Nachhaltigkeits-DebatteKölner Behördenhäuser lieber sanieren oder neu bauen?

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Das Bundesverwaltungsamt in Köln

Das Bundesverwaltungsamt in Köln

Köln – Der Umzug des Bundesverwaltungsamts aus seiner Zentrale an der Barbarastraße in das geplante neue Büroquartier „Friedrich und Karl“ wirft in diesem Einzelfall, aber auch allgemein die Frage auf: Was passiert mit diesen großen Behördenhäusern aus den 1980er-Jahren? Sanieren? Oder abbrechen und neu bauen? Was ist nachhaltiger?

Und: Wie steht eigentlich der Denkmalschutz zu den 80er-Jahren? Das würde einen Abbruch des Hauses von 1983 mindestens verkomplizieren.

Es geht nicht nur um das Bundesverwaltungsamt in Riehl, sondern beispielsweise auch um das Justizzentrum an der Luxemburger Straße von 1981. Dort hat das Land schon den Abbruch angekündigt, um neu zu bauen. Ist mit rund 40 Jahren etwa mittlerweile das Haltbarkeitsdatum dieser Bauten abgelaufen?

Der Vorsitzende des Kölner Ablegers des Bundes Deutscher Architekten (BDA), Reinhard Angelis, fordert in der Sache „eine differenzierte Auseinandersetzung“. Angelis sagt aber auch: „Die Begeisterung für Abbruch und Neubau passt nicht mehr in die Zeit. Vor allem die öffentliche Hand hat eine Vorbildfunktion in der Frage der Nachhaltigkeit.“

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Das Bundesverwaltungsamt will ab 2025 etappenweise seine 2250 Mitarbeiter aus den vier Standorten in Köln im „Friedrich und Karl“ vereinen, 750 arbeiten in der Deutschland-Zentrale an der Barbarastraße. 2027 soll das Büroquartier von Bauwens und DuMont fertig sein.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) kümmert sich um die Immobilien der Bundesverwaltung. Sie weiß noch nicht, wie es mit der Zentrale an der Barbarastraße weitergeht: „Auch im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit prüft die BImA derzeit noch, ob das Gebäude erhalten werden kann oder doch abgebrochen wird.“

Denkbar sei, dass an dem Standort eine Bundesbehörde ihre neue Heimat findet, die bislang anderswo in Köln sitzt. Eine davon ist beispielsweise das Bundesamt für Verfassungsschutz. Es sitzt seit 1989 an der Merianstraße in Chorweiler. Noch ist die Frage aber völlig offen. „Zunächst muss geklärt werden, was genau – gegebenenfalls unter Nutzung vorhandener Substanz – neu entstehen kann“, sagte die BImA.

Das Bundesverwaltungsamt

1960 ist das Bundesverwaltungsamt, kurz BVA, gegründet worden. Die Idee dahinter: Die anderen Behörden entlasten, damit sie sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Anfangs zählte es 299 Mitarbeiter bei einem Etat von rund 50 Millionen Mark, mittlerweile sind es rund 6000 und 542 Millionen Euro.

Den ersten Sitz hatte es im heutigen Hotel Steigenberger am Rudolfplatz, zog aber 1983 in den Neubau an der Barbarastraße in Riehl. In Köln hat das Amt vier der mehr als 20 bundesweiten Standorte: 750 Mitarbeiter an der Barbarastraße, 950 an der Eupener Straße, 300 im Butzweiler Stern und 250 an der Richard-Byrd-Straße. Insgesamt sind es also 2250 Mitarbeiter.

Zu den Aufgaben zählen etwa jährlich 2,5 Millionen Visa-Anträge, die Auszahlung der Gehälter des Bundesbediensteten, die Darlehensverwaltung des BAföG oder in der Pandemie die Auszahlung der Corona-Hilfen an den Profisport.

1986 gab es ein Bombenattentat auf das Gebäude an der Barbarastraße, weil dort das zentrale Ausländerregister untergebracht war, laut BVA-Chronik bezeichneten die „revolutionären Zellen“ es als „rassistisch und totalitär“. Verletzt wurde niemand, der Sachschaden betrug 200 000 Mark. (mhe)

Professor Christoph Kuhn von der Technischen Universität Darmstadt sieht in der Frage keine einfachen Lösungen. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Entwerfen und nachhaltiges Bauen. Kuhn sagt: „Den Bestand zu erhalten sollte höchste Prämisse sein – zur Schonung und zum Erhalt der ökologischen aber auch der kulturellen Ressourcen.“

Grundsätzlich soll es laut Kuhn vor einer Entscheidung für Neubau oder Sanierung eine vergleichende Untersuchung geben, die den gesamten Lebenszyklus per Ökobilanz betrachtet. Dabei geht es um die Erstellung des Gebäudes, den Betrieb, die Weiternutzung und die Entsorgung und die Frage, wie viel Energie und Ressourcen verbraucht werden. „Dazu muss ein spezifisches Nutzungs-/Sanierungskonzept entwickelt werden, das einem Neubau gegenübergestellt wird.“

Was ist mit dem Denkmalschutz?

Laut Kuhn geht die öffentliche Hand bei ihren Bauten in der Regel so vor, lediglich die Untersuchungstiefe unterscheide sich. Kuhn sagt: „Insbesondere auch die architektonische/städtebauliche Qualität und die baukulturelle Bedeutung des Gebäudes oder Gebäudeensembles sollten bewertet werden.“

Eine entsprechende Anfrage an die Stadt Köln, ob die Architektur der 80er-Jahre nun in den Blickpunkt rückt und ob die beiden Gebäude denkmalwürdig sind, konnte die Verwaltung nicht beantworten.

Die Entscheidung, Sanierung oder Neubau, ist also keine leichte. Darauf weist auch Günter Vornholz hin. Der Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum wirbt um genaues Abwägen: „Eine Modernisierung muss nicht zwingend ökologisch sinnvoller sein, ein Neubau kann möglicherweise auch eine bessere Lösung sein.“ Das hängt laut Vornholz von vielen Faktoren ab, unter anderem dem allgemeinen Zustand des Hauses. Es sind Fragen, die die BImA nun beantworten muss.

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