Ungeklärte Schicksal der „Alhambra-Bären“Kölner begibt sich in Nippes auf Spurensuche

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Dieses  Bild von 1942 ist das vermutlich letzte, das  mit den Bären im Park aufgenommen wurde. 

Köln-Nippes – Das immer noch ungeklärte Schicksal der „Alhambra-Bären“ hat Reinhold Kruse nicht mehr losgelassen. So begab sich der Nippeser Chronist, Archivar, Stadtteilführer und Autor auf die Spuren der beiden einstigen Bronzeskulpturen, die bis vor Jahrzehnten auf zwei Mauersockeln in der Zieranlage im Inneren Grüngürtel an der Merheimer Straße standen und seitdem spurlos verschollen sind.

Zum Tag der Deutschen Einheit hatte die Bürgerinitiative „Grüne Lunge Köln“, die sich sowohl für den Erhalt der Grünanlage als auch für deren Aufwertung einsetzt, zur Kunst-Performance „Der Bär ist los“ eingeladen – dort präsentierte sie einen von Karnevals-Wagenbauer Jacques Tilly gestalteten Ersatz-Bären aus Pappmaché.

Was passierte mit den Bären?

„Die Frage hat mich aber weiter bewegt, was nun eigentlich mit den Original-Bären passiert ist“, so Kruse. „Versauern sie in irgendeinem Depot, sind sie abhanden gekommen – oder stehen sie eventuell in einem Garten herum?“ Gesichert ist: Die beiden Skulpturen sind auf alten Vorkriegs-Fotos noch im Park zu sehen. Einer der Bären spielt mit einem Ball herum, der andere leckt an einem Bienenstock. „Deshalb habe ich Marion Grams-Thieme, die stellvertretende Stadtkonservatorin gebeten, noch mal genau im städtischen Depot nachzuschauen; ein solches gibt es in Bocklemünd.“

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Die Bürgerinitiative Grüne Lunge präsentierte im Oktober einen  Ersatzbären aus Pappmaché.

Das Ergebnis der nochmaligen gründlichen Suche: Dort sind die Bären definitiv nicht mehr vorhanden. „Es zirkuliert des Weiteren die Vermutung, dass die Bären im Krieg abmontiert wurden, um Metall für die Rüstungsproduktion zu gewinnen“, erläutert Kruse. „Ein älterer Herr meinte nämlich einmal auf einer meiner Nippes-Führungen zu mir, er könne sich dunkel daran erinnern, dass die Bären damals abtransportiert wurden. Ich hatte die Aussage bis dahin immer leicht angezweifelt.“

Metallsammelaktionen

Von 1940 an gab es nämlich organisierte Metallsammel-Aktionen im nationalsozialistischen Deutschland, bei der vereinzelt sogar Kirchengemeinden ihre Glocken stifteten.

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Die junge Wilma Schröer im Jahr 1929 neben der Bärenskulptur. 

Auch dieser Spur ging er nach: Das NS-Dokumentationszentrum, das er zu dem Zweck angefragt hatte, konnte zwar ebenfalls nicht mit Unterlagen oder Dokumente über den Verbleib oder einen etwaigen Abtransport der Bären dienen; man gab Kruse jedoch dort den Tipp, einmal im Rheinischen Bildarchiv nachzuschauen.

Treffer in Online-Datenbank

Und dort landete er schließlich einen unverhofften Treffer: Auf einem Foto in der Online-Datenbank „Kulturelles Erbe Köln“ des Archives am Appellhofplatz, datiert aufs Jahr 1943, sieht man die beiden Bären direkt nebeneinander in einer Regalwand, offensichtlich in einem Depot eingelagert. „Vermutlich ist es das letzte Foto der Bären“, ist sich Kruse ziemlich sicher.

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Vom 19. Juni 1944 datiert schließlich noch ein von Kruse aufgestöberter Aufsatz, der damals in einer Zeitung erschienen war und sich auf literarische Weise mit den einstigen Bären im Inneren Grüngürtel beschäftigte. Der Artikel „Der Bär in der Nippeser Schweiz“ schließt mit den Worten: „ … wo er hoffentlich noch sitzt, wenn ihm nichts passiert ist“. „Offenbar wollte man die Leser schonend darauf vorbereiten, dass die Bären weg sind“, vermutet Kruse. „Denn es ist ja nicht plausibel, dass sie aus dem Depot, wo sie 1943 unzweifelhaft noch standen, mitten in der Endphase des Krieges wieder herausgeholt und im Park aufgestellt wurden.“

Und er ergänzt: „Die Ergebnisse meiner Recherche harmonieren mit meiner Vermutung, dass die Bären während der Kriegszeit abmontiert wurden. Auch wenn wir es nicht zu 100 Prozent belegen können, verdichten sich die Hinweise, dass sie in die Metallsammlung gegeben wurden.“

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