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„Ich wollte unbedingt arbeiten“Kölner Verein bietet Betreuung für Kinder von Alleinerziehenden an

Lesezeit 3 Minuten
Die Mutter und deren Betreuerin stehen Arm in Arm in einem Park.

Adetoun Eyelade (l.) und ihre Betreuerin Cansu Keskin verstehen sich bestens.

Eine Aus- oder Weiterbildung kann als alleinerziehendes Elternteil herausfordernd sein. Durch dieses Pilotprojekt gibt es Hilfe.

Über die Monate und Jahre sind Adetoun Eyelade und ihre Betreuerin Cansu Keskin zu einem guten Team geworden. Die beiden Frauen verstehen sich blendend, und auch die beiden heute elf- und achtjährigen Söhne von Adetoun Eyelade kommen bestens mit ihrer Teilzeit-Betreuerin zurecht.

Kölner Verein bietet Betreuung für Kinder von Alleinerziehenden

Beide haben sich über das Programm „Sonne, Mond und Sterne“ des Integrations- und Qualifizierungsvereins „Zug um Zug“ gefunden, der in Nippes außerdem Träger des Bürgerzentrums ist. Das Programm bietet für Alleinerziehende, die sich in einer Aus- oder Weiterbildung befinden, eine ehrenamtliche, ergänzende Randzeiten-Betreuung für Kinder an – sie werden vor oder nach der Schule oder dem Kindergarten betreut.

Hierzu kommen die ehrenamtlichen Kräfte wie Keskin in den Haushalt der Alleinerziehenden, schauen dort nach den Kindern, bis es für diese an der Zeit ist, sich auf den Schulweg zu machen. Auf diese Weise scheitert der berufliche Neubeginn nicht an der fehlenden Kinderbetreuung, wenn die Arbeitsstelle mit Schichtarbeit verbunden ist. „Unser Verhältnis ist super, auch wenn wir uns manchmal eine Woche lang nicht sehen“, erzählt Eyelade.

Ein Pionier-Projekt aus Köln: „Sonne, Mond und Sterne“

17 Familien mit Kindern bis zum Alter von zwölf Jahren werden durch das über die Arbeitsmarkt-Förderung der Stadt finanzierte Programm derzeit betreut; die ehrenamtlichen Kräfte erhalten 14 Euro pro Stunde als Aufwandsentschädigung. Das Angebot hat eine Pionier-Funktion: Ein vergleichbares Projekt gibt es lediglich in Essen.

„Ich habe früher als Babysitterin und Au-pair-Mädchen gearbeitet“, erinnert sich Keskin. „Damals war ich eher zufällig auf die Annonce gestoßen. Durch eine ungeplante Arbeitslosigkeit hatte ich auf einmal auch morgens Zeit, und da passte es einfach.“ Sie fing im „Sonne, Mond und Sterne“-Team an; das Kennenlernen mit ihrer zu betreuenden Familie, den Eyelades, lief super. „Es hat direkt Klick gemacht zwischen uns. Und als ich dann wieder eine Arbeit gefunden hatte, wollte ich Adetoun nicht im Stich lassen und machte weiter.“

Ich kenne viele Frauen, die ihre Ausbildung abbrechen mussten, weil es mit der Kinderbetreuung bei ihnen nicht funktionierte
Adetoun Eyelade, Mutter und Auszubildende

Adetoun Eyelade lebt mit ihren Kindern alleine in Köln, im Viertel hinter dem Südbahnhof. Sämtliche Angehörigen von ihr leben in ihrem Herkunftsland Nigeria. „Ich wollte unbedingt arbeiten und nicht von den Steuern anderer Menschen leben. Die Sachbearbeiterin beim Jobcenter gab mir den Tipp, mich an Zug um Zug zu wenden.“

Heute macht sie eine Ausbildung zur Pflegefachkraft in einem Seniorenheim, im vergangenen Sommer legte sie ihre Zwischenprüfung ab; um sie zu dieser Zeit in ihrem Lernstress zu entlasten, machte Keskin Ausflüge mit den Jungs. „Ich kenne viele Frauen, die ihre Ausbildung abbrechen mussten, weil es mit der Kinderbetreuung bei ihnen nicht funktionierte“, betont Eyelade.

Verein „Zug um Zug“ sucht weitere ehrenamtliche Kräfte

Doch nicht nur in aller Frühe sind die Ehrenamtlichen im Einsatz. „Es betrifft nicht immer die frühen Morgenstunden, sondern beispielsweise auch schon mal den Nachmittag oder Abend. Es wird immer abgesprochen und geschaut, wie der Bedarf ist, etwa bei Blockunterricht in der Berufsschule oder wechselnden Schichten“, erläutert die sozialpädagogische Fachkraft Natalia Jorasch, die das Programm vom Zug-um-Zug-Standort Deutz aus betreut.

Im Sommer will Eyelade ihre Abschlussprüfung geschafft haben und dann examinierte Pflegefachkraft sein. Doch auch dann werde sie mit der Betreuerin weiter Kontakt haben und sich sehen – das steht für beide fest: „Man hat Geburtstage zusammen erlebt, Feiertage… das verbindet einen“, findet Keskin.

Sowohl Alleinerziehende mit Betreuungsbedarf als auch ehrenamtliche Kräfte in jedem Alter können sich für das Programm melden. Einzige Voraussetzungen sind Spaß an der Arbeit mit Kindern, Empathie, Kommunikationsfähigkeit und eine gewisse zeitliche Flexibilität; eigene Erfahrungen in der Kindererziehung sind gerne gesehen, aber keine Voraussetzung. Außerdem ist ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis notwendig, die Kosten hierfür übernimmt Zug um Zug.


Projektbetreuerin Natalia Jorasch ist unter Telefon 01578/2201227 oder per E-Mail erreichbar: Natalia.Jorasch@zugumzug.org