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Kommentar

Kita-Abwerbung
Die Kindertagespflege muss geschützt werden

Ein Kommentar von
3 min
Ein Kind in einer Kindertagespflegeeinrichtung hält sich einen gelben Hüpfball mit aufgemalten Augen und Mund über den Kopf.

Ein Kind in einer Kindertagespflegeeinrichtung. (Symbolbild)

Kitas werben U3-Kinder wegen der hohen Zuschusspauschalen von Tagesmüttern ab. Dabei sollten sich die Systeme ergänzen.   

Freie Plätze in der Kindertagespflege? Und das, obwohl Betreuungsplätze für Kinder seit Jahren Mangelware sind? Ist die Kitakrise in Köln etwa vorbei? Können Eltern jubilieren und beruhigt ihrem Lohnerwerb nachgehen, ohne den sie sich ein Familienleben in Köln nicht leisten könnten? Können sie aufatmen, weil die Kleinsten verlässlich und einfühlsam von beständigen Bezugspersonen nicht nur versorgt, sondern umsorgt, gefordert und gefördert werden?

Leider nein. Vielmehr scheint ein neues Problem entstanden zu sein im ohnehin schwer gebeutelten Kinderbetreuungs-System, das bislang vor allem an zu wenigen Plätzen und zu wenig Personal krankte. Aus verschiedenen Gründen ist offenbar eine Konkurrenzsituation zwischen Kindertagespflege und Kitas entstanden, wo ein Miteinander, ein sich Ergänzen und gemeinsam an einem Strang ziehen für Kinder, Eltern und das System insgesamt hilfreicher wäre.

Der Ausbau der Kitakapazitäten ist zu begrüßen, hat das Personalproblem aber noch verschärft

Die Kitakapazitäten in Köln wurden in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut, was ja grundsätzlich zu begrüßen ist, das immense Personalproblem aber noch verschärft hat. Die hohen Zuschuss-Pauschalen der Landesregierung für U3-Kinder haben diesen Ausbau beschleunigt, was die Kitas von ihrem U3-Bereich abhängig macht, Mitarbeitermangel hin oder her. Und dazu befindet sich die Zahl der neugeborenen Babys im Sinkflug. Was ja auch damit zusammenhängen könnte, dass potenzielle Eltern dem System der Kinderbetreuung nicht trauen. 

Wenn Kitas nun U3-Kinder, die einen Platz bei Tagesmüttern oder Tagesvätern haben, mit der Drohung abwerben, dass der Platz jetzt frei sei, im Ü3-Bereich dann aber sehr wahrscheinlich nicht mehr, sind Kindertagespflegepersonen dem hilflos ausgeliefert. Sie sind auf die U3-Betreuung spezialisiert, in kleinen Gruppen bis maximal fünf Kinder, im familiärem Umfeld mit einer festen Bezugsperson. Und damit sind sie darauf angewiesen, dass die von ihnen betreuten Kinder mit drei Jahren in eine Kita weiterziehen können. 

Die Kindertagespflege darf nicht zum Notnagel degradiert werden

Sie jetzt zum Notnagel zu degradieren, der nur noch gebraucht wird, wenn gerade kein Kitaplatz zu finden ist, wird ihrer in den allermeisten Fällen tollen Arbeit nicht gerecht. Jedes Kind ist anders, jedes Elternpaar ist anders, und jede Kita und jede Kindertagespflegeperson auch. Manche Eltern möchten ihr Kind früh in die Kita geben, sie wollen ihm keine zweite Eingewöhnung mir drei Jahren zumuten, das Kind lebt vielleicht auf im Kitatrubel und braucht die größere Ruhe in einer Kindertagesbetreuung nicht. Andere Eltern entscheiden sich genau deswegen in den ersten Jahren für eine Betreuung außerhalb einer Kita. Welch ein Luxus, dass wir die Wahl haben!

Damit das so bleibt, damit das System der Kindertagespflege weiter parallel zu den Kitas funktionieren kann, muss es geschützt werden. Da geht es nicht nur um die Existenz von Frauen und Männern, die in ihre Ausbildung und die nötige Ausstattung, in der Großtagespflege auch in entsprechende Räumlichkeiten investiert haben. Es geht um eine Wahlmöglichkeit für Familien, die heute mehr denn je kämpfen müssen, alles unter einen Hut zu bekommen.  

Also weg mit den hohen Pauschalen für U3-Kitakinder, die den Konkurrenzkampf der Systeme befeuern. Kitas müssen auch mit weniger U3- und mehr Ü3-Kindern auskömmlich bezuschusst werden, denn aktuell sind sie natürlich scharf auf die U3-Kinder, für die es verglichen mit den Über-Dreijährigen mehr als doppelt so viel Geld gibt. Und her mit Sichtbarkeit, Anerkennung und auch mehr Geld für die Arbeit von Kindertagespflegepersonen. Sie sind eine wunderbare Ergänzung zu den Kitas und können diese bei der Betreuung der Kleinsten entlasten.