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Mordfall Seckin CaglarPolizei Köln will wohl hunderte Männer zum Speicheltest bitten

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Caglar 1

Bestatter bergen im Oktober 1991 die Leiche der ermordeten Seckin Caglar

Köln – Seckin Caglar ist 16 Jahre alt, als ein Mann sie an einem Donnerstagabend im Herbst 1991 in Köln-Poll nahe der Autobahn 4 in ein Gebüsch zerrt, vergewaltigt, tötet und ihre Leiche liegen lässt. Seckins Familie, die sich Sorgen macht, weil die Auszubildende nicht nach Hause gekommen ist, findet ihren Körper am nächsten Tag. 31 Jahre ist das Verbrechen also inzwischen her, aber der Täter läuft bis heute frei herum. Nun könnte neuer Schwung in die Ermittlungen kommen.

Denn die Polizei Köln will den Fall noch einmal aufrollen. Voraussichtlich im nächsten Jahr könnten mehrere hundert Männer Post von der Mordkommission bekommen. Sie alle eint, dass sie im Oktober 1991 in der Nähe des damaligen Tatortes gewohnt oder gearbeitet haben und seinerzeit nicht älter waren als 40 Jahre. Die Polizei möchte die Männer bald zum Speicheltest bitten. Denn aus Sicht der Ermittler spricht einiges dafür, dass der Täter zumindest damals in der unmittelbaren oder erweiterten Nachbarschaft seines Opfers gelebt oder gearbeitet haben könnte. „Es handelt sich mehr oder weniger um ein geschlossenes Wohngebiet“, sagt Markus Weber von der Kölner Mordkommission.

Köln: Ermittler müssen Schrift auf 30 Jahre alten Dokumente entziffern

Das Problem sei aber zunächst einmal, die Daten von damals wieder nutzbar zu machen. „Das nimmt enorm viel Zeit in Anspruch“, sagt Weber. Die Namen und Adressen aller Männer, die für die DNA-Reihenuntersuchung infrage kommen, stehen zwar in den Ermittlungsakten, allerdings auf inzwischen mehr als 30 Jahre altem Papier. „Das ist teilweise nur noch schwer zu lesen“, sagt Weber. Beamte der Mordkommission sind derzeit damit beschäftigt, die Daten zu entziffern und händisch in eine PC-Software zu übertragen. Viele der Männer leben heute längst woanders, ihre Anschriften müssen erst ermittelt werden. Andere sind schon tot, unter ihnen möglicherweise auch der Täter. Andernfalls wäre er heute wohl in einem Alter zwischen 45 und 70 Jahren.

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An der Leiche von Seckin Caglar fand die Spurensicherung damals „tatrelevante Spuren“, wie Weber heute sagt. Tiefer möchte er nicht ins Detail gehen. Aber die Polizei geht davon aus, dass sie – auch dank neuer Analysemethoden – die DNA des Mörders kennt. Nur findet sich in der polizeilichen Datenbank weiterhin kein Treffer, der auf eine konkrete Person weist.

Seckin Caglar hatte am 16. Oktober 1991 um 18.40 Uhr ihre Arbeitsstelle in einem Coop-Supermarkt an der Siegburger Straße verlassen. Üblicherweise fuhr sie mit der Linie 7 von der Station „Salmstraße“ bis „Poll-Autobahn“, um von dort zur Wohnung der Eltern zu gehen. Die Haltestelle wurde drei Jahre nach dem Mord, der seinerzeit für große Verunsicherung in Poll gesorgt hatte, um 600 Meter weiter in Richtung Norden verlegt und heißt heute „Baumschulenweg“.

Der inzwischen verstorbene Kölner Staatsanwalt Karl Utermann hatte sich schon 2002 optimistisch gezeigt, dass die Polizei den Täter eines Tages überführt. „Den kriegen wir“, hatte Utermann im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. „Wir haben so viele Spuren gesichert. Eines Tages wird der wieder auffällig und bleibt im Raster hängen." Bis heute ist das nicht geschehen. Der geplante Massenspeicheltest könnte nun noch einmal für neue Hoffnung sorgen.

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