„Ein Hund war uns zu gewöhnlich“Zwei Kölner leben mit Hausschwein Chewi in Zündorf

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Chewi Schewin

Schwein Chewi lebt in Köln-Zündorf.

Köln-Zündorf – Immer wieder bleiben Passanten an einem Gartenzaun im Zündorfer Nelkenweg stehen und staunen: Im Vorgarten der Hausnummer 42 liegt ein ausgewachsenes Schwein und lässt sich die Sonne auf den Hängebauch scheinen. Der üppige Paarhufer ist das Haustier von Anika Wollenberg und Manuel Meyer, hören tut er auf den Namen Chewi – angelehnt an Chewbacca, eine Figur aus den Star Wars-Filmen: „Wir haben uns Chewi im Oktober geholt, weil ich einen Grund haben wollte, während des Lockdowns öfters raus zu gehen“, erzählt Anika.

Und was eignet sich besser, um den inneren Schweinehund zu überwinden, als ein Schwein? „Ein Hund war uns zu gewöhnlich. Da haben wir Chewi über das Internet entdeckt und ganz spontan abgeholt“, so die 32-Jährige weiter.

Angeblich ein Minischwein 

Damals war das Borstentier gerade einmal drei Monate alt und passte noch in eine Klappbox - ein zierliches Ferkel von 20 Kilo. Der Verkäufer hatte Chewi als Minischwein ausgegeben, dann aber wurde er immer größer: „Es stellte sich heraus, dass er ein Mischling aus Hängebauch- und Wildschwein ist“, berichtet Manuel, „da waren wir natürlich erst einmal perplex.“

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Die Nachbarn im Nelkenweg haben sich an Chewi gewöhnt.

Zurückgeben wollten die beiden ihr neues Haustier aber nicht. Inzwischen ist Chewi einen Meter lang, hat einen Bauchumfang von 70 Zentimetern und bringt rund 90 Kilogramm auf die Waage: „Früher sind wir oft mit ihm Gassi gegangen, aber mittlerweile passt ihm kein Halsband mehr“, so Anika. Deswegen liegt Chewi nun zumeist herum und frisst - denn ohne die entsprechende Ernährung ist ein solch stolzes Gewicht natürlich nicht zu halten.

Chewis Lieblingsgericht

Chewis Leibspeise sind dabei Haferflocken, von denen er sich täglich drei Kilo einverleibt. Serviert wird ihm das Getreide mit Gemüse und Tzatziki in einer Auflaufform, weil sein Kopf für einen normalen Fressnapf zu groß geworden ist.

Da Haferflocken aber viele Ballaststoffe enthalten und diese die Verdauung anregen, muss Chewi bis zu drei Mal pro Tag sein Geschäft erledigen - und wie man sich das bei einem Schwein seiner Größe vorstellen kann, reichen Hundekotbeutel nicht aus, um die Häufchen einzusammeln: „Tatsächlich müssen wir dafür große Mülltüten zur Hand nehmen“, erzählt Anika lachend: „Zum Glück aber war Chewi schon nach zwei Tagen bei uns stubenrein – da haben wir das Katzenklo umsonst gekauft.“

Anika arbeitet für eine Jobvermittlung, Manuel betreibt einen Onlinehandel für Büroartikel: „Wenn man aber mit einem Kunden telefoniert ist es nicht förderlich, wenn im Hintergrund ein Schwein am Grunzen ist“, erzählt der 35-Jährige.

