Schuften statt SchmusenSo sieht die Arbeit in einem Kölner Tierheim aus

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Mit Kater Mike und Nali durften wir nur kurze Zeit kuscheln. Dann ging es an die Arbeit.

Mit Kater Mike und Nali durften wir nur kurze Zeit kuscheln. Dann ging es an die Arbeit.

Köln-Zollstock – Mit Katzen kuscheln, Hunde streicheln und ab und an mit ihnen Gassi gehen - das assoziieren wir mit einem Tierheim. Doch spätestens zehn Minuten nach der Ankunft merken wir, dass wir uns getäuscht haben. Zu zweit starteten wir einen Selbstversuch im Konrad-Adenauer-Tierheim in Zollstock.

Keine dunklen, abgeriegelten Käfige

Noch nie zuvor im Tierheim gewesen, sind wir durchaus überrascht, als wir das begrünte und bewachsene Gelände betreten. Keine dunklen, abgeriegelten Käfige, sondern lichtdurchflutete, sonnige Plätze an der frischen Luft. Wir haben uns Tierheime immer so vorgestellt, dass Hunde und Katzen, Vögel und Reptilien voneinander getrennt in Käfigen hausen. Hier wirkt auf den ersten Blick alles etwas durcheinander gewürfelt.

Alle Tiere wollen gefüttert werden.

Alle Tiere wollen gefüttert werden.

Entgegen unserer Erwartungen geht es direkt ans Eingemachte: Mit einem Einkaufswagen machen wir uns auf den Weg zum Katzengehege. Decken, Putzlappen, Futter und Kehrschaufeln sind unsere Utensilien für den Tag. Die Revierleiterin der Katzen, Elke Sans, führt uns durch das Tierheim, bevor es an die Arbeit geht.

Insgesamt arbeiten hier 26 Mitarbeiter und sechs Auszubildende. Das klingt viel, es gibt allerdings mehrere Schichten: Frühdienst, Spätdienst und Nachtwache. Nie sind alle Mitarbeiter gleichzeitig an Ort und Stelle.

Zei monströse und haarige Katzen auf den Behandlungstisch

In der Quarantänestation riecht es muffig, die Katzen werden hier in kleinen Einzelkäfigen behandelt. Wenn die Pfleger noch nicht wissen, ob die Katzen gesund sind, werden sie in solchen Stationen zwischenzeitig gehalten. Nach der obligatorischen Spritze und der notwendigen Überprüfung werden sie dann von der Quarantänestation in ein größeres Gehege verlagert.

Gerade als uns die Station gezeigt wird, tragen Mitarbeiter von der Kölner Feuerwehr zwei monströse und haarige Katzen auf den Behandlungstisch: Maine-Coon-Katzen. Die riesigen Augen starren verwirrt in die Gegend.

So große Katzen haben wir beide noch nicht gesehen. Selbst die Tierpflegerinnen, die ja schon einiges gewohnt sind, mühen sich beim Tragen der schweren Last ab. Die beiden Maine-Coons werden in einen Zweierkäfig gesperrt und verstecken sich schnell hinter einem Handtuch. Das Herrchen ist im Urlaub, der Katzensitter im Krankenhaus.

Junge Katze springt wild im Gehege umher

Lange werden die beiden hier also nicht bleiben, hoffen wir. Erleichterung auf beiden Seiten, als sich die Tür öffnet und wir wieder frische Luft einatmen: In der Quarantänestation darf man nämlich nicht das Fenster öffnen.

Wir werden von Elke Sans dem Katzengehege von Nali und Mike zugeteilt. Die kleine, schwarze Katze Nali begrüßt uns gleich mit einem freudigen Miauen und springt wild im Gehege umher. Sie ist verspielt und noch sehr jung.

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Mike hingegen ist ein etwas älterer Kater. Er nimmt seinen Platz auf dem Kratzbaum ein und wird ihn so schnell auch nicht mehr verlassen. Nali ist zur Vermittlung frei, Mike hingegen nur zur Sicherstellung. Seine Halterin kann ihn aus gesundheitlichen Gründen im Moment nicht pflegen. Mit den beiden sollen wir nun spielen. Zumindest für einen kurzen Augenblick, bevor wir uns an die „richtige“ Arbeit machen.

