Reichensperger PlatzKölner Posse um ramponierten U-Bahn-Aufgang

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Nicht gerade einladend wirkt der Treppenabgang ohne Deckenverkleidung in der U-Bahn-Station Reichenspergerplatz – KVB und Stadt suchen nach einer Lösung.

Nicht gerade einladend wirkt der Treppenabgang ohne Deckenverkleidung in der U-Bahn-Station Reichenspergerplatz – KVB und Stadt suchen nach einer Lösung.

Kölner Innenstadt – Es sind wenige Zentimeter, die KVB und Stadt seit Jahren Ärger bescheren. Dass an den Treppenaufgängen der U-Bahnhaltestelle am Reichenspergerplatz seit 2016 die Deckenverkleidung fehlt, darunter offene Kabelleitungen und schroffer Beton zu sehen sind, erscheint für Anwohner zunächst rätselhaft. Wurde hier gar eine Baustelle einfach vergessen? Tatsächlich aber liegen die Probleme tiefer – mit teils kuriosem Ausmaß.

Wenn Andreas Althaus an diese U-Bahn-Station denkt, dann weiß er sich gelegentlich nur noch mit Ironie zu behelfen: „Der gemütliche Treppenabgang“ mit dem „stylischen Beleuchtungskonzept und der offenen Bauweise“ mache die Haltestelle inzwischen seit Jahren „immer wieder zu einem optischen Erlebnis“, sagt der 64-Jährige. Die Station unweit des Oberlandesgerichts ist quasi seine Heimathaltestelle, nur wenige Minuten von seinem Zuhause entfernt; „wann immer ich hier heruntergehe, fällt mir auf, wie eklig und gefährlich das ist.“

Graffiti prangen auf dem offenen Beton an der Decke über den Treppenabgängen, Kabel laufen von einer Deckenlampe zur nächsten. „Wenn da jemand hochspringt und dagegen kommt, ist das sicherlich ein Problem“, glaubt Althaus. „Mich stört am meisten, dass das anscheinend vor Jahren irgendwie angefangen und nicht zu Ende gebracht worden ist.“

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Problem ist bekannt

Bei den zuständigen Stellen ist das Problem aber sehr wohl bekannt – und zwar seit seinem Auftreten Anfang 2016, wie Stephan Anemüller, Sprecher der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB), auf Anfrage dieser Zeitung erklärt. „Da sehen wir nicht gut aus“, gibt er zu. Die KVB sind zwar nicht der unmittelbare Ansprechpartner für die bauliche Situation, denn Eigentümer der Haltestellen und damit zunächst verantwortlich ist die Stadt. Doch das zuständige Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau hat den Auftrag für die Reparatur wieder an die KVB weitergegeben und gleichzeitig die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt – und das bereits im Juli 2017, wie Anemüller bestätigt.

Warum also wurde die Decke über den Treppen nicht längst instand gesetzt? „Im konkreten Fall gibt es eine ungewöhnliche Situation“, sagt der KVB-Sprecher. Ein Rückblick: Als an den Treppenaufgängen Anfang 2016 eine neue Rolltreppe eingebaut wurde, fiel den Verantwortlichen auf, dass durch den Einbau der durch eine Norm vorgeschriebene Abstand zwischen Rolltreppe und Decke um einige Zentimeter unterschritten wurde. Um die Genehmigung durch den TÜV nicht zu gefährden und da die Deckenverkleidung ohnehin marode war und herabzufallen drohte, nahm man sie kurzfristig ab – um wenig später festzustellen, dass keine bei der KVB bekannten Reparaturfirmen die Sanierung der Decke übernehmen wollte.

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„Aufgrund der guten Auftragslage bei den Firmen und den kurzen Betriebspausen ist es sehr schwer, eine ausführende Firma für die Spachtelarbeiten an der Decke zu finden“, zitiert Anemüller ein Schriftstück. Um den vorgeschriebenen Abstand zwischen Decke und Rolltreppe nicht zu unterschreiten, wären nunmehr besonders dünne Platten vonnöten. Und um diese anbringen zu können, müsste auch der dafür zu unebene Beton an der Decke geschliffen werden.

Zunächst ist das keine außergewöhnlich komplizierte Arbeit für einen Fachbetrieb. Doch auch der letzte Ortstermin mit einer in Frage kommenden Firma scheiterte bereits m Juli 2017. Seitdem hat die KVB keine Firma gefunden, die den Auftrag hätte annehmen wollen. Das Problem sind die besonderen Umstände der Baustelle, wie Anemüller erklärt: Anders als die meisten anderen KVB-Haltestellen sind die Bahnsteige am Reichenspergerplatz nur von jeweils einer Seite zugänglich. Im Zuge der Arbeiten müsste auf den Treppen ein Baugerüst installiert werden – ohnehin kompliziert, doch hier würde damit auch der jeweils einzige Zugang zum Bahnsteig versperrt. „Diese Treppe ist aber als Fluchtweg vorgeschrieben. Der wäre bei Arbeiten unter laufendem Betrieb nicht mehr im ausreichenden Maße gegeben.“

Firma müsste nachts arbeiten

Also sucht die KVB einen Betrieb, der bereit wäre, die Arbeiten nachts außerhalb der Fahrtzeiten der Bahnen durchzuführen – bis heute vergeblich. „Aktuell gehen wir davon aus, dass wir wahrscheinlich dazu übergehen müssen, diese Arbeiten am Tag geschehen zu lassen“, sagt Anemüller. Das wollte die KVB bisher vermeiden, da an der Haltestelle während der Sanierung voraussichtlich über längere Zeit hinweg keine Fahrgäste mehr ein- oder aussteigen könnten.

Doch egal für welche Lösung sich die zuständigen Stellen entscheiden werden – noch ein Jahr liegen lassen wollen sie das Thema nun nicht mehr, sichert die KVB zu. Die Sicherheit der Haltestelle sei bis dahin aber absolut gegeben, die Kabel an der Decke seien korrekt und außer Reichweite angebracht.

Das betont auch die Stadt Köln als Hausherrin, die sich nun auch nochmals selbst einschalten möchte, wie Stadtsprecher Jürgen Müllenberg auf Nachfrage erklärt: „Wir fühlen uns auch zuständig und werden noch Anfang dieses Jahres prüfen, mit welchen kurzfristigen Mitteln wir die Situation abstellen können.“ Allerdings, so betonen Stadt und Kölner Verkehrs-Betriebe, könne die Sanierung der Decke am Reichenspergerplatz nicht höchste Priorität haben – schließlich gehe es hier vor allem um ein „kosmetisches Problem.“

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