„Getan hat sich nichts“Porzer Politiker sind genervt von Untätigkeit der Verwaltung

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Radfahrer und Fußgänger sind auf einem Weg neben einer Grünfläche unterwegs.

Die Führung des Rad- und Fußwegs am Rheinboulevard ist ein Thema, bei dem sich die Verwaltung nicht nach den Wünschen der Porzer richtet

Eine besondere Lektüre hat sich Dieter Redlin, Fraktionschef der Grünen besorgt: Eine Übersicht über erledigte und unerledigte Anträge der Bezirksvertretung Porz. 

Der Lesestoff stammt dabei nicht aus der Buchhandlung, sondern aus dem Ratsinformationssystem der Stadt. Doch Lesevergnügen will bei dem Fraktionschef der Grünen in der Bezirksvertretung Porz da nicht aufkommen.  136 DIN A4-Seiten hat das System ausgespuckt. Auf denen sind die unerledigten Anträge der Bezirksvertretung Porz gelistet, die seit der Kommunalwahl von der Porzer Politik verabschiedet worden sind. Angesichts dieser Masse kann Redlin nur mit dem Kopf schütteln. „Das ist echte Realsatire“, schimpft der Grünenpolitiker und fragt sich, warum die Bezirksvertreterinnen und -vertreter überhaupt noch Zeit in das Ehrenamt investieren sollten. Die von Oberbürgermeisterin Henriette Reker propagierte Stärkung der Bezirke – „davon sehe ich nichts“, sagt Redlin. Für ihn erhärtet sich der Eindruck, als sei die Bezirksvertretung nur eines: „Unangenehm für die Verwaltung.“

Anders könne er sich nicht erklären, dass so viele Beschlüsse nicht umgesetzt worden sind. Dabei höre die Politik doch ständig Sätze wie „das nehmen wir mit“. Doch von solchen Aussagen könne sich die Bezirksvertretung Porz nichts kaufen, Taten folgten darauf kaum. In dem Zusammenhang zitiert Redlin Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Doch davon sei man innerhalb der Kölner Verwaltung weit entfernt.

Zusätzlich Kritik an „erledigten“ Anträgen

Immerhin:  Den 136 Seiten mit nicht erledigten Anträgen stehen 25 Seiten erledigte zu Buche. Doch auch hier will bei Redlin keine Freude aufkommen. Denn viele Dinge seien nicht im Sinne der Bezirksvertretung (BV) umgesetzt. Als Beispiel nennt er den Rheinboulevard. Hier hat die Politik gefordert, den Rad- und Fußverkehr bei dem Großprojekt künftig zu trennen. Die Radlerinnen und Radler im Bereich der denkmalgeschützten Lindenallee fernzuhalten und anders zu führen.

Doch die Planungen sehen jetzt anders aus. Nun sollen Fußgängerinnen und Fußgänger direkt am Rhein entlang geführt werden und Menschen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, einen breiteren Weg nutzen können, als es ihn jetzt schon gibt. Ob da künftig Rad- und Fußverkehr dann getrennt voneinander sind, bezweifelt Redlin. Die Stadtverwaltung scheint Geld lieber in Planungsbüros zu stecken und deren Ideen umsetzen zu wollen, meint er. Das Problem: „Über das Ortsbild entscheiden Leute, die hier nicht wohnen oder wohnen werden.“

SPD sieht Problem für die Demokratie

Simon Bujanowski, Fraktionschef der SPD in der BV Porz, kann die Frustration bei Mitgliedern der Bezirksvertretung und bei den Bürgerinnen und Bürgern angesichts der vielen unerledigten Beschlüsse verstehen. „Die Bürgerinnen und Bürger wenden sich mit Fragen und Problemen an uns, die wir als Anträge in die Verwaltung geben.“ Wenn die „systematisch missachtet werden“ sei das ein Problem für die Demokratie, so Bujanowski. Als ein Beispiel nennt der SPD-Fraktionschef die Probleme mit Elterntaxis an der Grundschule an der Poller Hauptstraße. Hier habe es monatelang gedauert, bis es mit der Verwaltung überhaupt zu einem Ortstermin gekommen sei.

