete. „Ich denke, es kann jedem mal passieren, dass man denkt, man hat noch eine Tüte, greift in die Tasche und fasst ins Leere“, sagt Höller.

„Das ist ganz menschlich. Oder dass man es mal nicht merkt, weil man gerade mit jemandem redet oder am Telefon ist. Aber in dieser Überzahl, wie man es in letzter Zeit immer häufiger sieht, hat das mit Nicht-Bemerken nichts zu tun.“

Hundehaufen lassen Menschen zu Hundehassern werden

„Ich fürchte auch, das sind in der Mehrheit Scheiß-egal-Haufen – im wahrsten Sinne des Wortes“, sage ich. Höller nickt und sagt: „Wenn ich wirklich mal in Not gewesen bin und dann vielleicht versucht habe, Manjous Haufen irgendwie mit Blättern abzudecken, dann konnte ich sicher sein, dass ich am nächsten Tag irgendwoher in Sch… getreten bin.“ Wir lachen beide, obwohl offenbar ja gerade dieser Umstand Menschen zu Hundehassern werden lässt.

„Giftköder auslegen? – Wer macht das und weshalb?“, fragt die 33-Jährige, die ausgebildete Tierphysiotherapeutin ist. „Wenn betroffene Menschen keine Anzeige erstatten“, sage ich, „und die Polizei von derartigen Fällen keine Kenntnis hat, dann weiß man natürlich auch nicht hundertprozentig, ob einfach nur ein Gerücht gestreut wurde.“ „Ja“, sagt Höller, „aber ich habe eine Freundin, die ist Tierärztin im Nippeser Tälchen, die kann derartige Fälle bestätigen.“

Das Tier stirbt qualvoll, und der Hundehalter leidet womöglich ein Leben lang.
Rebecca Höller, Hundebesitzerin aus dem Agnesviertel

Worüber sich Höller ärgert sind Tierhalter, die auf dem Standpunkt stehen: „Ich zahle so viel Hundesteuer, dafür habe ich Anspruch auf gefüllte Hundekotbeutel-Spender. Und wenn die Dinger leer sind… “ Ich nicke. „Als ob einem aufgrund der Steuer die Eigenverantwortung abgenommen würde“, stelle ich fest.

„Und dann schraubt sich die Verärgerung über einen Missstand derart hoch, dass Leute mit Rasierklingen gespickte Würste auslegen. Aber man muss natürlich sehen, das ist nur ein Teil der Erklärung, aber keine Entschuldigung“, sagt Höller. „Das Tier stirbt qualvoll, und der Hundehalter leidet womöglich ein Leben lang.“

Während wir sprechen, flirtet ein kleines Mädchen mit Höllers sechsjähriger Boxerhündin. Dann sagt mein Gegenüber: „Es ist wichtig, dass man die beiden Probleme nicht separat betrachtet, sondern praktisch als Kreislauf sieht.“ Einem Hundehalter müsse bewusst sein, dass jeder liegengebliebene Kothaufen Wut triggern könne.

Ich stimme zu. „Aber zum Glück gibt es auch Menschen, die wie der Golfspieler auf dem Platz buchstäblich die ganze Wiese scannen, bis sie fündig werden. Und nachts deswegen nur mit der Taschenlampe unterwegs sind.“ Toll findet sie, wenn Leute sogar die Haufen anderer mit eintüten, damit kein neuer Sprengstoff entsteht. „Man darf nicht vergessen: Wir können einfach aufs WC und abziehen, der Hund kann das nicht. Also müssen wir die Entsorger sein.“

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