750 Euro weniger als versprochenKölner Feuerwehr-Azubis erzählen, was die Gehaltskürzung für Folgen hat

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Max Krumm, Geronimo Pfeffer und Michel Sayn stehen auf einer Straße in Köln.

Max Krumm, Geronimo Pfeffer und Michel Sayn kriegen als Kölner Feuerwehr-Azubis künftig 750 Euro weniger monatlich als ihnen versprochen wurde. Foto: Florian Holler

37 Auszubildende bekommen 750 Euro monatlich weniger als versprochen. Drei von ihnen erzählen, was das für sie bedeutet und worauf sie nun hoffen.

Spricht man mit Michel Sayn über seine Ausbildung, hat man den Eindruck, dass jemand seinen Traumjob gefunden hat – eigentlich. „Es ist ein unfassbar schönes Gefühl, für Menschen da sein zu können, wenn sie Hilfe brauchen“, sagt der 20-jährige Feuerwehr-Azubi. Schon früh engagierte er sich in seiner Heimatstadt Siegen bei der Freiwilligen Feuerwehr. Nach dem Abitur zog er nach Köln, um hier im September die sogenannte Stufenausbildung bei der Feuerwehr zu beginnen. „Die Feuerwehr hier ist vielseitig, es gibt tolle Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln und Köln ist eine interessante Stadt.“

Dem können sich seine Kollegen Geronimo Pfeffer und Max Krumm nur anschließen. Bei einem Gespräch in einem Kölner Café schwärmen alle drei von der Kameradschaft bei der Feuerwehr, der Vielseitigkeit des Berufs und der tiefen Befriedigung, die es bedeutet, Menschen in Notsituationen helfen zu können. „Die Sinnfrage stellt sich in diesem Beruf nicht“, resümiert Krumm.

Das Geld war bei Feuerwehr-Azubis fest einkalkuliert

Stattdessen müssen sich die drei und 34 weitere Kollegen derzeit ganz andere Fragen stellen. In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Azubis der Stufenausbildung der Kölner Feuerwehr rund 750 Euro monatlich weniger verdienen werden als ursprünglich versprochen. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete.

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Der Grund: Zu den Ausbildungsgehältern kommt in der Regel ein Sonderzuschlag des Landes von rund 1200 Euro. Damit warb die Stadt auch. Nach 19 Lehrmonaten sollten die Azubis den Zuschlag ebenfalls erhalten. Doch das ist rechtlich gar nicht möglich. Das Land sieht für die Stufenausbildung nur einen Zuschlag von rund 450 Euro im Monat vor. Im September wies das Land die Stadt auf ihren Fehler hin – worauf die Stadt die bereits zugesagten Zuschläge zusammenstrich. Von sechs Auszubildenden forderte sie zunächst sogar jeweils 4500 Euro zurück. Inzwischen hat sie diese Forderung zurückgezogen.

„Am Anfang habe ich gar nicht realisiert, was das bedeutet“, sagt Pfeffer. Erst mit der Zeit sickerten Existenzängste und die damit verbundene Panik bei ihm ein. „Plötzlich muss man sich mit finanziellen Problemen auseinandersetzen, mit denen man vorher einfach nicht gerechnet hat.“

Gewerkschaften fordern Stadt Köln zum Handeln auf

Alle drei haben mit dem Geld kalkuliert. Um sich den ersten Teil der Ausbildung leisten zu können, hatte etwa der 33-jährige Krumm in seinem vorherigen Job Rücklagen gebildet. Zusätzlich jobbt er an den Wochenenden in der Gastronomie. „Doch das war als Überbrückung gedacht, bis ich in der zweiten Phase der Ausbildung den Zuschlag bekomme und mich auf die Ausbildung konzentrieren kann.“ Ähnlich geht es Sayn. Auch er lebt in der ersten Phase der Ausbildung, erzählt er, vor allem von Erspartem, mit dem er seine Wohnung finanziert. Mit dem Zuschlag hätte er sich das Leben in Köln langfristig leisten können – hätte.

Am vergangenen Montag kam es dann zum Gespräch zwischen den Azubis und der Stadt. Eine Vertreterin des Personalamts habe Fehler eingeräumt und sich entschuldigt. Das bestätigt die Stadt auf Anfrage. Die Stadtvertreterin stellte den Azubis außerdem Hilfen für individuelle Härtefälle in Aussicht. Doch wie diese aussehen sollen, blieb unklar.

Unterstützung erhalten die Azubis von den Gewerkschaften Verdi und der Feuerwehrgewerkschaft. Tjark Sauer von Verdi findet: „Das unkonkrete Angebot ist für die Azubis keine Hilfe.“ Sauer fordert die Stadt dazu auf, mehr zu tun, „um den Fehler zu korrigieren, den man selbst verursacht hat“. Die Feuerwehrgewerkschaft wandte sich jüngst in einem Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker und den Stadtrat und forderte, „alle zur Verfügung stehenden Mittel zu prüfen, um Nachteile für die Kolleginnen und Kollegen abzuwenden“.

Es braucht Antworten auf die zum Teil existenziellen Fragen, die sich viele von uns stellen.
Michel Sayn, Auszubildender bei der Kölner Feuerwehr

Die Stadt wiederum sagt, dass sie nichts weiter machen könne. Man sei „verpflichtet, Anwärtersonderzuschläge nach den bestehenden rechtlichen Vorgaben zu zahlen“, so eine Sprecherin. Diese lege aber das Land fest. Die Stadt hofft nun, dass das Land die Zuschläge für ihre Azubis erhöht. Dort arbeite man aktuell an einer Übergangsvorschrift für das kommende Jahr, so ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Ob die Azubis in Köln auf einer Erhöhung hoffen können, blieb unbeantwortet.

Krumm, Sayn und Pfeffer betonen indessen, dass es ihnen nicht um Schuldzuweisungen geht. Sayn: „Ich glaube, ich kann für alle in unserem Jahrgang sprechen, wenn ich sage: Keiner bereut es, zur Feuerwehr gegangen zu sein, wir sind alle nach wie vor mit großer Leidenschaft bei der Sache. Doch es braucht Antworten auf die zum Teil existenziellen Fragen, die sich viele von uns stellen.“

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