Ein richtiger Dickkopf

Daher hat er seine berufliche Tätigkeit nun etwas zurück geschraubt, um mehr Zeit für Chewi zu haben: „Es ist so, als wäre plötzlich ein Kind im Haus“, sagt Manuel, „die Prioritäten haben sich komplett geändert: Das Schwein kommt immer an erster Stelle.“

Und so wie kleine Kinder manchmal bockig sind, ist auch Chewi ein ausgesprochener Dickkopf: Um das Schwein zu transportieren, haben sich Anika und Manuel extra einen Kombi gekauft und eine Rampe gebaut. In den Kofferraum klettert er aber freiwillig nicht: „Wenn er unsere Aufmerksamkeit will, dann knabbert er auch unsere Schnürsenkel an“, schildert Anika, während Chewi sich an ihren Turnschuhen gütlich tut: „Manchmal fragen wir uns, ob Schweine nicht doch anstrengender als Kinder sind.“

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Anika Wollenberg und Chewi, ein Mix aus Mini- und Wildschwein

Morgens kommt er ans Bett

Ansonsten ist der Alltag mit dem 90-Kilo Eber jedoch überraschend gemütlich: „Chewi schläft unter dem Schreibtisch, aber kommt morgens ans Bett, grunzt und leckt einem die Hand ab“, erzählt Manuel, „dann will er etwas essen, danach wird gekuschelt und gespielt.“ Am liebsten spielt Chewi fangen im Vorgarten: „Er rempelt uns dann an und läuft weg, dann müssen wir ihn anstupsen und er läuft uns wieder hinterher - dabei ist er trotz seiner 90 Kilo richtig flott auf den Beinen.“

Und tatsächlich wird davon auch eine Passantin Zeugin, als sie Chewi mit ihrem Smartphone filmen will: Ein grollendes Grunzen und dann setzt der Eber seine Kilos in wackelnde Bewegung - ein Anblick, welcher der Spaziergängerin einen erschrockenen Ruf entweichen lässt: „Er ist manchmal etwas launisch“, gestehen Anika und Manuel. Aber bei einer solchen Aufmerksamkeit sind gewisse Starallüren wohl auch entschuldbar.

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Außerdem ist Chewi heute vergleichsweise entspannt. Als der ausladende Eber etwa geschlechtsreif wurde, hat er seine Besitzer ordentlich auf Trab gehalten: „Wenn kein Weibchen zur Paarung in der Nähe ist, machen Schweine wirklich vor gar nichts halt“, weiß Anika zu berichten: „Da hat er uns die ganze Wohnung auf den Kopf gestellt und wir mussten ihn kastrieren lassen.“

Für die Nachbarn des Mehrfamilienhauses war der schweinische Zuwachs zwar zunächst etwas befremdlich, dennoch seien die Reaktionen positiv gewesen: „Es haben sich nur ein paar Nachbarn beschwert, einer hat Chewi aber sogar getreten“, erzählt Manuel. Mit der Zeit wurde der grunzende Mitbewohner des Pärchens jedoch auch ihrem Vermieter ein Dorn im Auge - immerhin gräbt sich Chewi Erdkuhlen in den Vorgarten, um es sich in ihnen gemütlich zu machen: „Der Hausbesitzer wollte uns dann leider loswerden“, berichtet Manuel. 

Zu klein für Schwein Chewi: Kölner finden neues Heim in Rheinland-Pfalz

Also suchten sich die beiden eine neue Bleibe für sich und ihr ungewöhnliches Haustier. Ihre 70 Quadratmeter Kellerwohnung sei ohnehin zu klein für das Schwein geworden, erzählen sie. Gefunden haben sie ihr neues Heim in Rheinland-Pfalz. Dort wartet auf die drei nun ein freistehendes Haus mit einem großen Grundstück: „Da hat Chewi dann genug Platz und stört niemanden“, erklären Anika und Manuel.

Trotz der Anstrengungen, die das Schwein seinen Besitzern abverlangt, hat das Paar seine Entscheidung im Übrigen nie bereut: „Wir haben ihn uns geholt und jetzt müssen wir auch die Verantwortung für ihn tragen“, sagt Anika. Einmal in Rheinland-Pfalz angekommen, wollen sich die beiden sogar noch eines zweites Hausschwein anschaffen, damit Chewi nicht so alleine ist. „Wir haben ihn jetzt die nächsten 20 Jahre an der Backe“, witzelt Manuel, „da soll er sich natürlich sauwohl fühlen.“

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