Wohnen direkt am Rhein in KölnErika Kettners Traum vom Glück ist nur 40 Quadratmeter groß

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Eine weißhaarige Frau sitzt in einem pinken Sessel. Dahinter hängen Bilder.

Von ihrem pinken Sessel aus hat Künstlerin Erika Kettner den Rhein immer im Blick.

Das Seniorenheim St. Vincenz-Haus liegt direkt am Rhein. Hier verbringt die Künstlerin ihren Lebensabend, der Fluss ist ihr Lebenselixier.

Manchmal sind Träume gar nicht groß. Für Erika Kettner hatte ihr Traum nur 40 Quadratmeter Wohnfläche. Mit dem Einzug in das St.Vincenz-Haus hat sich die 81-Jährige dann vor einigen Jahren ihren Herzenswunsch erfüllt. Denn sie bewohnt nicht irgendeines der vielen Apartments im betreuten Wohnen des Seniorenheims im Kunibertsviertel, sondern genau dieses: Siebte Etage, zur Rheinuferstraße hin gelegen, mit kleiner Loggia.

„Ich habe mehrere Jahre auf der Warteliste gestanden, bis genau das hier frei war“, erzählt sie und man sieht ihr die Freude an, die sie über ihren persönlichen Coup empfindet. Denn das, was sie hier hat, ist für sie der Inbegriff von Luxus: den Blick auf den Rhein. Den hat sie eingetauscht gegen ihre große Loftwohnung im Bergischen Land in Refrath, die sie verkauft hat. Ganz viel Natur hatte sie da drumherum – aber eben ziemlich statisch sei diese dort gewesen. „Der Rhein dagegen – der ist für mich Energie und Leben. Der ist ewig in Bewegung“, schwärmt sie, während sie in ihrem pinken Ohrensessel aus dem Fenster schaut.

Köln: Künstlerin hat den Rhein jeden Tag im Blick

Und man spürt, dass das auch ihre Lebensphilosophie ist und dieser Strom sie auch selbst in Bewegung hält. Aus den großen Fenstern auf den Rhein zu schauen, das werde nie langweilig. „Er ist immer anders. Allein die Farben wechseln je nach Sonnenstand, Tageszeit und Jahreszeit. Mal schwarz, mal grün, mal blau.“ Genau wie der Himmel darüber immer anders sei, berichtet die pensionierte Versicherungskauffrau.

Eine weißhaarige Frau steht am Fenster und betrachtet den Rhein.

Auch die Containerschiffe und die Wasserschutzpolizei fahren an ihrem Panoramafenster vorbei.

Selbst ihr Bett hat sie in dem geschmackvoll eingerichteten, wohnlichen Ein-Zimmer-Apartment in einer Nische so positioniert, dass der Rhein auch nachts stets in Sichtweite bleibt. Dabei versteht sich von selbst, dass sie die Rollos niemals runterlässt. „Da würde ich ja was verpassen“, meint sie lachend. Erst kürzlich habe sie gedacht, als sie nachts wach lag und der Vollmond sich in dem schwarzen Fluss spiegelte: „Wie am Hudson River in New York.“ Dazu muss man wissen, dass Kettner leidenschaftlicher USA-Fan ist und schon viele Male dort im Urlaub war.

Den Sonnenaufgang über dem Rhein vom Bett aus sehen

Aber auch der Sonnenaufgang über der kölschen Lebensader sei vom Bett aus ein Naturereignis. Während andere über Schlafstörungen klagen, deutet Kettner die einfach in Rhein-Kino um. Man darf sich die vitale Seniorin als glücklichen Menschen vorstellen. Dass sie nicht nur am Rhein, sondern auch direkt an der Rheinufer-Straße wohnt, auf der der Verkehr rund um die Uhr an ihrem Fenster vorbeirauscht, schmälert ihre Dauer-Urlaubsgefühle offensichtlich nicht. „Den Lärm, den ich bei offenem Fenster höre, den kann ich komplett ausblenden.“ Außerdem gehörten Autos nun mal zur Stadt und die Autogeräusche seien auch Leben. Will sagen: alles eine Frage der Einstellung.

Eine Frau steht an einem Geländer und schaut auf den Rhein.

Von ihrem Apartment im St. Vincenz-Haus sind es nur ein paar Schritte bis runter an den Rhein.

