Die Kosten der Hochzeit von Jeff Bezos werden auf 10 bis 30 Millionen Euro geschätzt. So teuer verheiratet Katrin Glaser Kölner Paare natürlich nicht. Aber sechsstellige Beträge geben viele Paare aus.
Seit 22 Jahren in der BrancheKölner Hochzeitsplanerin: „Unter 30.000 Euro geht es nicht“

Hochzeitsplanerin Katrin Glaser
Copyright: Sandra & Stefano Chiolo Fotografie
„Das ist jetzt eigentlich der worst case.“ Katrin Glaser schaut auf ihr Handy. „Ich habe sechs Wetter-Apps, eine von einem professionellen Piloten. Leider sagen sie alles etwas Unterschiedliches.“ Kommt das Gewitter an diesem heißen Samstag kurz vor der Trauung, während der Zeremonie, zwei oder drei Stunden danach beim Abendessen oder zieht es ganz vorbei?
Eine entscheidende Frage bei der vor allem unter freien Himmel stattfindenden Hochzeit an einem Ort in Köln, den wir auf Wunsch des Paars hier nicht nennen. Ebenso wie den Namen der Hochzeiter. Auf einer großen, mit Obstbäumen bewachsenen Wiese stehen Stühle unter einem Baldachin, es gibt eine kleine Bar für Wasser und einen Kaffeestand, die Etageren für das Kuchenbuffet sind schon aufgebaut, ebenso wie ein Selfie-Spot mit Spiegel. Die Fotografin kommt, es gibt eine letzte Absprache mit dem Caterer.

Eine der Lieblingslocations von Katrin Glaser ist das Rittergut Orr in Pulheim.
Copyright: Hanna Witte
Unter einem Scheunendach ist die lange Tafel für die 160 Gäste gedeckt. Weiße bodenlange Tischdecken, unzählige Blumen, feines Porzellan – alles millimetergenau ausgerichtet. Es kommt leichter Wind auf. Die Menükarten mit den Namen der Gäste drohen wegzufliegen. Eine Mitarbeiterin von Katrin Glaser beschwert sie mit den kleinen Buttermessern. An allen 160 Plätzen, millimetergenau. 100 weiße Regenschirme sind hinter einem Holunderbusch versteckt, für alle Fälle. Die großen Blumensträuße werden erst kurz vor Beginn der Zeremonie aus der Kühlung geholt. Katrin Glaser und ihre Kollegen tragen alle Schwarz, damit sie erst gar nicht mit Gästen verwechselt werden.
Katrin Glaser schafft 17 Luxus-Hochzeiten pro Jahr
Dann der erste wichtige Programmpunkt: „First Look“, ruft Katrin Glaser. Der Bräutigam sieht seine Braut zum ersten Mal im Hochzeitskleid, noch bevor die Gäste kommen. Ein intimer Moment. Katrin Glaser richtet das Brautkleid, reicht den Brautstrauß. Einsatz für die Fotografin.
Die ersten Tränen der Rührung fließen. „Ich weine immer mit“, sagt Glaser. Sie ist seit 22 Jahren Hochzeitsplanerin, ihre Agentur „Sag ja“ hat fünf Mitarbeiterinnen und einen Mitarbeiter. Rund 17 Hochzeiten (und dazu viele andere Feiern) schafft sie pro Jahr. Tränen gehören dazu, aber als Planerin müsse man vor allem stressresistent sein, sagt sie. Katrin Glaser ist gelernte Opernsängerin, das sei eine gute Schule gewesen. „Wenn ich vier Stunden auf der Bühne stand, dann durfte ich ja auch nicht die Nerven verlieren.“
Vor 22 Jahren übernahm sie ganz spontan eine winzige Kölner Agentur. „Hochzeitsplanung war damals in Deutschland noch ziemlich unbekannt. Ich kannte das auch nur aus amerikanischen Filmen.“ Alle hätten sie ausgelacht.

