Unfallbilanz 2022So viele alkoholisierte Rad- und E-Scooter-Fahrer wie nie zuvor in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Eine Fahrradfahrerin auf der Zülpicher Straße zwischen Mensa und Zülpicher Wall.

Auf der Zülpicher Straße zwischen den KVB-Schienen ist die Unfallgefahr für Radfahrer besonders hoch. Erst recht, wenn sie alkoholisiert sind. (Symbolfoto).

Die Verkehrsunfallstatistik der Polizei für 2022 birgt neben negativen Entwicklungen auch eine überraschend positive.

Obwohl nach Corona das Leben längst in die Stadt und auf die Straßen zurückgekehrt ist, blieb die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle in Köln voriges Jahr im Vergleich zu 2021 nahezu unverändert – wenngleich die Zahl der Verletzten um 16 Prozent auf 5225 gestiegen ist.

35.733 Unfälle im Vorjahr waren zudem nur wenig mehr als 2020 (33.745), aber deutlich weniger als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 (41.440). 

Das ist eine der überraschenden und wenigen eher positiven Entwicklungen der diesjährigen Unfallstatistik der Polizei Köln. Zum Vergleich: Die Zahl der Straftaten in der Stadt war nach den Corona-Jahren zuletzt nahezu explodiert. Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Unfallstatistik:

Fast doppelt so viele Tote

13 Menschen starben voriges Jahr bei Verkehrsunfällen in Köln. 2021 waren es sieben. Neun der 13 tödlich Verunglückten waren älter als 65 Jahre. Auch deshalb will die Polizei in diesem Jahr einen ihrer Schwerpunkte auf die Präventionsarbeit mit Seniorinnen und Senioren legen – unter anderem mit Rollator-Übungsparcours. Von den Todesopfern waren sechs mit dem Fahrrad unterwegs und fünf zu Fuß. 

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Die Hauptunfallursachen könne man unter den Stichworten Unvermögen und Unvernunft zusammenfassen, sagte Polizeipräsident Falk Schnabel, manchmal auch beides zusammen. Er richtete einen Appell an alle Verkehrsteilnehmer, nicht immer nur darauf zu schauen, was andere falsch machen. Man sollte nicht nur auf das eigene Recht bestehen, sondern anderen auch ihr Recht gewähren, sagte Schnabel. „Dann kommen alle sicherer ans Ziel.“

Mehr Unfälle durch Alkohol

319 Menschen wurden durch Unfälle verletzt, bei denen mindestens einer der Beteiligten alkoholisiert war. Dabei stellt die Polizei fest, dass die „klassische Trunkenheitsfahrt“ im Auto immer seltener vorkomme, wie  der Leiter der Verkehrsdirektion, Frank Wißbaum, berichtet. Die Zahl der Radfahrer und E-Scooter-Fahrer dagegen, die alkoholisiert unterwegs sind, steige „durch die Decke“.

Gründe dafür könnten sein, so Wißbaum, dass so mancher oder manche gar nicht wisse, dass Alkohol etwa auf einem Elektroroller verboten sei. „Oder aber man denkt sich: Naja, es wird schon gut gehen.“ Dass aber schnell auch der Führerschein weg ist, wenn man betrunken Fahrrad oder E-Scooter fährt und erwischt wird, habe sich wohl noch immer nicht überall herumgesprochen, ergänzte Schnabel.

Mehr verunglückte Radfahrer – vor allem E-Bike-Fahrer

Fast sechs verunglückte Fahrradfahrer oder -fahrerinnen pro Tag – auch dies ist ein Negativrekord der vergangenen Jahre. 2081 wurden verletzt, 20 Prozent mehr als 2021. Die meisten Radler verunglückten in Ehrenfeld, Sülz und Lindenthal. Nicht in wenigen Fällen, sagte Wißbaum, hätten die Radfahrer die Ursachen selbst gesetzt, genauer gesagt: in knapp 60 Prozent aller Fälle. Vor allem auf der Zülpicher Straße, der Berrenrather Straße und auf dem Höninger Weg gerieten Radfahrerinnen und Radfahrer häufig in die Schienen der KVB und stürzten. Waren Autofahrer die Verursacher, dann vor allem weil sie Fehler beim Abbiegen machten oder die Vorfahrt missachteten.

So viele verunglückte E-Bike-Fahrer wie im Vorjahr gab es in Köln noch nie: Insgesamt 276, das sind 55 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Einer kam ums Leben. Allerdings waren auch nie so viele E-Bikes auf den Straßen unterwegs wie derzeit – Tendenz weiter steigend. Bundesweit wurden voriges Jahr 1,1 Millionen Elektrofahrräder verkauft und nur noch 580.000 konventionelle Fahrräder. Jedem zweiten Unfall mit einem E-Bike in Köln sei 2022 ein Abbiege-Fehler eines Autofahrers vorausgegangen, sagte Schnabel. Autofahrer müssten sich offenbar erst noch daran gewöhnen, dass Zweiräder immer schneller unterwegs seien.

Viele Unfälle mit E-Scootern in der City

Die meisten Unfälle mit E-Scootern geschehen in der Innenstadt – keine große Überraschung, denn dort sind auch besonders viele E-Roller verfügbar. Außerdem steigen nach Erkenntnissen der Polizei vor allem in den Partyzonen auf den Ringen viele Fahrerinnen und Fahrer betrunken auf die Scooter. Glimpflich ging voriges Jahr eine besonders waghalsige Aktion aus: Ein junger Mann wurde auf dem Standstreifen der Autobahn 57 auf einem E-Roller gesichtet – er war auf dem Heimweg von Köln nach Düsseldorf. Die Polizei begleitete ihn unverletzt von der Autobahn.

Entwicklung auf den Autobahnen

Auf den Autobahnen in und um Köln gab es 2022 mit 9880 etwas weniger Unfälle als 2021, allerdings wurden 1714 Menschen verletzt, das sind zwölf Prozent mehr. Zehn Menschen starben. Hauptunfallursachen waren zu hohe Geschwindigkeit und zu geringer Abstand. 

KStA abonnieren