QR-Code auf dem FriedhofHits der Motto-Queen des Karnevals erklingen an ihrem Grab

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Fotografin Britta Schmitz und Autor Detlef Rick am Grabengel eines unbekannten Künstlers aus der Jugendstilzeit.

Köln – Marie Luise Nikuta wählte zu Lebzeiten eine helle Grabstele, in der türkisfarbene Glasmurmeln wie Sektbläschen aufzusteigen scheinen. Sie setzte bei der Friedhofsverwaltung auch durch, ihre Grabplatte mit einem QR-Code versehen zu dürfen. Wer ihn mit dem Handy scannt, sollte mit Rücksicht auf Grabnachbarn den Lautsprecher zuvor herunterregeln, denn nun ist die stimmgewaltige Motto-Queen  des Kölner Karnevals selbst zu hören: „Loß mer levve un levve loße, loß mr dankbar sinn für jede schöne Daag.“ 

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Ein QR-Code am Grabstein lässt Marie Luise Nikuta erklingen.

Friedhöfe seien keine Totenstädte, sagt Detlef Rick, es seien „Stätten des Lebens, auf denen wir der Toten gedenken“ . Und dieses Gedenken verändere sich. Das ist auch Melaten zu  besichtigen: die mit grellbunten Luftballons dekorierte Hennes-Figur auf dem Grab von Moritz Ritterbach, die lebensgroße Bronzestatue des „Möde Funk“ auf dem Grab des Karnevalisten Hans-Gert Kierdorf oder der goldgefasste Pinkstern des Comedystars Dirk Bach –  das Totengedenken verändert sich. Früher, so schreibt Detlef  Rick in seinem Melaten-Führer „Gräber erzählen Stadtgeschichte“, waren  Kreuz, Fackel, Engel oder Totenschädel die  Friedhofssymbole.  Heute   wünschen sich  manche nur einen Baum, unter dessen Schutz sie namenlos ruhen wollen.  „Deshalb verändern sich unsere Friedhöfe.  Auf Melaten gibt es  jetzt Bienenhotels, ökologisch angelegte Friedhofs- und Ruhegärten mit Tümpeln, eine große Bandbreite an moderner Grabskulptur, viel mehr Bänke laden inzwischen zum Verweilen ein.“ 

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Zum dritten Mal legt der emons-Verlag nun das 2007 erstmals erschienene Buch „Melaten“ auf, das Detlef Rick gemeinsam mit Fotografin Britta Schmitz und Zeichnerin Regina Spohner  überarbeitet und erweitert hat. Melaten mit seinen „Millionenalleen“ gilt als der „Prominenten-Friedhof“ Kölns, das belegt Ricks Buch, das auch ein „Who Is Who“ der Kölner Stadtgeschichte gelesen werden kann.   Doch auch viele unscheinbare  Grabsteine wie etwa der des ehemaligen Reichskanzlers Wilhelm Marx. Der 1863 in Köln geborene  Zentrums-Politiker  war der am längsten amtierende Kanzler der Weimarer Republik. „Unter jedem Grabstein liegt eine Weltgeschichte“, schrieb  Heinrich Heine  –    Ricks Melaten-Führer   lädt dazu ein, sich   Kölner Erfindern, Künstlern, Ingenieuren, Menschenrechtlern, Armenärzten zu beschäftigen. Friedhofspläne führen zielgenau zu den Gräbern;  es gibt eigene Kapitel zur Friedhofsgeschichte oder zu Patenschaftsgräbern.  

Detlef Rick. Melaten. Gräber erzählen Stadtgeschichte. Emons, 320 Seiten, 16,95 Euro

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