Hochzeitstafel in Schloss Bensberg
Copyright: Hanna Witte
Als sie anfing, 2003, da habe man mit 10.000 bis 15.000 Euro schon „echt was Tolles“ machen können. Doch nach und nach wurde es immer aufwändiger, nach dem Motto „Höher, schneller, weiter“. Vor allem seit über Instagram und Pinterest perfekte Traumkulissen verbreitet werden, steigen die Ansprüche. „Die Paare habe oft ein sehr konkretes Bild: Foodtrucks, Pool oder gar Meer, Blumen ohne Ende und das alles in einem perfekten Farbdesign. Aber da stehen natürlich keine Preise dran. Da sind manche erstmal überrascht, wie viel so etwas kostet.“
Und wie viel muss man für den Traum bezahlen? „Mit mindestens 30.000 Euro muss man rechnen. Aber das ist schon eher knapp. Sonst kann es nicht aussehen, wie auf den Fotos.“ 60.000 bis 100.000 Euro seien es oft. „Im High-End-Bereich ist ein mittlerer sechsstelliger Betrag keine Seltenheit.“ Sie hat zum Beispiel die Hochzeiten einiger Fußballer gemanagt – der ehemalige FC- und Nationalspieler Jonas Hector ist der einzige, der hier genannt werden darf. Glaser gestaltet auch Feiern für die Toni-Kroos-Stiftung. Das sorgt für Kontakte. An die geschätzten Kosten von 10 bis 30 Millionen Euro für die Venedig-Hochzeit von Milliardär Jeff Bezos kommen Deutschlands Reiche natürlich nicht heran.
Lieblingsplätze sind die Orangerie im Volksgarten und die Flora
Warum wollen die Paare eine Hochzeitsplanerin an ihrer Seite? „Sie möchten sich einen Traum erfüllen. Sie wollen den Tag genießen, ohne sich selbst um etwas kümmern zu müssen. Ich biete das Rundum-Sorglos-Paket.“
Und warum ist das so teuer? „Weil es unter anderem viel Erfahrung voraussetzt“, sagt Katrin Glaser. „Ich kenne jede Location, jeden Caterer, jeden Floristen, jeden DJ. Ich weiß, wo man die besten Stühle und das schönste Geschirr leihen kann.“ Der Harbour Club in Deutz-Mülheim, die Flora, die Orangerie im Volksgarten und das Rittergut Orr in Pulheim etwa gehören zu ihren liebsten Orten.

Wenn die anderen feiern: Katrin Glaser trägt grundsätzlich Schwarz bei ihren Einsätzen und packt überall mit an.
Copyright: Le Hai Linh
Viele Paare melden sich schon zwei Jahren vor dem Hochzeitstermin bei ihr. Glaser spricht über Videotelefonie mit den Kunden und besucht sie zu Hause. „Dann kann ich die Persönlichkeiten und ihren Geschmack besser einschätzen: Welche Bilder sind an der Wand, welche Kaffeemaschine steht in der Küche, wo macht das Paar Urlaub, wo geht es essen, wie viel gibt es dafür aus?“ Schon bald ist man beim „Du“. Bis zu 200 Stunden Vorbereitung investiere sie in eine Hochzeit.
Notfallkoffer mit Flip-Flops und Heißkleber
Katrin Glaser rechnet den Kunden auf Excel-Tabellen minutiös vor, wie teuer es werden wird. Ein Fotograf kostet rund 3500 Euro, ein DJ 2000 bis 3000 Euro, sagt sie. Dazu kommt die Miete für die Location, Lohn für das Personal und die Kosten für den Caterer – bei großen Gesellschaften geht das mächtig ins Geld. Und allein ein Bilderbuch-Brautstrauß koste zwischen 100 und 150 Euro. Denn er darf nur aus perfekten Blüten bestehen und muss stundenlang halten.
Katrin Glaser selbst nimmt ein Honorar von mindestens 7000 Euro. Sie macht aus all dem kein Geheimnis. „Ich lege das alles vorher offen auf den Tisch.“ Es komme durchaus vor, dass sich in den ersten Gesprächen ergibt, dass das Kapital des Brautpaares für die Verwirklichung der Träume nicht ausreicht. Dann berät Katrin Glaser auf Stundenbasis (100 Euro), damit die Brautleute mit eigener Kraft das Bestmögliche auf die Beine stellen können.

