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Kommentar

Kölns neuer OB
Burmester steht ohne Schonfrist vor einer Mammutaufgabe

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3 min
Der neue Kölner Oberbürgermeister: Torsten Burmester von der SPD.

Der neue Kölner Oberbürgermeister: Torsten Burmester von der SPD.

Der neue Kölner Oberbürgermeister muss das Vertrauen in Verwaltung und Politik wiederherstellen. Viel Zeit hat der Neue im Amt dafür nicht. 

Dass die Kölner CDU dem neuen SPD-Oberbürgermeister zur Wahl gratuliert, ist guter Stil. Dass sie die Gratulation samt Burmester-Foto kurzerhand als CDU-Wahlplakat verpackt, gibt überraschend deutliche Einblicke in die Stimmungslage der CDU in Köln nach der Wahl. Ohne uns, so die Botschaft des auf den Social-Media-Kanälen verbreiteten Bildes, hätte Burmester nicht gewonnen, jetzt ist er auch ein Stück weit unser Mann.

In welchem Maße die Wahlhilfe der CDU tatsächlich entscheidend war, werden die Analysen der nächsten Tage zeigen. Klar ist aber, dass die Anhänger der Union sich nicht nur in nennenswerter Zahl durchgerungen haben, zur Not auch einen Sozialdemokraten zu unterstützen – sie sind tatsächlich ins Wahllokal gegangen und haben die Absicht in die Tat umgesetzt.

Für die meisten Leihstimmengeber aus der Union bleibt die Freude über den SPD-Wahlerfolg mutmaßlich allerdings überschaubar. Schließlich hätte die CDU durchaus Chancen gehabt, das OB-Amt selbst zurückzuerobern. Dass das in Köln entgegen dem CDU-freundlichen Landestrend und anders als etwa in Bonn und Leverkusen, in Dortmund, Aachen oder Essen nicht geklappt hat, hat sich die Kölner Union selbst zuzuschreiben. Zu genervt waren die Wählerinnen und Wähler von den jahrelangen internen Richtungskämpfen, zu viele Personalentscheidungen gingen schlicht daneben.

Kölner OB-Wahl: Burmester profitiert von zentraler Schwäche der Grünen

Und wenn Fraktionschef Bernd Petelkau, seit mehr als zehn Jahren die prägende Gestalt der Union und mit scheinbar endlosem politischem Überlebenswillen ausgestattet, sich nicht doch noch in ein Ratsbündnis mit der SPD oder den Grünen rettet, dürfte seine Macht beschleunigt bröckeln. Kaum vorstellbar, dass CDU-Ministerpräsident Wüst, der möglichst geräuschloses Regieren zum Markenzeichen gemacht hat, dem irrlichternden Treiben der Union in der größten Stadt seines Bundeslandes länger zusehen mag.

Während die CDU also mal wieder den Neuanfang beschwören muss, hat sich die Kölner SPD überraschend geräuschlos saniert. Der interne Streit, lange Zeit bei den Genossen tief verankert, wurde rechtzeitig vor der Wahl befriedet, die Kür des Kandidaten erfolgte zielgerichtet und frühzeitig, Partei und Fraktion kämpften gemeinsam für den Sieg. Der gebeutelten NRW-SPD bescherten die Kölner Wahlkämpfer also neben den Siegen in den großen Ruhrgebietsstädten einen der wenigen Höhepunkte dieses Urnengangs.

Torsten Burmester und Berivan Aymaz sitzen nebeneinander bei einer Podiumsdiskussion.

Hat sich in der Stichwahl gegen Berivan Aymaz, durchgesetzt: Kölns neuer Oberbürgermeister Torsten Burmester. Hier sitzen die beiden bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des KSTA-Leserforums in der COMEDIA. (Archivbild)

Allerdings half dem SPD-Kandidaten nicht nur, dass seine Partei in Köln lange keine Regierungsverantwortung tragen musste. Burmester profitierte auch von der zentralen Schwäche der Grünen: Deren programmatische Verengung auf wenige Kernthemen wie Klimapolitik und Verkehrswende, Umweltschutz und Menschenrechte reicht für die Führung und Steuerung einer Millionenstadt auf Dauer augenscheinlich nicht aus.

Es braucht Angebote, die auch Wählerinnen und Wähler jenseits der extrem treuen Kernklientel attraktiv finden, es braucht Kompromisse statt Ideologie pur, es braucht Überzeugungskraft. Und es braucht Personal, das diese Öffnung in die Breite auch verkörpern kann. Bei all dem hatten die Kölner Grünen, immerhin seit Jahren stärkste Fraktion im Rat, zuletzt wenig zu bieten. Und auch Berivan Aymaz stand trotz eines engagierten und von Empathie getragenen Wahlkampfs eher für „Weiter so“ als für einen echten Neustart.

Der liegt nun vor Torsten Burmester. Für den neuen OB kommt es in erster Linie darauf an, den Kölnern das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und in die Effizienz der Politik wiederzugeben. Das ist eine Mammutaufgabe – und es gibt keine Schonfrist. Zwar übernimmt Burmester die Amtskette erst Anfang November. Starten muss er sofort.