Keine kuschlige Arbeit, wie wir sie uns erträumt hatten

Nali springt in die Höhe, als wir ihr mit einer Feder vor dem Gesicht herumfuchteln. Wenig später ist der spaßige Teil vorbei. Hier in diesem großräumigen Gehege sollen wir putzen. Das obere Geschoss des Katzenhauses, das wir durch eine Leiter erreichen, muss gesäubert werden. Ein Steinboden, sehr verstaubt, voller alter Kratzbäume und Gerümpel. Wir fangen an zu wischen und schrubben den festgewordenen Dreck vom kalten Boden. Keine kuschlige Arbeit, wie wir sie uns erträumt hatten.

Es gibt einige Fallen, in die man hier im Tierheim ganz leicht tappen kann. Zum Beispiel der Gedanke, dass die Arbeit eher angenehm als anstrengend ist. Aber auch das Thema „Haltung“ wirft Komplikationen auf, die man als neuer Tierbesitzer gerne außen vor lässt. „Viele Menschen wollen junge Katzen adoptieren. Dabei kann dies oft viele Nachteile mit sich ziehen“, erklärt Sans.

Junge Katzen brauchen viel mehr Aufmerksamkeit und führen vor allem zu Problemen, wenn schon eine betagte Katze im Haushalt ist. „Stellen Sie sich vor, eine Oma adoptiert ein Baby. Das funktioniert nicht. Eine alte Katze kann meist nicht mit dem Spieltrieb der jungen Katze umgehen und wird aggressiv“, berichtet die Pflegerin. Die Konsequenz: Die alte Katze wird weggeschickt.

20 Hunde sind „auf Probe“ im Heim

Neben 45 Katzen, die derzeit im Zollstocker Tierheim ihre Bleibe haben, leben hier 38 Hunde. Zudem sind 20 Hunde „auf Probe“ im Heim. Das bedeutet: Das Tierheim kontrolliert, wie die Hunde mit den Herrchen klarkommen. Verstehen sie sich, läuft nach drei Wochen der Leihvertrag aus und der Festvertrag wird unterschrieben. Aber wie so oft läuft diese Probephase nicht immer fehlerfrei ab.

Um mit den Hunden spazieren zu gehen, braucht man einen „Sachkundeausweis für gefährliche Hunde“.

Um mit den Hunden spazieren zu gehen, braucht man einen „Sachkundeausweis für gefährliche Hunde“.

„Es gab auch schon Fälle, da haben sich die Besitzer nicht mehr auf die Couch getraut. Der Hund saß auf dem Sofa, das Herrchen auf dem Boden. Das geht natürlich nicht“, erzählt Tierpflegerin Sans. Einfach Gassi gehen ist für uns auch nicht drin. Obwohl wir beide mehr Hunde- als Katzenmenschen sind, dürfen wir an diesem Donnerstag keine Hunde ausführen.

Für dieses Unterfangen brauchen wir einen „Sachkundenachweis für gefährliche Hunde“. Eine Art Führerschein, den man bei der Stadt Köln absolvieren muss. Es gilt: kein Schein, keine Leine. Laut Tierpflegerin Sans werden viele gefährliche Hunde von der Stadt Köln sichergestellt und im Tierheim aufbewahrt, damit mögliche Besitzer aus dem Klientel „Drogen, Waffen, Prostitution“ keine Erlaubnis zur Adoption erhalten.

Hundeausführer und Katzenkrauler werden gesucht

Das Tierheim bietet einige Aktivitäten für Ehrenamtler. Unter anderem kann man als Katzenkrauler tätig sein. Auch Hundeausführer werden gesucht. Die Mitarbeiter suchen auch eine ganz besondere freiwillige Mithilfe für Katzenliebhaber: Vorlesen. Mit besänftigender Stimme kann man den Katzen Geschichten vorlesen. Gemäß amerikanischen Studien soll diese Tätigkeit auf Katzen eine beruhigende Wirkung haben.

Nach drei Stunden Arbeit verabschieden wir uns. Wir beide haben schnell gemerkt, dass wir alles etwas unterschätzt haben: Im Tierheim zu arbeiten, ist schwere Maloche. Ob wir der Tierpflegerin Elke Sans, die seit 13 Jahren in diesem Bereich tätig ist, mit unserer Anwesenheit einen Gefallen getan haben, wissen wir nicht. Doch eine Sache haben wir beide gelernt: Ein Tierheim ist kein Streichelzoo.

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