Wenn Penthesilea summtSängerin leiht Skulpturen ihre Stimme – Ausstellung in Kölner Altstadt

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Die beiden Künstlerinnen lächeln in die Kamera – in ihrer Mitte sitzt die Plastik.

Christina Lösch und Mechthild Rathmann mit einer der ausgestellten Plastiken.

Die Eröffnung einer Ausstellung von Mechthild Rathmann in der Kölner Altstadt hat Christina Lösch mit Gesang begleitet.

Eva sitzt mit angewinkelten Beinen auf einem Tisch in einem Büro. Ihr gegenüber steht Christina Lösch. Sie beginnt leise zu singen — und im selben Moment verändert sich der Raum. Ein knisternder Dialog zwischen den Frauen entsteht und wer sich darauf einlässt, spürt eine Stille hinter dem Gesang, die fast bedrückend ist. Dabei ist Eva nur eine Plastik, geschaffen von der Sürther Künstlerin Mechtild Rathmann.

Christina Lösch geht weiter durch den Raum, wendet sich den horizontal ausgebreiteten Armen aus rohem Holz zu und lässt sich inspirieren. Mit einem Summen antwortet sie dem überdimensional großen Objekt. Einer mythologischen Frauenfigur, der Penthesilea, widmet sie einen Sprechgesang.

Die visuell-akustische Aktion fand bei der Eröffnung einer Ausstellung mit Werken von Mechthild Rathmann in den Büroräumen der Firma HG Software in der südlichen Altstadt statt. Die Bildhauerin zeigt sich auch im Nachhinein noch bewegt. Sie habe „große Freude gefühlt“, sagt sie und ergänzt: „Christina hat meine Arbeit gleichsam umarmt mit ihrem Gesang.“

Finissage Ende Juli in Köln – erneuter Auftritt von Christina Lösch

Auf einem kleinen Film, der im Internet zu finden ist, ist das Experiment festgehalten. Und am Samstag, 29. Juli, gibt es die Finissage, bei der die ausgestellten Plastiken, Skulpturen, Gemälde und Grafiken erneut eine akustische Entsprechung durch und mit Christina Lösch finden.

„Vor Beginn der Ausstellung habe ich an vier Wochenenden jeweils mehrere Stunden lang die Energie der Werke auf mich einwirken lassen“, erzählt die Sängerin und Performerin. Was sie dabei empfunden hat und empfindet, verwandelt sie in Worte und Töne. „Ich lasse Gefühle zu und aus mir heraus“, sagt die 57-Jährige. Wie das geht, hat sie vor allem bei der Roy Hart-Stimmausbildung gelernt. Dabei steht die Vertiefung des stimmlichen Ausdrucks im Mittelpunkt.

Auch andere Sinneseindrücke regen sie zu Vertonungen an. Zum Teil sind dies eigene Schöpfungen, aber sie verwendet auch vorhandene Lieder, die sie speziell interpretiert. „Manchmal empfinde ich zum Beispiel beim Trinken eines Glases Wein eine große Weite“, erzählt sie; es entstehen dann lange, getragene Töne. Diese Kombination von Wein und Gesang präsentiert sie auch bei Veranstaltungen. Die Gäste verkosten den gleichen Wein und empfinden Ähnliches oder auch nicht(s).

Projekt als erstes Experiment der Kölner Künstlerinnen

Die Projektarbeit mit Kunst und Mechthild Rathmann ist neu und die Ausstellung mit der Performance die erste gemeinsame Aktion. Die Künstlerinnen haben sich eher zufällig in Sürth kennen gelernt, wo beide leben und überwiegend arbeiten. Beide sind experimentierfreudig, und so entstand nach längerem Austausch das Projekt, das die Wahrnehmung der visuellen Kunst unterstützen und akustisch bereichern soll.

Christina Lösch ist Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin und hat zudem klassische Gitarre studiert sowie eine klassische Gesangsausbildung absolviert. „Aber ich habe mich immer mehr wie eine Sklavin der Musik gefühlt“, betont sie und erklärt so ihre Abkehr von der Strenge der Klassik.

Sie liebt neben dem akustischen Experiment vor allem brasilianische Musik und Jazz. Vor Jahren hat sie die Formation „Cantabossa“ gegründet, mit der sie auftritt und im eigenen Kölner Tonstudio arbeitet. In Sürth erteilt sie zudem Gesangs- und Gitarrenunterricht.

Kurse und Workshops bei Kölner Bildhauerin

Die Künstlerin, Bildhauerin und Dozentin Mechthild Rathmann setzt sich seit Jahrzehnten in der Hauptsache mit dem Realismus der Figur auseinander. Ihre vornehmlich weiblichen Plastiken sind aus Terracotta und Bronze. Sie hat unter anderem 16 Porträts von Frauen gefertigt, die sich für Menschenrechte einsetzen.

Im Jahr 2020 entstand als sakrale Auftragsarbeit ein Jesuskind aus Holz für St. Kunibert. Neben der Ausstellungstätigkeit in Köln und Umgebung bietet sie Kurse und Workshops in ihrem Sürther Atelier, bei der VHS und in Schulen an.

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