Renovierung wird zur PosseDeutzer Kanuten warten seit zehn Jahren auf neues Bootshaus

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Froh über die neue Stahltreppe zum Rhein:  Jelle Verhoe und Sylvia Welzl vom Kanusportfreunde Köln

Deutz – Noch ist alles möglich. Jelle Verhoef, Vorsitzender der Kanusportfreunde Köln (KSK) bleibt vorsichtig optimistisch. Schön wäre es, wenn der Wildwasser-Rennsportverein, der 158 Mitglieder und einige Welt- und Europameister in seinen Reihen hat, seine anstehenden Jubiläen im neuen Bootshaus feiern könnte. 2022 begehen die KSK ihr 100-jähriges Bestehen, außerdem dann wird ihr Kanu-Abfahrtsrennen auf dem Rhein, „Großes Wappen von Köln“, 50 Jahre alt. Der Mietvertrag mit der Stadt sei schon unterschriftsreif, erklärt Verhoef: „Wir rechnen mit einer Bauzeit von sechs bis neun Monaten. Wenn Anfang 2022 die Baugenehmigung eintrifft, müssten wir klarkommen.“

Gespräche seit 2010 geführt

Wenn, ja wenn. Seit 2010 führt der Verhoef für seinen Verein Gespräche mit der Stadt über dieses neue Bootshaus, das im Grunde das alte  ist, aber saniert werden muss. Ein Dauergespräch, das die Kanuten mittlerweile als ihre ganz eigene „Odyssee“ bezeichnen. Begonnen hatte es im 2010, als die KSK ihre angestammte Unterkunft in einem Widerlager der Deutzer Brücke direkt an der Deutzer Werft wegen der anstehenden Brückensanierung verlassen mussten. Der damalige Baudezernent Bernd Streitberger hatte ihnen zugesagt, sie könnten nach Abschluss der Arbeiten in ihr dann umgebautes Bootshaus zurückkehren. Im Jahre 2013 sei es soweit.

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Die Container sind in die Jahre gekommen.

Vier Container als Notquartier

Als Notquartier erhielten sie vier Container mit Duschen und Umkleiden, die gleich neben der Brücke aufgestellt wurden. Ihre etwa 200 Boote konnten sie in einem großen Raum unterhalb des hinteren Teils der Brücke unterbringen.

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Dort befinden sich auch die Geschäftsräume und eine kleine Mucki-Bude. „Ohne Hanteln läuft beim Kanusport gar nichts“, erklärt Sylvia Welzl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. „Aber in unserem alten Bootshaus hatten wir vor allem einen Clubraum für Feiern und Zusammenkünfte, das ist natürlich für das Miteinander unheimlich wichtig“, sagt Jelle Verhoef. Dann zogen sich die Sanierungsarbeiten an der Brücke bis 2015 hin, es folgten scheinbar endlose Diskussionen mit der Verwaltung über den Brand- und Hochwasserschutz im „neuen“ Bootshaus - und natürlich über die Übernahme der Kosten für den Umbau.

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Kanusportfreunde Köln: Boote liegen im Provisorium unter der Deutzer Brücke.

Rost in den Toiletten, Moos außen

Das „Provisorium“ währt bereits zehn Jahre – auch ein Jubiläum, aber eines der traurigen Art. Ein Sinnbild dafür sind die vier Container, denen man deutlich ansieht, dass sie nicht für zehn Jahre gedacht waren: Innen rosten die Sanitäranlagen vor sich hin, außen wächst Moos. Graffiti-Chaoten haben sich auf den Wänden verewigt und bei Festivitäten seien die Container, erzählt Welzl, ein beliebter Anlaufpunkt für Wildpinkler.

Mitgliedsbeitrag wird steigen

2016 sollte der Umbau noch 285.000 Euro kosten, 2017 war man bei knapp 430.000, heute werden sie mit 680.000 Euro veranschlagt. Schließlich einigte man sich: Der Verein muss nun 80.000  Euro selbst tragen. „20.000 Euro kommen aus Reserven, für den Rest konnten wir über ein Sportförderprogramm ein günstiges Darlehen mit langer Laufzeit aufnehmen“, so Verhoef.  Im Gegenzug erhebt die Stadt eine symbolische Miete für das Bootshaus, allerdings bleiben die Wartungskosten für die Brandschutzanlage nun wohl beim Verein hängen. „Das sind knapp 3000 Euro pro Jahr, das müssen wir noch irgendwie aufbringen“, sagt der Vorsitzende.

Über eine geringfügige Anhebung des Mitgliederbeitrags, werde man wohl nachdenken. „Insgesamt sind wir froh, dass wir in den vergangenen Monaten trotz der schwierigen Situation noch Mitglieder hinzugewinnen konnten“, sagt Sylvia Welzl. „Wegen Corona ging der Trend zum Outdoor-Sport, das hat uns geholfen.“

Brücke führt nicht ins Wasser

Auch auf einem „Nebenschauplatz“ hat sich die Situation entspannt. Im Verlauf der Planungen zum Rheinboulevard hatte die Verwaltung auch den Kanuverein höflich zu Workshops eingeladen. Die KSK machte deutlich, dass die Rampe neben der Brücke direkt bis zum Wasser führen sollte damit die Sportler dort ihre Kanus problemlos zu Wasser lassen und einsteigen können. Das wurde auch zugesagt, doch die böse Überraschung kam nach den Bauarbeiten: Die Rampe führt mitnichten ans Wasser, sondern wird durch klobige, kantige Steine vom Rhein getrennt. Weshalb?

„Von der Stadt kriegen Sie keine Begründungen“, sagt Verhoef. Zwei aufwändige Holzkonstruktionen hatte der Verein in Auftrag gegeben, um die nicht ungefährliche Steinbarriere zu überbrücken. Doch die dürften irgendwo bei Düsseldorf gelandet sein, der Rhein spülte sie gnadenlos fort. Die Lösung brachte eine zwölfstufige Stahltreppe, die mit rund 50 Tonnen im Rheinufer verankert ist. In den Herbstferien waren ein Baggerschiff, ein Colonia-Kran und mehrere Bautaucher im Einsatz, Kostenpunkt: 53.000 Euro. 35.000 Euro kamen aus einem Sportförderprogramm des Landes, 8000 schoss die Bezirksvertretung Innenstadt zu, 10.000 Euro musste der Verein selbst aufbringen. „Dafür hätte ich auch lieber Boote für unsere Kinder und Jugendlichen gekauft“, sagt Jelle Verhoef. (hwh)

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