Pause vom KriegUkrainische Schüler aus Dnipro sind zu Gast am Kölner Schiller-Gymnasium

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Eine Gruppe von Schülern und Lehrern steht vor einer Tafel in einem Klassenzimmer.

Vladyslav Kartovetskyi und Valeriia Bieliavsk (hinten rechts) sowie Schülerinnen, Schüler und Lehrerinnen aus der Ukraine im Klassenzimmer der Klasse 9a des Schiller-Gymnasiums

Eine Schülergruppe aus Dnipro, Kölns Partnerstadt in der Ukraine, berichtet den gleichaltrigen Kölnern von ihrem Land und dem Alltag im Krieg.

Als vergangene Nacht eine russische Rakete den Busbahnhof Dnipro traf konnten Vladyslav Kartovetskyi und seine Lehrerin Valeriia Bieliavska nicht schlafen. „Ich habe es gespürt“, erzählt sie. „Wir waren mit dem Herzen dabei“, sagt Vladyslav, kurz Vlad. Zehn Menschen sind verletzt worden. „Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die Rakete tagsüber den Bahnhof getroffen hätte“, sagt Bieliavska. Die beiden sitzen im Flur vor dem Lehrerzimmer des Schiller-Gymnasiums an der Nikolausstraße.

Doch der Krieg ist in ihren Köpfen allgegenwärtig. Momentan macht er in ihrem Alltag eine Pause. Sie gehören zu einer Gruppe von 24 Schülern und Schülerinnen im Alter von 13 bis 16 Jahren, von der Schule „Planet des Glücks“ aus Kölns Partnerstadt Dnipro, die mit ihren Lehrerinnen auf Einladung des Schiller-Gymnasiums dort für zwei Wochen zu Gast sind. Die jungen Menschen wohnen bei Familien, deren Kinder das Gymnasium besuchen und waren mit ihnen 14-Tage auf Entdeckungsreise im Dom, im Phantasialand, im Kletterwald und im Schulunterricht.

Väter der Jugendlichen dienen in der ukrainischen Armee

Nicht alle sprächen ausreichend gut Deutsch, um dem regulären Unterricht zu folgen, berichtet Bieliavska. Diejenigen, denen die Sprachkenntnisse fehlten, nähmen am Unterricht der Vorbereitungsklassen für geflüchtete Kinder und Jugendliche teil. Das Schiller-Gymnasium hat mehrere solcher Klassen eingerichtet. Nun profitiert auch der Besuch davon: „Wir haben nicht diejenigen Schülerinnen und Schülerinnen ausgesucht, die gut Deutsch sprechen“, so Bieliavska, „sondern diejenigen, deren Väter bei der ukrainischen Armee sind.“ Die Jugendlichen sollten ein wenig Abwechslung von ihren Sorgen haben.

Ein junger Mann im dunkelgrünen Hemd mit der ukrainischen Fahne auf dem Oberarm steht an einem Rednerpult und spricht.

Vlad am Ukrainetag im Lichthof des Spanischen Baus. Er antwortet auf die Rede von Bürgermeister Andreas Wolter.

Nun zeigen sie den Schülern der Klasse 9a, in deren Familien sie derzeit zu Besuch sind, mit einer Präsentation ihr Land und ihre Heimatstadt: „Die Ukraine ist ein Seestaat. Dort wurde das größte Flugzeug der Welt gebaut. Sie besitzt 20 Skigebiete in den Karpaten“, sagt ein Schüler. Dnipro habe fast eine Million Einwohner und sei somit fast ebenso groß wie Köln. Es läge ebenfalls an einem großen Fluss, dem Dnepr und besäße die längste Uferpromenade Europas. Ein auffälliger Wohnkomplex namens „Tower“, bestehend aus zwei Zwillingstürmen, die 123 Meter in den Himmel ragen, prägt die Skyline Dnipros ähnlich wie der Dom, die von Köln.

Vlad findet, dass die beiden Städte sich ähneln, schwärmt aber vor allem von den Gastgebern: „Meine Gastfamilie ist supernett und das Schiller-Gymnasium ist sehr cool.“ Ihm gefalle vor allem das deutsche Kurssystem in der Oberstufe. Er möchte kommenden Sommer wiederkommen und drei Monate am Schiller-Gymnasium lernen. Gerade versuchen die deutschen und ukrainischen Lehrer-Teams, ihm das zu ermöglichen. Derzeit suchen sie noch eine Gastfamilie. Später möchte Vlad dann in Deutschland studieren – und hofft, dass bis dahin auch endlich in der Ukraine keine Raketen mehr landen.

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