Eine Braut in Schloss Bensberg
Copyright: Hanna Witte
Bei der aktuellen Hochzeit hat derweil die App Nr. 3 recht behalten: Die Trauung unter freiem Himmel ist gerade noch einmal trocken geblieben. Lediglich die Gäste, die ganz am Rande saßen, wurden gegen die ersten Tropfen mit den weißen Regenschirmen aus dem Versteck geschützt. Die Bar und der Kaffeewagen sind diskret unters Dach geschoben worden. Nun müssen die 160 Gäste schnell an den langen Tisch in der Scheune Platz nehmen. Erneut kommt Wind auf. Gut, dass die Platzkarten gesichert sind.
Das Essen ist gerade serviert, da schüttet es aus dunklen Wolken. Und es tut sich ein neues Problem auf: Im benachbarten Innenhof staut sich das Regenwasser. Katrin Glaser hat zwar wie immer einen großen Notfallkoffer dabei: Haarklammern, Flip-Flops für Damen, die ihre High Heels loswerden wollen, Bachblüten-Tropfen, Sonnencreme, Fleckentferner, Heißkleber, Nähzeug. Aber Eimer gehören nicht zur Ausrüstung. Glücklicherweise sind die in der Scheune vorhanden. Katrin Glaser und ihr Team schöpfen, werden klitschnass und versuchen, nur leise zu stöhnen, damit die Feiernden sie nicht hören. Am Tisch bemerkt es keiner, die bodenlangen Tischdecken bleiben unbefleckt.
Hochzeitspaare wünschen große Diskretion – Angst vor Sozialneid
In der Hochzeitsbranche sei es viele Jahre steil aufwärts gegangen, sagt Katrin Glaser. Nach Corona habe es dann noch einmal einen Peak gegeben, weil viele die verschobenen Feiern mit besonders viel Pomp nachholten. Doch seit einiger Zeit seien viele Paare zurückhaltend: Inflation, hohe Lohn- und Energiekosten und politische Unsicherheit lassen Zweifel aufkommen, ob es noch zeitgemäß ist, so viel Geld für einen einzigen Tag auszugeben. Für sie selbst bedeute das allerdings keine Verluste. „Wir haben immer noch mehr Anfragen als wir überhaupt leisten können.“

Ein Farbkonzept gehört dazu: Hochzeitsdekoration im Harbour Club im Mülheim
Copyright: Hanna Witte
Wer trotzdem groß feiert, der möchte damit möglichst hinterm Berg halten. Sozialneid sei in Deutschland im Gegensatz etwa zu den USA weit verbreitet. Dabei gibt es nach wie vor immer wieder sogar mehrtägige, sehr luxuriöse Hochzeiten. Zum Beispiel eine, bei der die Gäste im feinen Qvest-Hotel wohnten, und sowohl das benachbarte Restaurant La Fonda als auch der Dachsalon in der Flora gemietet waren, außerdem die komplette Dachetage samt Neni-Restaurant im 25hours-Hotel. Ganz zu schweigen von Destination-Weddings, wo die kompletten Gesellschaften ins Ausland geflogen werden. Katrin Glaser ist oft in Holland, auf Mallorca und auch mal auf einer griechischen Insel oder in Athen. Auch da hat sie ihre Kontakte.
„Aber im Vergleich zu den USA und Großbritannien steckt die Branche hier immer noch in den Kinderschuhen“, sagt sie. Mit anderen Worten: Da wäre noch viele mehr Pomp möglich.
Bei der aktuellen Hochzeit lief nach der Eimeraktion alles glatt. „Es wurde bis vier Uhr getanzt“, berichtet Katrin Glaser später. „Das Brautpaar war überglücklich.“ Danach ist die Hochzeitsplanerin nachhause gefahren und hat erstmal geduscht. Am Montag hat sie sich dann gleich wieder an den Computer gesetzt, den Abbau und die Abholung der Möbel und Stände koordiniert. „Mir fällt es gar nicht so leicht, mich nach so langer Zeit von dem Paar zu verabschieden. Das sind ja fast Freunde geworden.“ Sie hat Muskelkater. Dann widmet sie sich den Anfragen und Wünschen der nächsten Hochzeiter. Es sind 200 Mails abzuarbeiten.