„Katastrophaler Zustand“Geschäftsleute am Kölner Friesenplatz haben Angst vor Junkies

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Die Junkies stehen täglich am Zugung zur U-Bahn am Friesenplatz.

  • In einer Millionenstadt wie Köln gehören Drogen-Szenen zum Bild. Doch die Lage am Friesenplatz scheint sich immer weiter zu verschlimmern.
  • In den umliegenden Drogerie- und Supermärkten haben die Angestellten Angst vor den teils hochaggressiven Süchtigen, die in ihren Geschäften klauen.
  • Ein Besuch vor Ort.

Köln – Der Friesenplatz ist der derzeitige Treffpunkt von Kölns Drogenszene. Geschäftsleute klagen über massiven Ladendiebstahl und Umsatzrückgang, Schulkinder müssen sich den Weg durch die Junkies bahnen, die Polizeiarbeit zeigt keine Wirkung und der Handel mit Betäubungsmittel blüht. Für jeden gut sichtbar, der sich das mal ein paar Minuten lang anschaut.

Die Lage am Friesenplatz ist extrem

Nie war es so schlimm wie heute. Neumarkt, Ebertplatz, Kalker Post, Wiener Platz, Deutzer Freiheit – eine Drogenszene hatte Köln immer. Sie gehört nach Ansicht von Experten zu einer Millionenstadt wie auch Obdachlose. Aber: Inzwischen scheinen die verantwortlichen Behörden die Drogenszene nicht mehr zu bekämpfen, sondern nur noch zu verwalten.

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Gerade hat dieser junge Mann Gras gekauft und dreht sich einen Joint.

Geschäftsleute beklagen, dass nichts passiert

Nach Recherchen des „Express“ erklärt ein Geschäftsmann, der nicht genannt werden möchte, die Situation: „Ich komme mir manchmal vor wie ein Papagei, wenn ich den Notruf wähle. Denn ich erzähle immer das Gleiche. Das hier grade Drogen verkauft werden. Die Polizisten wollen dann detailliert wissen, was ich beobachtet habe. Wie sieht der Tatverdächtige aus, was hat er wem gegeben, wann war das und gibt es Zeugen“, beschreibt er das Prozedere. „Ich antworte dann, dass sie einfach kommen und hier zusehen sollen, denn hier wird ganz offen mit Drogen gehandelt. So einfach ist das. Da braucht man nichts sagen. Man muss nur hier sein und gucken“, ärgert er sich.

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Hier läuft ein Deal ab: Drogen werden gegen Geld getauscht. Jeder kann zuschauen.

Angst in den Läden rund um den Friesenplatz

In den umliegenden Drogerie- und Supermärkten haben die Angestellten sogar Angst. „Jeden Tag werden wir hier von den Süchtigen beklaut. Manche reagieren im Rausch extrem aggressiv und sind zu allem bereit. Sogar die alarmierten Polizisten werden angegriffen. Der Zustand ist katastrophal hier am Hohenzollernring“, erklärt eine Kassiererin.

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Auch Schulkinder müssen mitten durch die Szene.

Drogenverkauf läuft öffentlich ab

Nach Informationen des „Express“ zählt die Szene rund 100 Junkies und Dealer, die ständig in Bewegung ist. Meist stehen bis zu 25 Personen ab 8 Uhr morgens am U-Bahn-Aufgang Friesenplatz Ecke Hohenzollernring. Sie holen sich dann nach und nach ihr Methadon bei einem benachbarten Arzt, sind dann unterwegs am Weingarten oder pendeln zwischen der KVB-Zwischenebene, Rudolfplatz, Neumarkt und Dom. Drogendeals laufen öffentlich ab. Der Kunde drückt dem Dealer das Geld in die Hand, der überreicht sofort das Klarsicht-Tütchen mit dem Stoff.

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Auch hier wird gerade ein Deal abgewickelt. Nicht heimlich, sondern gut sichtbar.

Die Polizei allein ist da machtlos

„Was früher hinter verschlossenen Türen stattfand, geschieht heute in der Öffentlichkeit. Der Kontrolldruck ist nicht groß genug, daher verselbständigt sich die Szene“, erklärt ein Szene-Kenner der Polizei. „Wir können allein nichts ausrichten, wenn Stadt und Verwaltung nicht mitziehen.“ 

Innenstadt-Bürgermeister fordert Sozialarbeiter

Das sieht auch Bezirksbürgermeister Andreas Hupke so. „Wir sind mit unserer Drogenpolitik ins Mittelalter zurück. Dabei war Köln vor 25 Jahren mal Vorzeige-Metropole. Das Engagement der Verantwortlichen im Gesundheitsamt und im Sozialdezernat stimmte. Genau die fordere ich mit Nachdruck auf, endliche ihre Aufgaben zu machen. Wir brauchen mehr hoch qualifizierte Sozialarbeiter in der Szene, unterstützt von den Drogenabhängigen, die noch in guter Verfassung sind. Wir haben den Rat längst aufgefordert, ein stadtweites dezentrales Drogenkonzept zu entwickeln, damit die Plätze in der Innenstadt entlastet werden. Aber nichts geschieht.“ (red)

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