Wechsel in Klettenberger TraditionslokalWirt im Gasthaus Dürr hört auf

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Roland Schwarz und Mitbetreiberin Svenja Hochhuth verabschieden sich von der Gaststätte Dürr. 

Klettenberg – Es war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Roland Schwarz traf sie über Nacht. Nach knapp 50 Jahren, in denen er in Köln bekannte Lokale wie Gilberts Pinte und das Birkenbäumchen betrieb, macht der Vollblutwirt Schluss. Er selbst wird die Türen seiner letzten Wirkungsstätte, der Gaststätte Dürr an der Luxemburger Straße, nicht mehr öffnen. Eigentlich hatte er sich gewünscht noch ein, zwei Jahre in der urigen Eckkneipe hinter der Theke zu stehen, aber dann kam das Coronavirus und raubte ihm die Lust dazu. Der Abstand zu den Gästen, die Masken vor den Gesichtern der Bedienung, die Theke ohne Barhocker, die Plexiglasscheibe darüber, der Lockdown, die Ungewissheit, wann und wie es weiter geht, machten ihm zu schaffen.

Keine Kneipenstimmung mehr

Auch seine Mitbetreiberin, Schwarz' Lebensgefährtin Svenja Hochhuth, empfand die Situation als belastend: „Plötzlich musste man die Gäste ständig ermahnen, dass sie nur zu zweit am Tisch sitzen dürfen, Abstand halten und an ihre Schutzmasken denken müssen.“ Die lockere Kneipenstimmung war dahin – dann lief der Pachtvertrag mit dem LHL-Getränkegroßhandel aus.

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Gerüchte über Schließung machen die Runde, aber der Klettenberger Hof wird wohl wieder eröffnen. 

Dessen Geschäftsführer Marcel Herzet, der auch selbst einige Lokale betreibt, darunter das Haus Schwan an der Dürener Straße, kann ihn verstehen. „Die Situation für die Gastronomen ist schwierig“, sagt er. „Es gibt glücklicherweise Hilfe für uns vom Staat, aber die fließt nicht so unbürokratisch, wie oft behauptet, kommt tröpfchenweise.“ Gleichzeitig müssten die Wirte aber die Miete, Personal und andere laufende Kosten begleichen. Die offenen Rechnungen könnten so manchen den Schlaf rauben. Dennoch: Herzet ist sich sicher, dass die meisten die Corona-Krise überstehen: „Etwa zehn Prozent werden wohl schließen“, schätzt er. „Es trifft vor allem diejenigen, die schon vorher in finanzieller Schieflage waren und solche, die vorher enorm investiert hatten.“

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Traditionskneipen sind bedroht 

Zu den bedrohten Betrieben gehören seiner Meinung nach viele traditionelle Veedelskneipen, die von den jungen Kunden eher gemieden werden und ihre beste Zeit hinter sich haben, als Stammkunden sich bereits morgens zum Frühschoppen an der Theke trafen und die Kneipe an der Ecke das zweite Wohnzimmer war. Martin Schlüter, Vorstandsmitglied der Interessensgemeinschaft (IG) Gastro bestätigt diese Einschätzung: „Ich denke, dass viele kölsche Kneipen den Lockdown nicht überstehen, was schade ist, weil sie Teil der Kölner Stadtgeschichte sind“, sagt er. Sie hätten es grundsätzlich schon schwer, da sie zumeist wenig oder keine Außengastronomie haben. Dazu käme, dass für diese Lokale  das besonders wichtige Geschäft in den Wintermonaten weggebrochen sei, wie Weihnachtsessen und Karneval und die Sparkästchenauszahlung gegen Ende des Jahres. „Selbst wenn diese Kneipen durchhalten und wieder öffnen“, so Schlüter, „dann kommt die warme Jahreszeit und die Menschen gehen eher in Biergärten und auf Terrassen.“ Daher würden dann später möglicherweise noch weitere traditionelle Lokale schließen.

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Der Kleine Kurfürst bleibt wohl geschlossen. 

Neuer Pächter für Gasthaus Dürr

Das Gasthaus Dürr wird wieder öffnen. Es hat noch viele Stammkunden und Stammtischrunden, die sich auch künftig gerne regelmäßig treffen. Herzet hat einen neuen Pächter gefunden. Spätestens am 1. April soll das Klettenberger Urgestein wieder als Treffpunkt zur Verfügung stehen. Auch der Klettenberger Hof an der Luxemburger Straße wird laut Auskunft seiner Wirtin Claudia Becker entgegen derzeit im Viertel kursierender Gerüchte wieder öffnen. Aber um den Kleinen Kurfürst, ein anderes Lokal, das sich an derselben Straße befindet, sorgen sich die Gäste wohl zurecht. Der Eigentümer ist zwar nicht erreichbar, aber der Bierlieferant des Lokals, die Brauerei Gaffel, kann Folgendes bestätigen: „Im Kleinen Kurfürst gab es während des Lockdowns im März einen Pächterwechsel“, so Pressesprecher Michael Busemann. „Der neue Wirt hat das Lokal aber nicht eröffnet.“ Es sei auch nicht gelungen, ihn zu kontaktieren.

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