 Ein anderes Beispiel sei die Forderung nach einer barrierefreien Querungshilfe auf der André-Citroën-Straße, in der Nähe der Einmündung Hans-Kalscheuer-Straße in Westhoven. „Der Beschluss ist von 2022, getan hat sich bis jetzt noch nichts“, kritisiert Bujanowski. Dabei sei der Übergang wichtig, da es im Gewerbegebiet Westhoven Werkstätten gebe, wo Menschen mit Behinderungen arbeiten. „Deswegen haben wir in der letzten BV-Sitzung in 2023, die Querungshilfe erneut gefordert“, betont Bujanowski. Doch es können doch nicht sein, dass man immer wieder Anträge stellen müsste, dass alte Beschlüsse endlich umgesetzt werden. 

Das Verkehrsdezernat ist eine Katastrophe.
Stefan Götz, Fraktionschef der CDU in der Bezirksvertretung Porz

Ein Grundproblem sieht Simon Bujanowski darin, dass die BV kein eigenständiges Budget zur Verfügung habe. Als Beispiel nennt er Straßenbaumaßnahmen. Aus seiner Sicht sei es sinnvoller, die BV würde im Jahr zehn Baumaßnahmen nennen, von denen dann garantiert sei, dass sie im Rahmen des vorhandenen Budgets auch umgesetzt werden. Derzeit sei es ein Wunschkonzert.  „Gefühlt werden unsere Vorschläge und Forderungen von der Verwaltung auf einen Stapel gelegt, der nicht abgearbeitet wird.“

Auf diesem Stapel liegt wohl auch das Thema Leinpfad. Seit Jahren schon fordert die Politik hier eine Lösung, sagt Stefan Götz, Fraktionschef der CDU. Den Weg entlang des Rheins teilen sich Menschen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Aufgrund der Platzverhältnisse komme es hier immer wieder zu brenzligen Situationen, so Götz. Er bemängelt generell, dass Verkehrsthemen, die Porz betreffen, sehr stiefmütterlich behandelt werden. Dabei macht das Thema Verkehr seiner Meinung nach 50 Prozent der Anträge aus.

Fitness-parcours an der Groov in Zündorf

Jugendliche hatten sich Vorschläge zu einem weiteren Standort für einen Fitness-parcours von der Stadt gewünscht. Hier die Anlage an der Groov in Zündorf

Nur tut sich nicht wirklich etwas. Als Beispiel nennt Götz auch die Situation in Zündorf. Mit der Hauptstraße führt ein Weg in die eine, mit der Schmittgasse ein Weg in die andere Richtung. Kommt es hier – wie bereits in der Vergangenheit geschehen – zu einem Rohrbruch, können die Straßen nicht genutzt werden. Vorschläge in so einem Fall, die Feldwege für den Verkehr zu öffnen, würden ignoriert. „Das Verkehrsdezernat ist eine Katastrophe“, sagt er. Götz sagt, dass er auch in der Runde zur Stärkung der Bezirke der Stadt sitze. „Außer, dass es bisher hieß, es kommt demnächst etwas, ist nichts passiert.“

Empfehlungen der Jugend ignoriert

Auch Dieter Redlin wettert weiter: „Da sind dann so Beschlüsse wie die Aufgabe, ein Schnellbusliniennetz für Porz der BV vorzulegen, der sich anscheinend von selbst erledigte. Oder hat das Konzept jemand gesehen?“ Ähnlich sei das bei den Empfehlungen der Jugend-BV, bei denen sich Schülerinnen und Schüler zu Themen Gedanken gemacht haben. „Die haben sich auch von selbst erledigt.“ Auf den Vorschlag der Verwaltung für geeignete Orte für Outdoor-Sportgeräte am Rhein wie von der Politik gefordert, warte er aber bis heute.

Da sich das Lesevergnügen bei Redlin angesicht dieser Lektüre nicht wirklich einstellen will, will der Kommunalpolitiker sie behandeln, wie einen alten Brockhaus: „Guck an und lach. Alles andere zerrt an den Nerven und macht keinen Spaß mehr“, sagt Dieter Redlin, der seit September 1999 Mitglied der BV Porz und seit Dezember 1999 Fraktionschef der Grünen ist.

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