Ostern in Corona-ZeitenLange Schlangen und kreative Wege am Karsamstag in Köln

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Kunden stehen Schlange vor einer Metzgerei auf der Neusser Straße

Köln – Pfarrer Peter Seul sperrt das Kirchenschiff der Sankt Agnes Kirche nach dem Impulsgottesdienst am Karsamstagmorgen ab. Er will sich auf die Messe zur Feier der Osternacht vorbereiten, die um 22 Uhr angesetzt ist. Dabei trägt er eine medizinische Maske, und läuft anschließend zurück in Richtung Altar. Vorbei an langen Bänken, die mit roten oder grünen Punkten beklebt sind, um sichere Sitzplätze auszuweisen.

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Rote und Grüne Punkte kleben auf den Sitzbänken in der Agneskirche.

Seul ist seit drei Jahren Pfarrer der Gemeinde, 2019 hat er Ostern noch ohne Pandemie erlebt, 2021 feiert er bereits sein zweites Osterfest unter Einfluss des Coronavirus. „Im letzten Jahr durften wir gar keine Gottesdienste feiern, dieses Mal können immerhin 120 Menschen kommen. Wir haben das Glück, eine große Kirche zu haben“, sagt er. Zum Impulsgottesdienst um neun Uhr morgens sind zehn Personen gekommen, im offenen Vorraum der Kirche brennt noch ein Teelicht, am Altar erinnern selbstgebastelte Papierblumen an die Kommunionkinder. „Die Begegnung mit den Menschen fehlt, aber ich bin sehr dankbar, dass wir nach der Debatte um die Osterruhe überhaupt Messen abhalten dürfen“, sagt Seul.

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Pfarrer Säuel in der Agneskirche

Kreative Wege, um Ostern zu feiern in Zeiten der Pandemie

Die Pfarrei hat sich pandemiebedingt kreative Wege überlegt, um mit den Kölnern Ostern zu feiern: Im Vorraum steht eine kleine Mauer aus löchrigen Backsteinen, in die Mitbürger Zettel mit ihren Sorgen und Wünschen stecken können. Und die Gemeinde verschenkt Tüten mit der Ostergeschichte und Palmenzweigen. „Die Tüten haben wir schon letztes Jahr verteilt, denn wir merken, dass die Menschen solche Signale schätzen. Viele kommen, um mit mir über den Tod oder Existenzängste zu sprechen. Es ist wichtig, zu zeigen, dass den Menschen hier zugehört wird.“ Dem Pfarrer sind neben den ständigen Gemeindemitgliedern auch neue Gesichter während der Messen aufgefallen. „In meiner Predigt heute Abend will ich allen Hoffnung und Zuversicht vermitteln.“

Luisa P. besucht eher selten Messen, schätzt die offene Kirche aber sehr. Auch ohne Messe spendet sie ihr Trost: „Ich bin nur eben schnell rein, einfach um auch an Ostern ‚danke‘ zu sagen. Dafür, dass es mir gut geht und dass meine 86-jährige Mutter gesund ist.“ Den Karsamstag will die 57-Jährige bei ihrer Mutter verbringen, Sankt Agnes lag auf dem Weg.

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Luisa P.

Die Sonne scheint am Samstagvormittag über dem Agnesviertel, und viele Veedelsbewohner stehen bereits Schlange; vor der Buchhandlung, der Bäckerei, dem Blumenladen. So auch Christoph Klement. Er wartet als Elfter in der Schlange einer Metzgerei: „Freitag gab es bei uns kein Fleisch, aber heute gibt es Geschnetzeltes und morgen Rinderroulade. Wir haben beides hier vorbestellt. Meine Frau und ich feiern sonst mit unseren Familien, aber dieses Jahr feiern wir wie letztes Jahr, allein.“ Auch in die Messe werden sie nicht gehen. Stattdessen steht gemeinsames Kochen und Spazierengehen an. „Das ist den Umständen entsprechend auch total in Ordnung. Ich versuche ein Auge auf die Freunde zu haben, die keine Partnerin haben, und allein sind. Ich glaube, die haben es zurzeit am schwersten.“

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Carolin C. ist an Karsamstag aus Hamm in eine Einzimmerwohnung gezogen, und steht vor der Boulangerie auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Sie freut sich auf ihre neue Kölner Wohnung, und wartet auf ihre Freundin und Umzugshelferin, die Macarons und Kaffee für das Frühstück kauft.

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Carolin C.

„Es hat etwas gedauert, sich an die Pandemie zu gewöhnen, aber inzwischen weiß ich, dass ich auch allein klarkommen werde“, sagt de 28-jährige. Für Ostersonntag fährt sie aber noch einmal zu ihrer Familie: „Lange Wochenenden verbringen wir eigentlich immer zusammen, da soll auch Ostern keine Ausnahme sein.“

„Könnten alle frei reisen wäre hier auch bestimmt weniger los“, sagt Yannik Bürger, Inhaber des Fischgeschäfts „Pescado“, drei Häuser weiter. Der Morgen läuft ruhig an, doch er rechnet mit mehr Kunden ab Mittag: „Für die Osterzeit haben wir doppelt so viel Fisch bestellt, wie sonst. Allein für den Donnerstag hatten rund 100 Kunden Fisch vorbestellt“, sagt er.

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Im Fischgeschäft Pescado

Durch den Lockdown und die Festtage würden Kölner mehr ausprobieren – auch in der Küche. Austern, Rotbarsch und Winterkabeljau seien besonders gefragt. „Zugegeben, privat gibt es bei uns an Karsamstag Lamm, aber das hat mit Familientradition zu tun. Viele unserer Kunden freuen sich, dass wir Ihnen zur Osterzeit eine Alternative zu Fleisch bieten.“

Kölner kaufen auch letzte Ostergeschenke

Allgemein kaufen die Kölner an diesem Samstag nicht nur Lebensmitteln. Viele nutzen den Tag auch, um noch letzte Ostergeschenke zu kaufen. Ein Rentner wartet vor der Agnes-Buchhandlung auf ein Sachbuch für seinen Sohn, das er per Telefon zur Abholung bestellt hat. Eine Mutter kauft ihren beiden Kindern Lesebücher zu Ostern, die Sonntag im Garten versteckt werden. „Mit dem Prinzip der Abholung hier fühle ich mich sicher, aber später muss ich noch in den Supermarkt, die werden heute garantiert voll sein“, sagt sie, und beschreibt ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken.

Dass keine Osterruhe beschlossen wurde, findet die Kölnerin aber gut. Sie hätte befürchtet, dass sonst noch viel mehr Leute an Karsamstag einkaufen gegangen wären. „Hauptsache, wir bleiben alle gesund. Aber dass wir Ostern zweimal im Lockdown feiern würden, hätte ich nicht gedacht.“

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