Unmut über Lastenräder„Manche Kölner Parks werden zur Rennstrecke“

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Manche Kölner Spaziergänger fühlen sich durch Lastenräder in Parks gefährdet.

  • Immer mehr Spaziergänger fühlen sich durch den zunehmenden Fahrrad-Verkehr in Parks gefährdet.
  • Gerade über die Lastenräder in Parks ist eine Debatte entbrannt. Manche Kölner finden: Die Räder gehören in städtischen Parks verboten.
  • Susanne Hengesbach findet: Wenn die E-Lastenbikes an Spaziergängern mit einer Handbreit Abstand vorbeibrausen, kann man nicht von Rücksicht sprechen.
  • Oliver Goertz hält ein Verbot dagegen für einen erwartbaren wie einfallslosen Reflex.

Pro: Spaziergänger sollten keine Angst haben müssen, beim nächsten Schritt von einem Lastenrad umgefahren zu werden, findet Susanne Hengesbach „Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen“, lautet ein gern zitierter Satz von Loriot. Gleiches könnte man von Radfahrern und Spaziergänger sagen. Die Nicht-Vereinbarkeit scheint umso größer, seitdem neue Fahrzeuge die Parks erobert haben: E-Scooter und Lastenfahrräder. Nun sollte man sich eigentlich freuen, dass immer mehr Eltern ihre Kinder per Lastenrad zur Kita bringen und weniger Autos morgens und nachmittags mit laufendem Motor vor den Einrichtungen stehen.

Aber offenbar tangiert die umweltfreundliche Transport-Variante das Sicherheitsbedürfnis der Spaziergänger, die auf denselben Wegen in den Grünanlagen unterwegs sind, über die nun in zunehmender Zahl Elektromotor betriebene Zweiräder sausen – und das vielfach, ohne dass vor Einmündungen abgebremst oder mal zur Seite geschaut würde.

susanne hengesbach

Susanne Hengesbach

Der Sülzer Beethovenpark etwa hat sich zu bestimmten Uhrzeiten fast in eine Lastenrad-Rennstrecke verwandelt, was auch damit zusammenhängt, dass drei Kitas und der Waldkindergarten am Militärring an der Peripherie dieser Grünanlage liegen . Dass es sich bei den Menschen, die mit teilweise 25 km/h über die Spazierwege brettern, größtenteils um junge Eltern handelt, macht die Sache besonders prekär, weil die doch am besten wissen müssten, dass ein Dreikäsehoch – unberechenbar – zu Fuß oder mit seinem Likeabike um die Ecke biegen könnte. Für jedes Kind; aber auch für jeden älteren Menschen dürfte die Kollision mit einem derart schweren und schnellen Gefährt ebenso lebensgefährlich sein, wie für einen plötzlich aus dem Gebüsch springenden Hund.

Nun verweisen insbesondere Radfahrer in Konfliktsituationen gerne darauf, dass in Köln eine generelle Leinenpflicht gilt und der Vierbeiner außer auf ausgewiesenen Flächen ja gar nicht frei laufen dürfe. Das ist zutreffend. Aber wenn einer etwas Regelwidriges tut, gibt das dem anderen noch lange nicht das Recht, sich ebenfalls vorschriftsverletzend zu verhalten. Bei dem Argument mit dem Hund handelt es sich also um den üblichen Apfel-Birnen-Vergleich.

Parks sollten Erholungsanlagen für Städterinnen und Städter sein

Der Gesetzgeber hat nicht den Fußgänger, sondern den Radfahrer verpflichtet, „in besonderer Weise Rücksicht“ zu nehmen. Wenn die FahrerInnen auf ihren E-Lastenbikes mit der ihnen möglichen Höchstgeschwindigkeit auf Wegkreuzungen zubrausen, kann man nicht von besonderer Rücksicht sprechen. Und wenn sie mit nur einer Handbreit Abstand an Spaziergängern vorbeifahren, wird ebenfalls keine Rücksicht genommen, erst reicht keine besondere.

Parks und Grünanlagen in Großstädten dienen der Regenerierung der dort lebenden und arbeitenden Menschen. Sie wurden einst angelgt, damit sich die Städter und Städterinnen erholen und abschalten können. Abschalten und entspannen können Spaziergänger im Städtischen Grün jedoch keinesfalls, wenn sie bei jedem Schritt Angst haben müssen, angefahren oder umgefahren zu werden. Wenn es kein Einsehen dafür gibt, dass in diesen Bereichen – ebenso wie auf  Spielstraßen –Schritttempo gelten muss, muss der Fahrradverkehr dorthin geleitet werden, wo er hingehört: auf den Radweg. 

