Tod von Kurt BraunUmfangreiche letzte Worte von Clemens K. – „Getrieben wie ein Tier“

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Clemens K. Kölner Gericht

Der 60-jährige Angeklagte Clemens K. sitzt neben seiner Verteidigerin Harriet Krüger im Landgericht auf der Anklagebank

  • Im Dezember vergangenen Jahres wollte Kurt Braun, Angestellter der Stadtkämmerei, eine offene Geldforderung bei einem Mieter an der Straße Auf der Schildwache eintreiben.
  • Kaum hatten er und seine Kollegin geklingelt, wurde die Wohnungstür aufgerissen und der 47-Jährige mit einem Messer angegriffen. Er wurde schwer verletzt, starb noch am Unfallort.
  • Am vorletzen Prozesstag hat der angeklagte Clemens K. eine facettenreiche Stellungnahme abgelegt.

Köln – Es ist der vorletzte Verhandlungstag im Prozess um den getöteten Vollstreckungsbeamten Kurt Braun und eigentlich steht die Entscheidung des Gerichts angesichts der Gefährlichkeit des Beschuldigten und seiner kranken Psyche längst fest.

Wie an jedem Verhandlungstag zückt die Vorsitzende Richterin Ulrike Grave-Herkenrath aus einer Schatulle mit Stiften einen Bleistift, dem sie Clemens K. zur Verfügung stellt, denn ein herkömmlicher Kugelschreiber wäre zu gefährlich und könnte von K. als Waffe eingesetzt werden. Nach wie vor trägt er Handfesseln, die er klaglos seit dem ersten Verhandlungstag trägt und beginnt seine Ausführungen.

Wie krude, sprunghaft und verwirrt seine Denkweise ist, das zeigt die facettenreiche Stellungnahme, die Clemens K. (60) in seinem letzten Wort zu Protokoll gibt. „Ich will sagen, wie ich ticke“, überschreibt er seine Ausführungen und setzt fort: „Ich bin unschuldig und habe in Notwehr gehandelt“. Das betont er immer wieder.

Clemens K. fordert Freispruch

Demzufolge verlangt er freigesprochen zu werden und fordert die Staatsanwaltschaft auf: „Wo ist hier die Unschuldsvermutung? Bringen Sie Beweise, dass ich nicht in Notwehr gehandelt habe. Für mich kommt nur ein Freispruch in Frage.“ Seine These: Im Leben gebe es nun mal gut und böse, „was nicht heißt, dass ich Böses getan habe.“ Für ihn gelte das Prinzip: „Ein Menschenleben ist das höchste Gut.“ Und er wiederholt: „Ich bestreite die Tat nicht, aber es war Notwehr.“

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Er habe sich seit zwanzig Jahren stets gegen eine Betreuung gewehrt und sich von den gerichtlichen Anordnungen „bedroht und verfolgt gefühlt, in die Ecke getrieben wie ein Tier“. Warum man ihn nicht einfach in Ruhe gelassen habe, dafür fehle ihm jegliches Verständnis. Seine Theorie: Man wolle an sein Geld, obwohl es keinerlei Hinweis dafür gibt, dass er Vermögen hat: „Vielleicht geht es um ein Erbe und das wollen die einstreichen?“

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Ganz gleich, ob er in der Vergangenheit in eigener Sache bei der Krankenkasse, bei der GEZ oder beim Sozialamt vorgesprochen habe, stets habe man ihm die Auskunft verweigert und ihn stattdessen zu seinem völligen Unverständnis an seinen Betreuer verwiesen: „Das war doch ganz klar ein datenschutzrechtlicher Verstoß.“ Genauso schlimm wie die Angst und die Verfolgung durch Gerichte fürchte er die Zwangsmedikation, die er nach wie vor ablehne: „Der Verstand ist doch das kostbarste Gut eines jeden Menschen.“ Er wolle vielmehr klar im Kopf bleiben: „Ich will nicht bedeppert meine Zeitung lesen.“

Als Kurt Braun im Dezember 2019 in Begleitung vor seiner Haustür stand, habe er sich in Gefahr gesehen: „Ich wehre mich gerne, wenn es sein muss und schlage zu. Deshalb gehe ich den Leuten auch aus dem Weg.“ Allerdings habe ihm sein Vorgehen sehr wohl zu schaffen gemacht: „Es hat mich sehr mitgenommen, ich ahnte Schlimmes, denn ich bin nicht emotionslos, neige jedoch nicht zu Gefühlsausbrüchen.“ Das Gericht wird am kommenden Freitag seine Entscheidung verkünden. 

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