Der Verein Club68 Köln fördert seit 1975 Gemeinschaftsprojekte für Menschen mit und ohne Behinderungen.
Seit 50 JahrenVerein aus der Südstadt engagiert sich für Inklusion

Hans Günter Brands half mit seinem Team bei der Realisierung der inklusiven Performance „Lost Paradise“ im Rahmen des diesjährigen Sommerblutfestivals.
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„Inklusion könnte viel weiter sein, wenn man sie denn politisch wollte. Sie wird nur halbherzig umgesetzt, weil man dafür Geld in die Hand nehmen muss, beispielsweise für mehr Kitaplätze, gemischte Schulklassen, Rückzugsräume sowie besser ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer“, sagt Hans Günter Brands. Der Mitbegründer des Vereins Club68 Köln verfolgt den gesellschaftlichen Status von Menschen mit Behinderungen seit mehr als fünf Dekaden und kann in der Domstadt als einer der Pioniere im Ringen um die Gleichberechtigung von Personen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen bezeichnet werden.
Demonstrationen gegen Diskriminierung von Behinderten
„Es gab in den frühen 70er-Jahren außerschulisch keinerlei Angebote. Aus einem Sammelsurium an Studenten, Zivildienstleistenden und Menschen mit Behinderungen entstand schließlich der Club, obwohl sich viele im Team dagegen wehrten, denn die Leute aus dem 68er-Umfeld mochten keine Vereine“, erinnert sich der Rentner. Die rund 40 Mitstreiter konzentrierten sich zunächst auf die Jugend-Freizeitarbeit. „Damals konnte man Integration noch nicht einmal buchstabieren“, blickt Brands kopfschüttelnd zurück. Eine Dekade später wechselte der Fokus auf die Organisation von Demonstrationen, beispielsweise gegen das Frankfurter Reiseurteil von 1980, das einer Privatklage wegen Ruhestörung im Urlaub stattgab.

In den Vereinsräumen des Club68 Köln zeigt Gertrude A. Malizeni ihre Gemälde zur Gleichberechtigung von Frauen.
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Das betreffende Ehepaar hatte sich durch die Anwesenheit von Menschen mit Behinderungen im Hotel beeinträchtigt gefühlt. Auch gegen das sogenannte „Dürener Maulkorburteil“ am Kölner Oberlandesgericht (1998) erhob sich der Verein. In dem Fall hatte ein Bürger gegen die benachbarte Behinderteneinrichtung prozessiert, weil er sich durch die Kommunikation der dortigen Mitarbeiter belästigt fühlte. Der Heimbetreiber wurde seinerzeit dazu verpflichtet, in bestimmten Tagesintervallen für Ruhe auf dem Grundstück zu sorgen.
50 Jahre nach der Gründung setzt die Vereinigung weiterhin auf die Schwerpunkte Bildung, Erziehung und gesamtgesellschaftliche Teilhabe. Derzeit engagieren sich rund 13 Mitglieder aktiv für den Club. Es sei schwieriger geworden, junge Menschen für die ehrenamtliche Arbeit zu begeistern, da diese sich verstärkt um die eigene Existenz kümmern müssen, zeigt Brands Verständnis für die Herausforderungen der Gegenwart. Man versuche sich daher anders aufzustellen, beispielsweise in Form einzelner Projekte, in denen sich eine Vielzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern engagieren könne. So sorgte das multiple Kunst-Event „ADHS is Power“ 2023 auf dem Areal des Kulturzentrums Odonien für Aufmerksamkeit. Unlängst lieferte der Verein eine Plattform für die Realisierung der inklusiven theatralen Installation „Lost Paradise“ im Rahmen des Sommerblutfestivals in der Kirche St. Gertrud.
Lost Paradise soll im Orangerie-Theater im Volksgarten zu sehen sein
Eine Fortsetzung des Events ist für den Sommer geplant. Im Herbst folgt eine dokumentarische Ausstellung über die Arbeit an „Lost Paradise“ im Orangerie Theater. „Wir wollen in den kommenden Jahren unsere Projekte professionalisieren und uns damit vermehrt auf Festivals bewerben. Das Sommerblut war eine fantastische Erfahrung. Wir haben dort jede erdenkliche Hilfe erhalten“, erklärt Brands, der die Zukunft des Vereins im urbanen Raum der Öffentlichkeit sieht. Dabei möchte der Club68 Köln vor allem gegen Vorurteile angehen. „Ich höre von den sogenannten Intellektuellen oft den Spruch ‚Integration, ja. Doch bitte nicht hier.‘ Das ist nicht zu fassen. Ich denke dann, ich sitze im falschen Film. Aber das sind auch nur Kinder aus der Gesellschaft. Es bleibt noch viel zu tun.“
Termine: „Lost Paradise“, 27. Juli, 20 Uhr, 2. August 19.30 Uhr, 3. August 17.00 Uhr, Barnes Crossing (Wachsfabrik), Industriestraße 170
Club68 Köln e.V., Wormser Straße 45, 50677 Köln, Telefon: 0176 31798970, www.club68koeln.de