Aber Kettner begeistert sich nicht nur für das Wasser. Auch die Containerschiffe erfüllen sie mit so etwas wie Ehrfurcht: „Welche Unmengen an Waren für unseren täglichen Gebrauch die auf dieser Wasserstraße verschiffen. Mich beeindruckt die Kraft solcher Schiffe.“ Auch die Wasserschutzpolizei hat sie vom Fenster aus immer im Blick. „Da sind sie gerade wieder“, ruft sie und hebt die Hand wie zum Gruß. Fast könnte man meinen, die aus der Ferne winzigen Gestalten erkennen sie.


Wohnen am Rhein – Alle Folgen der Serie

Kölner Familie kann Möwen aus dem Wohnzimmerfenster füttern: Im Alltag der Zosels spielt der Fluss eine große Rolle. Sie leben am Mülheimer Rheinufer. 

Ex-Karnevalsprinz hat jeden Tag einen Postkartenblick auf Köln: Arnold Dircks wohnt am Deutzer Ufer in einem Haus, das jeder Kölner kennt.

So lebt es sich im kleinsten Fischerhäuschen von Köln-Niehl: Das Ehepaar Köckeritz lebt im wohl kleinsten historischen Fischerhaus am Niehler Damm.

Kölner Familie genießt ihr Leben auf Reiterhof direkt am Weißer Rheinufer: Familie Rottscheidt hat einen Pferdehof direkt am Rheinufer und freut sich über die Ruhe, die Aussicht und viele Jahre voller Erinnerungen.


„Ich bewundere die Polizei, weil die einen wichtigen Job macht und im Zweifel für uns den Kopf hinhält“, sagt sie. Natürlich geht die Seniorin auch gerne zum Rhein runter und dann am Rhein entlang in die Stadt. Aber nie flanierend. „Das ist mir zu harmlos und viel zu langweilig. Ich habe immer ein Ziel und gehe mit strammem Schritt.“

Die pensionierte Versicherungskauffrau hatte auch in ihrem Leben immer Ziele. Denn neben der Arbeit war sie „zum Ausgleich“ als Künstlerin erfolgreich und machte sich als „Sonntagsmalerin“ einen Namen. Während ihrer Berufstätigkeit hat sie sich nämlich diszipliniert immer den siebten Tag der Woche für die Malerei freigehalten.

Kölns Panorama hatte es Kettner immer schon angetan

Die Bilder an den Wänden ihres Apartments erzählen von dieser Zeit als erfolgreiche Künstlerin mit Ausstellungen in München, Berlin und der Schweiz: Schon damals hatte es ihr das Panorama mit Rhein und Dom und Groß St. Martin angetan: Sie malte „ihren Fluss“ etwa als Winterbild mit Schnee oder bei Hochwasser als „Venedig in Köln“ mit Gondolieri auf dem Rhein.

Eine Frau hält ein Bild mit Rheinpanorama in die Kamera.

Auch in ihrer Kunst spielt „ihr Fluss“ eine große Rolle: hier mit dem Titel „Venedig am Rhein“.

Dass sie wegen einer Farballergie seit einigen Jahren nicht mehr malen kann, geht für sie in Ordnung. Loslassen fällt ihr nicht schwer. Es ist wie mit dem Fluss: Alles fließt und nichts bleibt. „Ich habe das ja 35 Jahre intensiv gemacht.“ Da könne man doch dankbar sein. Genauso wie dafür, dass sie sich ihren privaten Luxus am Rhein ermöglichen kann. „Ich lebe doch hier wie im Grandhotel“, meint sie augenzwinkernd. Wer durch das altehrwürdige Stammhaus des St. Vincenz-Hauses geht, der kann das sofort nachvollziehen.

Ein gutes Gefühl, dass sich hier am Rhein mein Lebenskreis schließen wird
Erika Kettner

Die im Jahre 1922 errichtete ehemalige Hauptverwaltung von Rheinbraun wirkt mit den hohen Decken, dem Stuck, den schweren Holzvertäfelungen und dem geschmackvollen Speisesaal eher wie ein Luxushotel denn wie ein Pflegeheim. „Es ist einfach ein gutes Gefühl, dass sich hier am Rhein mein Lebenskreis schließen wird.“ Schließlich sei sie als kölsches Mädchen hier um die Ecke im Krankenhaus am Kunibertskloster vor über 80 Jahren geboren worden.

„Und in der quasi daneben liegenden Kirche Sankt Kunibert am Rhein wird meine Beerdigungsmesse stattfinden. Die habe ich schon fertig geplant in der Schublade“, sagt Kettner mit einem Lächeln. Aber bis dahin ist sie entschlossen, ihr ganz besonderes Rhein-Kino jeden Tag intensiv zu genießen.

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