Neue Masche, hoher SchadenSo locken Betrüger Wohnungssuchende in Köln in die Falle

Lesezeit 4 Minuten
„Suche Wohnung“ steht auf einem Zettel an einer Laterne.

Die Wohnungsnot in Köln ruft auch Betrüger auf den Plan.

Die Polizei bearbeitet immer mehr Strafanzeigen – für drei junge Kölner kommen alle Warnhinweise zu spät.

Die Homepage der vermeintlichen Immobilienfirma aus Norddeutschland sieht extrem hochwertig aus, absolut professionell. Das Team inklusive dem angeblichen Geschäftsführer stellt sich mit Fotos vor, die auch einer Bilder-Rückwärtssuche im Internet standhalten: Keines der Porträtbilder erregt bei einer schnellen Recherche Verdacht, zum Beispiel weil es online schon in anderen Zusammenhängen verwendet wird. 

Nur eine Sache könnte vielleicht misstrauisch werden lassen: Zwar ist im Impressum der Website eine Telefonnummer angegeben, doch alle Anrufversuche laufen ins Leere. Aber auch dafür gibt es auf der Homepage eine Erklärung: Das Anrufaufkommen sei so hoch, dass man derzeit keinen Telefonsupport anbieten könne. Man möge sich doch stattdessen bitte per E-Mail melden.

Köln: Betrüger bieten kontaktlose Besichtigung an

Zusammengefasst: Tim B. hatte durchaus ein gutes Gefühl, als er auf einem Immobilienportal eine Wohnung in Köln-Mülheim entdeckte, die die genannte Firma zur Miete anbot. Drei Zimmer, 80 Quadratmeter, „traumhafter Rheinblick“. 1231 Euro warm, 1800 Euro Abstand für Küche, Klimaanlage und ein paar Möbel, drei Monatsmieten Kaution und die Novembermiete im Voraus – insgesamt 6724 Euro. Ein faires Angebot. Die drei Monate lange Suche nach einer WG-tauglichen Wohnung für sich, seine Freundin und seinen Kumpel schien endlich ein Ende zu haben. Dachte Tim B.

Er schrieb die Firma an, die bot einen Besichtigungstermin an – kontaktlos, das mache man so seit Corona. Auch das klang für ihn nicht unplausibel, sagt der 21 Jahre alte Tim B. heute. Zum vereinbarten Besichtigungstermin war der Wohnungsschlüssel in einem kleinen Kasten hinterlegt, der an einem Zaun gegenüber dem Haus stand. Gesichert war der Kasten mit einem Zahlenschloss, den Code hatte der angebliche Makler per Mail mitgeteilt.

Polizei Köln bearbeitet 40 Strafanzeigen – Tendenz steigend

Die drei Freunde schauten sich in Ruhe in der Wohnung um, alles entsprach den Bildern im Internet. Sie schrieben die Immobilienfirma erneut an – und erhielten den Zuschlag. Die Freunde überwiesen 6724 Euro. Zur vereinbarten Schlüsselübergabe vorige Woche Freitag erschien der Makler dann aber nicht. Stattdessen brannte in der Wohnung Licht, die drei klingelten, und es öffneten die regulären Mieter. „Sie sagten uns, wir wären heute schon die Zehnten, die hier aufkreuzten“, erzählt Tim B. Alle zehn waren auf Betrüger hereingefallen. Die angebliche Immobilienfirma in Norddeutschland gibt es gar nicht, die Homepage ist ein Fake.

Bei der Polizei in Köln sind bislang schon 40 Anzeigen wegen dieser Masche eingegangen – Tendenz steigend; vor einer Woche waren es noch 25. Die Täter scheinen derzeit in Köln ordentlich Kasse zu machen. Ob sie schon Verdächtige im Blick hat, will die Polizei mit Verweis auf laufende Ermittlungen nicht verraten, nur so viel: „Die Betrugsmaschen bei der Wohnungsanmietung sind bekannt“, sagt ein Sprecher. Mülheim ist kein Einzelfall, den 40 Opfern seien verschiedene Wohnungen in Köln scheinbar zur Miete angeboten worden.

Betrug mit Mietwohnungen: Das sagt die Polizei

Da die Täter in nahezu allen bekannt gewordenen Fällen sehr ähnlich vorgegangen sind, kann angenommen werden, dass es sich auch immer um dieselben Betrüger handelt – sicher ist das aber nicht. Auch zu dieser Frage will sich die Polizei derzeit nicht äußern.

Offensichtlich haben die Täter im Fall Tim B. die Wohnung in Mülheim selbst angemietet, möglicherweise als Untermieter für einen kurzen Zeitraum, und ihre Opfer zur Besichtigung dorthin gelockt. Sie haben eine professionelle Homepage gestaltet und Inserate auf seriösen Immobilienplattformen eingestellt.

Verbraucherzentrale gibt Tipps, wie man sich schützen kann

Bei den Verbraucherzentralen ist die Betrugsmasche bekannt, im Internet geben die Experten Hinweise, wie man sich schützen kann. Ein besonderes Alarmsignal ist demnach der Trick mit der Vorkasse: „Sobald Sie aufgefordert werden, Geld im Voraus zu bezahlen, sollten Sie skeptisch werden“, warnen die Verbraucherschützer.

Wer bereits Geld an die Betrüger überweisen hat, sollte umgehend seine Bank auffordern, die Zahlung rückgängig zu machen. Einen rechtlichen Anspruch darauf habe man allerdings nicht, betont die Verbraucherzentrale. Nur bei Zahlung per Lastschrift könne man innerhalb von acht Wochen eine Erstattung verlangen. In jedem Fall empfiehlt sich eine Strafanzeige bei der Polizei und eine Information an das betreffende Immobilienportal, um andere potenzielle Opfer zu schützen.

Für Tim B., seine Freundin und den Kumpel kommen all die Hinweise zu spät. „Das ist schon heftig, Wohnungssuchende in ihrer Notsituation so auszunutzen“, sagt er. Besonders perfide: Auf der Homepage der vermeintlichen Agentur, die immer noch im Internet zu sehen ist, prangt ein blau-gelbes Herz, daneben steht: „Wir helfen Geflüchteten bei der Unterkunftssuche.“

Tim B. und seine Freunde haben indes nicht nur mehr als 6000 Euro verloren, auch die Wohnungssuche beginnt für sie nun wieder von vorne.

KStA abonnieren