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Berühmte Baulücke in KölnInvestor will bis 2031 ein neues Hotel bauen

Lesezeit 4 Minuten
Die drei Grundstücke an der Richard-Wagner-Straße. Links der Parkplatz (Nummer 10), in der Mitte das kleine Gebäude, rechts die berühmte Baulücke mit der Nummer 6.

Die drei Grundstücke an der Richard-Wagner-Straße. Links der Parkplatz (Nummer 10), in der Mitte das kleine Gebäude, rechts die berühmte Baulücke mit der Nummer 6.

Die Eigentümer des Areals an der Richard-Wagner-Straße haben bislang 1,8 Millionen Euro Strafe gezahlt, weil sie über Jahre nicht gebaut haben.

In Kölns wohl berühmtester Baulücke an der Richard-Wagner-Straße 6 rund 300 Meter vom Rudolfplatz entfernt soll bis Ende 2031 ein neues Hotel stehen. Das geht aus einer Information der Stadtverwaltung an den Liegenschaftsausschuss des Stadtrates hervor, das Gremium tagt am 16. Juni.

Die schmale Baulücke ist vor allem dadurch bekannt, dass der 2022 verstorbene Eigentümer Eberhard Stöppke und seine Erben mittlerweile 1,8 Millionen Euro Strafe bezahlt haben, weil sie auf dem Grundstück nichts gebaut haben – obwohl sie dazu vertraglich gegenüber der Stadt verpflichtet sind.

Nun wollen die Erben das Areal an einen Investor verkaufen (wir berichteten im Dezember). Um welchen es sich handelt, ist nicht bekannt. Die Stadt schreibt: „Die Gespräche sind so weit gediehen, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Finalisierung der Verhandlungen zu einem Exklusivvertragsverhältnis unmittelbar bevorsteht.“ Dafür muss zunächst die Kölner Politik zustimmen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die rot eingezeichnete Fläche zeigt die Grundstücke an der Richard-Wagner-Straße mit den Hausnummern 6, 8 und 10.

Die rot eingezeichnete Fläche zeigt die Grundstücke an der Richard-Wagner-Straße mit den Hausnummern 6, 8 und 10.

Worum geht es?

Um die drei benachbarten Grundstücke an der Richard-Wagner-Straße 6, 8 und 10. Das Grundstück mit der Nummer sechs ist unbebaut. Auf dem Areal von Nummer 8 steht ein kleines, zweigeschossiges Gebäude, in dem unter anderem ein Tattoo-Studio betrieben wird. Auf Nummer 10 gibt es einen ebenerdigen Parkplatz für etwa 30 Autos.

Und was ist das Problem?

Dass diese Innenstadt-Fläche damit nicht sehr stark ausgenutzt wird. Das unbebaute Grundstück mit der Nummer 6 gehörte einst der Stadt Köln, die es aber 1996 mit der Verpflichtung verkaufte, dass dort gebaut werden muss. Eine angedachte Wohnbebauung kam aber nie zustande, so dass Eberhard Stöppke die Fläche 2007 kaufte. Stöppke besaß damals schon die beiden Nachbargrundstücke 8 und 10. Die Stadt stimmte dem Weiterverkauf inklusive der Bauverpflichtung an Stöppke zwar zu, allerdings verhandelte sie eine Vertragsstrafe in den Vertrag, falls Stöppke nicht bis 31. Dezember 2009 seine neuen Häuser fertigstellt. Die Strafe war happig: 10.000 Euro monatlich. Stöppke verstarb 2022 im Alter von 87 Jahren, auch seine Erben mussten die Strafe für die fehlenden Bauten zahlen. Insgesamt sind es mittlerweile 1,8 Millionen Euro.

Warum baute Stöppke nicht?

Über all die Jahre lieferte Stöppke sich einen öffentlichen Streit mit der Stadt. Er betrieb eine eigene Internet-Seite, die seit einigen Monaten nicht mehr zu finden ist. Er plakatierte Bilder von sich an der Baulücke und hängte meterhohe Briefe an Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) an die Wand eines Hauses. Unter anderem forderte Stöppke Schadenersatz von einer Million Euro. Oder er schrieb: „Diese Kölner Baulücke ist ein Kriminalfall des Kölner Klüngels.“ Doch von all dem ist vor Ort nichts mehr zu sehen. Die Gerichte gaben stets der Stadt Recht.

Einmal ließ Stöppke sogar einen 13 Meter hohen Holz-Scheinbau errichten, um seiner Baupflicht vermeintlich nachzukommen. Laut eigener Aussage wollte er so wenig wie möglich bauen. Die Verwaltung ließ den Aufbau wegen Statik-Problemen zurückbauen.

Die meterhohen Brief Stöppkes an die Stadtverwaltung. Darin warf er der Stadt Erpressunf vor. Die gewann aber alle Prozesse.

Die meterhohen Brief Stöppkes an die Stadtverwaltung. Darin warf er der Stadt Erpressunf vor. Die gewann aber alle Prozesse.

Was wollen die Erben von Stöppke?

Seine beiden Erben haben das Grundstück übernommen und sich laut Stadt im Vorjahr bei ihr gemeldet, „um eine einvernehmliche Lösung“ zu finden.

Was ist geplant?

Laut eines Konzepts ist ein Hotel vorgesehen, das sieben Geschosse hoch ist und damit so hoch wie die Nachbargebäude ist. In einer neuen Tiefgarage sollen 37 Stehplätze entstehen. Die Verwaltung spricht von einer sinnvollen und wirtschaftlichen Nutzung.

Und was hat der Liegenschaftsausschuss damit zu tun?

Er ist damit beschäftigt, weil eben immer noch die vertragliche Bauverpflichtung für das einst städtische Grundstück mit der Nummer 6 besteht. Und das Gremium soll am 16. Juni entscheiden, ob es den Bedingungen zustimmt, die die Verwaltung mit den Erben ausgehandelt hat.

Eberhard Stöppke steht in der Baulücke Richard-Wagner-Straße. Stöppke starb 2022.

Eberhard Stöppke in der Baulücke Richard-Wagner-Straße. Er starb 2022.

Wie lauten diese Bedingungen?

Erstens: Die Bauverpflichtung wird auf alle drei Grundstücke ausgeweitet. Zweitens: Statt wie bisher nur Wohnen oder Geschäfte wäre planungsrechtlich auch ein Beherbergungsbetrieb möglich. Drittens: Bis zum 31. Dezember 2031 muss das neue Hotel auf dem Grundstück stehen. Viertens: Die monatliche Strafe von 10.000 Euro wird von Anfang 2025 bis Ende 2031 ausgesetzt. Sind die neuen Gebäude dann nicht fertig, müssen die Erben wieder monatlich 10.000 Euro zahlen, allerdings höchstens für fünf weitere Jahre und insgesamt 600.000 Euro. Ab 2037 verzichtet die Stadt auf weitere Strafen. Und fünftens: Die Erben sollen 540.000 Euro an die Stadt zahlen, weil ein Hotel die Fläche deutlich intensiver nutzt als ein Wohn- oder Bürohaus. Damit ist der Wert der Fläche höher.

Laut Verwaltung drängt die Zeit: Sollte der Ausschuss demnach nicht entscheiden, bestünde die Gefahr „dass die Interessenten abspringen und der Status quo mit der seit Jahrzehnten bestehenden Baulücke weiter fortbesteht“. Zerschlägt sich der Verkauf an einen Investor, wollen die Erben laut Stadt selbst bauen lassen.