Lokalredakteurin Susanne Hengesbach ist leidenschaftlich gerne draußen: Mit Hund am Rhein entlang, mit dem Roller in der Stadt, mit SUP auf dem See. Dass der eigene Spaß da aufhört, wo die Rücksichtslosigkeit anderer beginnt, erfährt sie überall

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Contra: Oliver Goertz hält ein Verbot für einen erwartbaren wie einfallslosen Reflex

In Kölner Grünanlagen ist eine Menge verboten. Autofahren zum Beispiel, oder Einmal-Grills, die die Grasnabe ankokeln, und das Füttern von Vögeln und Fischen. Gestattet ist unter anderem Sport, in der Sonne liegen – und Fahrradfahren. Und sie werden immer mehr, diese Räder, die mitunter sogar – stellen Sie sich an dieser Stelle bitte kurz dramatische Musik vor – Lastenräder sind. Warum auch nicht, ihre Lenkerinnen und Lenker wollen eben in einem schönen Park von A nach B kommen, wie jeder Spazierende auch. Das ist auch kein Problem, es müssen sich nur alle miteinander arrangieren.

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Oliver Görtz

Lastenräder sind praktisch, emissionsfrei und machen keinen Krach. Aber sie sind groß und schwer. Je nach Ausführung wiegt solch ein Teil 60 Kilogramm und mehr, mit zwei Vierjährigen oder dem Wocheneinkauf auf der Ladefläche summiert es sich schnell auf 100 Kilogramm. Dieses Gewicht muss beherrscht werden, zum Beispiel sind die Bremswege länger, weshalb das Tempo auf Wegen in Parks aus Rücksicht auf andere nicht zu hoch sein darf.

„Tempo“ und „Rücksicht“ sind zentrale Begriffe in diesem Zusammenhang. Es ist hochgradig mies, mit einem (Lasten-)Rad derart schnell durch den Park zu donnern, dass sich andere Menschen mit einem beherzten Sprung in Sicherheit bringen müssen. Es ist unerklärlich, was in den Köpfen von Rad-Rasern in Grünanlagen vor sich geht, es rennt ja auch keiner samstags im Vollsprint über die Hohe Straße. Die Mehrheit der Lastenradler hat alle Sinne beisammen und fährt gesittet. Aber andere haben es nicht so mit der Rücksicht, und das müssen sie ganz schnell ändern.

Keinen Kulturkampf ausrufen

Ein Verbot von Lastenrädern in Grünanlagen zu fordern ist ein erwartbarer wie einfallsloser Reflex, ähnlich dem, nach kategorischen Alkoholverboten auf der Straße zu verlangen, weil ein Besoffener randaliert hat. Lastenräder sind nun mal eine Realität, und jedes, das eine Autofahrt ersetzt, ist ein Gewinn. Selbstverständlich sollen sie auch Wege in Parks benutzen – allein schon, weil ein Lastenrad schneller angeschafft ist als ein breiter Fahrradweg gebaut. Denn Radfahrende sind in manchen Gegenden nachgerade gezwungen, die Strecken in Grünanlagen zu nehmen, denn die Errichtung der Infrastruktur hält bei weitem nicht Schritt mit den vielen neuen schicken Bikes – allen Bemühungen zum Trotz.

Wem möchte man es verübeln, mit dem Rad zum Beispiel weite Teile des stark befahrenen Militärrings zu meiden und stattdessen die parallel verlaufenden Waldwege zu nutzen?

Es gibt noch eine Menge zu regeln in Sachen Lastenräder. Sie brauchen mehr Abstellflächen, damit sie die Bürgersteige nicht blockieren. Und die Öffnung von Einbahnstraßen für Räder in die Gegenrichtung funktioniert nicht mit den breiten Gefährten, wenn die Straße eng ist. Vor allem aber müssen sich Lastenradelnde ihres Fahrzeugs und dessen Dimensionen bewusst sein. Sie müssen Rücksicht nehmen, so einfach ist das. Und die kritischen Fußgänger, die schon mit den Augen rollen, wenn sie ein Lastenrad von Weitem sehen, dürfen keinen Kulturkampf ausrufen. Dann haben sich bald alle aneinander gewöhnt und eine gute Zeit im Park.

Oliver Görtz, Redakteur in der Lokalredaktion Köln, kann nicht verstehen, warum so viele Menschen bei Verkehrsfragen so verkrampft sind. Dabei müssen doch alle nur ein bisschen aufpassen – und nicht dauern Recht haben wollen.

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