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Gründe ähnlichGleich zwei Lokale mit bürgerlicher Küche schließen in Köln-Sülz

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht vor einer Eckkneipe mit heruntergelassenen Rollläden.

Jan Welbers hat zehn Jahre in seinem Lokal „Zur Sülzburg“ in der Küche gestanden, jetzt gibt er auf. 

Jan Welbers und Ralf Hötgen erklären, warum sie ihre Lokale in Sülz aufgeben müssen.

Aus dem ehemaligen Arbeiterviertel mit den kölschen Eckkneipen ist „Little Italy“ geworden, wie es manche scherzhaft nennen. Pizzerien säumen die Straßen, aber auch die asiatische Küche ist auf dem Vormarsch. Wer in Sülz bürgerlich essen möchte, eine Rinderroulade, Kalbsleber, Backfisch oder ein Schnitzel, hat es jedoch mittlerweile schwer. Nun haben gleich zwei verbliebene Hochburgen der traditionellen Küche ihre Türen geschlossen: das Lokal „Zur Sülzburg“ an der Ecke Sülzburgstraße/Zülpicher Straße und das „Knollendorf“ an der Gustavstraße, Ecke Nikolausstraße.

Köln-Sülz: Lokale „Zur Sülzburg“ und „Knollendorf“ schließen

Die Gründe sind ähnlich. Es fehlt an Fachpersonal. Die Rahmenbedingungen sind schwierig. Der Betreiber des Ecklokals „Zur Sülzburg“, Jan Welbers, benötigt nach 27 Jahren in der Gastronomie und den zehn Jahren, in denen er nahezu jeden Tag in der Küche seines Restaurants stand, eine Auszeit. Er habe so lange durchgehalten, schildert er, bis der Vertrag ausgelaufen sei.

Doch nun konnte er den Betrieb aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr stemmen. Er hat seine ganze Energie hineingesteckt: „Ich habe nie eine feste Speisekarte gehabt, sondern es gab immer eine wechselnde Wochenkarte“, sagt er. In die Töpfe kamen nur saisonale frische Produkte aus der Region. So war der Koch flexibel, hatte die Möglichkeit von Lebensmitteln, deren Preise gerade durch die Decke schossen, Abstand zu nehmen und frisch sowie qualitativ hochwertig zu kochen, ohne dass die Gäste zu tief in die Tasche greifen mussten. In dem holzvertäfelten Lokal kochte er inspiriert vom Geschmack seiner Kindheit, aber auch von der asiatischen und italienischen Küche, gerne Eigenkreationen, klassisch, ein wenig kölsch.

Pandemie und Energiekrise trafen Kölner Gastronomen hart

Allerdings war das Menü stark von seiner Kochkunst getragen. Dafür eine passende Unterstützung in der Küche zu finden sei schwierig, betont Welbers. „Gute Köche sind kaum mehr zu haben“, betont er. Das Wissen würde immer weniger weitervermittelt. Insgesamt sei kompetentes Personal sehr schwer zu bekommen. Die Kosten dafür, genauso wie für Lebensmittel und Miete seien gestiegen. Die Pandemie und dann die Energiekrise habe den Lokalbetreibern in der Vergangenheit das Überleben schwergemacht, aber auch verhindert, dass sie Rücklagen bilden konnten, die es ermöglicht hätten, in einer gesundheitlichen Krise kürzer zu treten. In diesem Jahr war die Auftragslage im Hinblick auf Familienfeste zwar besonders gut. Sie kam aber zu spät.

Ein Mann steht mit gehobenem Armen vor der geschlossenen Eingangstür seines Lokals Knollendorf.

Ralf Hötgen kann das Knollendorf nicht mehr wirtschaftlich betreiben.

Der Inhaber des Knollendorf, Ralf Hötgen, nennt ebenfalls Personalmangel als Grund dafür, dass er das Lokal schließt, welches er vor fünf Jahren vom Ex-Intendant des Hänneschen-Theaters Heribert Malchers übernommen hatte. Der erfahrene Gastronom hatte dort einen schweren Start. Er fiel genau in die Pandemie. Während der Zeit sei viel Fachpersonal verloren gegangen, schildert Hötgen. „Viele, die den Beruf wirklich erlernt haben, haben sich umorientiert“, so der Wirt. Zahlreiche Köche würden nun in Kantinen, Großküchen oder Kitas arbeiten und dort von der familienfreundlicheren Arbeitszeit profitieren. Nach Pandemie-Ende gelang es ihm dennoch, die Stammgäste wieder ins Knollendorf zu locken, unter anderem dank der gutbürgerlichen Küche und der phänomenalen Schnitzelauswahl.

Dann erkrankte sein Koch schwer und musste ein Jahr pausieren. Eine langjährige Servicekraft bekam ein Kind. Qualifizierter Ersatz, so Hötgen, sei einfach nicht zu bekommen. Aber auch andere Bedingungen würden den Betrieb eines Lokals erschweren: Die Gäste hätten aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten spürbar weniger Geld in der Tasche. „Stammgäste, die früher drei vier Mal in der Woche kamen, sehen wir nur noch einmal.“

Bei einer möglichen Verlängerung des Pachtvertrages habe der Vermieter zudem noch einmal 500 Euro mehr verlangt. Hötgen gab auf. Allerdings gäbe es eine Interessentin, die das Lokal unter Umständen übernehmen würde. Hötgen würde sich freuen und sie unterstützen. Es soll dann wieder den Namen tragen, den das Ecklokal einst zierte: Gustav Eck