So wohnt der Mann am KlavierKölner Musiker Martin Sasse liebt den Jazz, seine Stadt und den FC

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Martin Sasse sitzt an seinem Klavier.

Am liebsten sitzt Martin Sasse an seinem Flügel im Wohnzimmer in Klettenberg.

Der Jazzmusiker Martin Sasse ist wenig zu Hause. Doch wenn er in seiner Wahlheimat Köln ist, findet man den Vollblutmusiker meistens am Klavier.

Am liebsten sitzt Martin Sasse an seinem Flügel im Wohnzimmer. Der große Raum im Altbau an der Luxemburgerstraße ist das Arbeitszimmer des international tätigen Jazzmusikers. Hier probt er mit seinem Martin-Sasse-Trio und trifft sich mit seinem 16-jährigen Sohn, der leidenschaftlich Schlagzeug spielt, auf eine Jamsession. Mitunter gibt der Musiker hier auch Studenten Unterricht. Es gibt keinen wichtigeren Raum in der Wohnung, die, wie oft üblich im Altbau, die gesamte Etage einnimmt.

Das Wohnzimmer ist Sasses Arbeitszimmer mit Klavier und Schlagzeug.

Das Wohnzimmer ist Sasses Arbeitszimmer, in dem geprobt, gespielt und unterrichtet wird.

Vor 16 Jahren zog der heute 55-Jährige in den Altbau. Er studierte zunächst an der Folkwang Universität der Künste in Essen klassisches Klavier, ehe er in den Jazz-Zweig nach Köln wechselte, in den Altbau. Das Treppenhaus ist eher überholungsbedürftig, aber hoch und groß genug, um einen Flügel in die 125 Quadratmeter große Altbauwohnung zu hieven. Klarer Vorteil. „Die Wohngemeinschaft ist toll“, sagt Sasse.

Wohlfühlen im Altbau in Köln-Klettenberg

Niemand stört sich an seinen Proben oder wenn er am Klavier sitzt, um zu komponieren. Vom kleinen Balkon auf der rückwärtigen Seite blickt man in einen der klassischen, großen Hinterhöfe der Stadt mit altem Baumbestand. Mit den Nachbarn habe er da schon legendäre Partys gefeiert. „Die Wohnung liegt toll. Es ist ein schönes Zuhause, wo man sich zurückziehen kann. Hier stimmt einfach vieles.“ Die Straßenbahn direkt vor der Haustür stört ihn keinesfalls. Im Gegenteil. „Das ist halt Stadt.“

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Blick in den grünen Innenhof.

Vom kleinen Balkon öffnet sich der Blick in den grünen Innenhof.

Dennoch ist Sasse selten zu Hause, hauptsächlich ist er als Konzertmusiker unterwegs, hat 160 bis 170 Auftritte im Jahr. Dabei arbeitet er viel mit amerikanischen Jazzern zusammen, derzeit tourt er mit Harry Allen durch Europa. „Eigentlich mache ich das ganze Jahr nichts anderes als herumfahren und spielen und immer mehr davon auch im Ausland“, erzählt er. Musikalisch vorbelastet ist Sasse von seiner Familie nicht, er begeisterte sich aber bereits mit zwölf Jahren für Größen wie Ara Gana, Lionel Hampton oder Glenn Miller – der mitreißende, swingende Rhythmus hat es ihm angetan. In der Szene kennt man sich untereinander. Durch die Digitalisierung sei dann alles noch enger aneinander gewachsen.

Wenn Sasse nicht tourt, erfreut sich der Musiker an seiner Umgebung. Früher hat er hier auch in den Kneipen gespielt, kennt viele kleine Läden rund um Sülz und Klettenberg. Ganz wichtig ist ihm die Nähe zum Beethovenpark. Sasse braucht Auszeiten, um nachzudenken, um zu wandern, eine seiner Leidenschaften neben Tennis spielen und dem 1. FC Köln. Vom Beethovenpark läuft er oftmals bis zum Decksteiner Weiher und denkt über seine Auftritte nach. „Das Klavierspielen ist eigentlich keine Arbeit. Aber die Organisation rings herum.“

An seinem Stadtteil liebt Sasse außerdem die vielen kleinen Geschäfte, Boutiquen und Delikatessenläden. „Wir haben auch jede Menge tolle Cafés.“ Mit der Linie 18 ist er sofort am Bahnhof, auch die Autobahn ist schnell erreichbar, die gute Anbindung ist für seine Auftritte wichtig. Zudem schätzt er das Viertel als solches, in dem viele Künstler, Musiker und Intellektuelle lebten. Neben einem kleinen Lehrauftrag an der Robert Schumann Hochschule in Düsseldorf hat er die künstlerische Leitung des „King Georg“ am Sudermanplatz übernommen.

Zusammenarbeit mit Legenden der internationalen Jazzszene

Die Förderung von jungen Talenten ist ihm wichtig. Die legendäre Clubbar hat kurz vor Corona wieder aufgemacht. Im King Georg sei fast jeden Abend wieder Live-Musik zu hören. „Der Jazz hat es schwer, weil er nicht so ein Massenprodukt ist“, sagt Sasse. Deshalb setzt er sich für diese Musiksparte ein, holt viele junge Talente in den Club. Er selbst hat im Laufe seiner Karriere mit vielen Legenden der internationalen Jazzszene zusammengearbeitet.

Er begleitete aber auch Popstars wie zum Beispiel Bobby McFerrin, Chris de Burgh oder Sting, und Musiker aus der Klassikliga wie José Carreras, Luciano Pavarotti oder Plácido Domingo. Sein Martin Sasse Trio existiert in wechselnden Besetzungen seit fast 30 Jahren. Aber, auch wenn er viel unterwegs ist, ist und bleibt die Domstadt sein Zuhause. Aus Köln wegziehen? „Niemals. Das ist meine Stadt. Sie ist tolerant, sie ist nicht spießig, sondern offen“. Außerdem mag Sasse den Karneval und natürlich den FC. Hier ist er Mitglied, damit er seinen Verein unterstützen kann, wenn er Zeit hat. Und Köln und Jazz? „Für den Jazz ist Köln eigentlich der Melting Pot. Dank des guten Rufs der Musikschule hat man eine Chance, wirklich gute Leute kennenzulernen.“

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