„Mr Gay Germany“-Kandidat nahm 50 Kilo ab„In Köln habe ich Akzeptanz und Offenheit erfahren“

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Giu aus Köln ist Kandidat bei der Joyn-Serie „Mr Gay Germany“. Dass er jemals dort teilnehmen würde, hätte er früher nicht für möglich gehalten.

„Passt du da überhaupt rein?“ fragte sich Giu, als er von der Joyn-Serie „G-A-Y: Mr Gay Germany“ hörte. Was zunächst nach eher Trash-TV oder zumindest seichter Berieselung klingt, soll für einen guten Zweck stehen. Ja, in der Sendung wird gekichert, der Sekt fließt, es geht auch um Beauty und coole Styles, alles ist schrill, bunt und laut. Und dennoch: „Es ist eben kein Schönheitswettbewerb mit Bauchmuskeln und trainiertem Bizeps. Es geht darum, der queeren Community einen Repräsentanten zu geben und den Menschen Mut zu machen.“ 

Giu aus Köln nahm 50 Kilo ab

Wahl-Kölner Giu, der wie die anderen Kandidaten nur mit Vornamen auftritt, ist homosexuell – und möchte mit seiner Geschichte queere und nicht-queere Menschen inspirieren. Denn vor Jahren wog er noch 130 Kilo. „In meiner Schulzeit habe ich aufgrund meiner Homosexualität und des Dickseins doppelte Diskriminierung erfahren“, erzählt Giu, der sein Alter gerne für sich behält. Er sei heftig beschimpft worden. „Damals habe ich gedacht: Du bist einfach so und kannst nichts dran ändern. Wenn dich andere nur fertig machen – da schöpfst du keine Motivation raus.“

Anders wurde es während seiner Ausbildung: „Ich habe kein Mobbing, keine Ablehnung mehr erfahren. In dieser Phase konnte ich viel Selbstwert tanken. Das hat mich motiviert zu sagen: Du bist gut so wie du bist, aber du hast jetzt zwei Optionen: Die eine war, ich bleibe so wie ich bin. Die andere: Möchte ich meiner Gesundheit etwas Gutes tun? Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden.“ Innerhalb eines Jahres nahm er mit Sport und gesunder Ernährung 50 Kilo ab. „Nach meiner Gewichtsabnahme hatte ich immer den Wunsch, meine Story zu erzählen und damit andere Menschen zu ermutigen“, sagt Giu. „Das betrifft ganz viele Leute. Und zwar nicht nur aus der queeren Community, sondern auch aus der nicht-queeren Community. Ich habe gemerkt: Okay, du kannst einen wertvollen Beitrag leisten.“ Und das möchte er mithilfe seiner Teilnahme bei „G-A-Y: Mr Gay Germany“ tun.

In Köln habe ich Akzeptanz und Offenheit erfahren.
Giuseppe Pavia

Giu wuchs in Frankfurt am Main auf und bezeichnet sich selbst mittlerweile als ‚Kölsche Jung‘. Nach Köln kam er ursprünglich nur jobbedingt. „Nach drei Jahren wurde der Job dann wieder nach Frankfurt verlegt“, erzählt Giu. „Dann stand ich vor der Wahl: Möchte ich wieder dorthin oder bleibe ich in Köln?“ Die Entscheidung, so sagt er, sei innerhalb einer Sekunde gefallen. „Ich wollte in meiner Traumstadt bleiben! Hier habe ich Akzeptanz und die Offenheit der queeren Community erfahren, die es so in Frankfurt nur bedingt gibt.“

In Köln, sagt er, könne er mit seinem Partner auch Hand in Hand über die Straße laufen. „Das ist in Frankfurt zwar auch möglich.“ Aber dort seien Kommentare wie „Ihr Schwuchteln!“ keine Seltenheit – wie auch schlimmere Beschimpfungen, die an dieser Stelle nicht zitiert werden. „In Köln ist mir das fast gar nicht passiert“, sagt er. „Neben Berlin ist Köln eine der queeren Hauptstädte. Hier fühle ich mich einfach wohler.“ Ohren auf stumm stellen, weitergehen und „mir meinen Teil denken“, das sei inzwischen Gius Devise, wenn es doch einmal zu unschönen Situationen kommt.

Seine Geschichte sei übertragbar auf andere Menschen und Situationen, sagt Giu. „Man hat immer diese zwei Optionen: Entweder, ich akzeptiere mich so wie ich bin und erhöhe mein Selbstwertgefühl. Oder: Ich verändere etwas, sofern möglich. Bei mir war es die Gewichtsabnahme, bei anderen kann es zum Beispiel auch eine Zunahme sein. Wer ein Ziel hat, der kann es erreichen.“ Dass Giu auch nur die Chance bekommt, sein Ziel „Mr Gay Germany werden“ zu erreichen, ist für ihn keine Selbstverständlichkeit. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich überhaupt bewerbe – und dann auch noch genommen werde. Das macht mich stolz.“


„G-A-Y: Mr Gay Germany“ läuft aktuell bei Joyn, jeden Freitag erscheint eine neue Episode. In insgesamt zehn Folgen kämpfen zwölf queere Männer um den Titel. Drei Folgen stehen noch aus – am 10. Februar ist das Staffelfinale und die Bekanntgabe des Gewinners. 

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