Vergifteter Kölner ArztStaatsanwalt fordert lebenslange Haft für Schwiegertochter

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Die angeklagte Maklerin (42) mit ihrem Verteidiger Jürgen Graf im Kölner Landgericht. 

Köln – Eine Immobilienmaklerin aus Köln soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft lebenslänglich ins Gefängnis. Das beantragte Oberstaatsanwalt Bastian Blaut am Freitag im laufenden Prozess vor dem Kölner Landgericht. Der Angeklagten wird vorgeworfen, ihren Schwiegervater, einen angesehenen Mediziner, mit einer Überdosis Insulin vergiftet zu haben. Sie bestreitet das.

Kölner Staatsanwalt attackiert den Verteidiger

Mit einer Attacke auf die Verteidigung hatte Blaut sein Plädoyer begonnen. Anwalt Jürgen Graf sei als Freund der Familie der Angeklagten der objektive Blick auf das Verfahren abhandengekommen, er habe den erforderlichen emotionalen Abstand nicht gewahrt. Vollmundig habe dieser angekündigt, alle Vorwürfe gegen die Mandantin zu entkräften. Das sei nicht geschehen.

Die angeklagte Immobilienmaklerin dürfe sich nun über das Ergebnis nicht beklagten, sagte Oberstaatsanwalt Blaut. Immerhin habe er der Beschuldigten zu Prozessbeginn ja einen Ausweg geboten. Mit einem Geständnis könnte sie einem zumindest drohenden lebenslänglichen Hafturteil entgehen, sagte der Staatsanwalt damals – er hätte zumindest bei der Strafkammer darauf hingewirkt.

Gehirn des Opfers sei schwer geschädigt

Die Angeklagte habe vor Gericht eine Lügengeschichte erzählt, wohl um vor ihrer Familie mit zwei Kindern den Schein zu wahren, tatsächlich unschuldig zu sein. Blaut sprach von einer Familientragödie und einem Scherbenhaufen, den die 42-Jährige hinterlassen habe. Die Selbstmordtheorie der Angeklagten hätte keine einzige Zeugenaussage gestützt.

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Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass die Angeklagte ihrem Schwiegervater in dessen Villa eine „unfassbare Menge an Insulin“ gespritzt habe. Das Gehirn des Mediziners sei schwer geschädigt, der 82-Jährige werde ein schwerer Pflegefall bleiben. „Ein selbstbestimmtes Leben ist für ihn ausgeschlossen“, so der Ankläger, das Opfer sei eine völlig hilflose Person.

Tochter laut Kölner Staatsanwalt als Alibi genutzt

Am Tattag im Juli 2020 habe die Angeklagte ihren Schwiegervater in dessen Villa im Kölner Westen besucht, und ihre Tochter mitgebracht, um ein Alibi zu schaffen. „Wer würde einem Menschen schon zutrauen, das eigene Kind zur Ermordung des Opas mitzubringen?“, fragte der Ankläger. Mit Handyvideos sei das Mädchen abgelenkt worden, dann sei es zur Tat gekommen.

Nachdem der Senior das Geschehen überlebt, habe die Angeklagte die besorgte Schwiegertochter gespielt. Überführt sei sie auch durch ihre Internet-Recherchen nach „perfekter Mord durch Insulin“ und ähnliche Begriffe. Noch nach der Tat habe sie nach Begriffen wie „4000 Einheiten Insulin“ gesucht. Der Suchverlauf des Handys konnte letztlich wiederhergestellt werden.

„Sie hatte es auf die Villa des Schwiegervaters abgesehen“

Der Staatsanwalt erklärte, dass die Angeklagte es auf die Villa des Schwiegervaters abgesehen hatte, ein Haustausch sei gewollt gewesen, was der Senior ausdrücklich nicht gewollt habe. Als Immobilienmaklerin habe sie gewusst, um welches Filetstück es sich bei dem Anwesen des Seniors handele. Sie habe sich auch bereits nach Grundschulen in der Nähe erkundigt.

Als Mordmerkmal nannte Blaut die Heimtücke, einer heimlichen Vergiftung sei der Prototyp dafür. Habgier sah der Oberstaatsanwalt allerdings als nicht sichere Motivation an, möglicherweise habe es auch Rachegelüste aufgrund erlittener Demütigungen gegeben. Die Tat sei nahe an der Vollendung gewesen, der Antrag des Staatsanwalts lautet daher auf lebenslänglich Gefängnis.

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