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Nach Schussabgabe in PorzHeftige Kritik an Erklärung von Kölner CDU-Politiker

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Demonstrierende fordern „Gerechtigkeit für Krys“, den angeschossenen Jugendlichen.

Porz – Es waren die ersten öffentlichen Worte von Hans-Josef Bähner nach schwerwiegenden Vorwürfen gegen ihn, die nun in der Bezirksvertretung Porz zu hören waren. Gegen den 72 Jahre alten CDU-Politiker ermittelt die Polizei. Er soll in der Nacht auf den 30. Dezember 2019 vor seinem Haus in Porz bei einem Streit unter Alkoholeinfluss mit einer scharfen Waffe auf einen 20 Jahre alten Jugendlichen geschossen und ihn schwer verletzt haben.

Seitdem hatte Bähner geschwiegen. Nachdem er am 29. Januar sein Mandat als Bezirksvertreter zurückgegeben hatte (hier lesen Sie mehr), ließ er nun in der ersten Sitzung der Porzer Bezirksvertretung im neuen Jahr von CDU-Fraktionschef Werner Marx eine Erklärung vorlesen.

Rücktritt sei Ergebnis einer „rechtsstaatlichen Hatz“, so Bähner

Darin bezeichnet Bähner seinen Rücktritt als Ergebnis einer „rechtsstaatlichen Hatz“ auf ihn und seine Frau. Nur „schweren Herzens“ gebe er sein Mandat ab. Dieser Schritt sei aber nötig, auch um seine Frau zu schützen. Es sei seine Hoffnung gewesen, „durch den Rückzug aus der Tagespolitik bis zur endgültigen Klärung der Vorwürfe, Vorverurteilungen eindämmen zu können“. Er habe Drohanrufe bekommen, seine Frau sei auf der Straße beschimpft worden.

Er habe erkennen müssen, ließ Bähner verlauten, dass ein Festhalten am Mandat zu einer „tiefgreifenden schädlichen Veränderung der Mehrheitsverhältnisse in Porz führen würde, für die ich nicht verantwortlich sein möchte“. Die Erklärung will er nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen.

„Die Erklärung war zum Fremdschämen und völlig ohne Reue oder Einsicht“, kommentierte SPD-Fraktionschef Simon Bujanowski auf Nachfrage durch den „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschef Dieter Redlin in einer öffentlichen schriftlichen Stellungnahme per E-Mail. „Egal, wie die rechtliche Schuldfrage aussieht, in der verlesenen persönlichen Erklärung vermisse ich die ehrliche Reue, mit einer tödlichen Waffe mutmaßlich einen jungen Menschen schwer verletzt zu haben.“

Jugendliche fordern Gerechtigkeit für Opfer

Bujanowski forderte zudem die CDU auf, „sich klar vom rechten Rand zu distanzieren“. Damit spiele er auf zahlreiche fremdenfeindliche Facebook-Beiträge an, die Bähner in der Vergangenheit geteilt habe, erklärte Bujanowski.

Ein Wort des Bedauerns für das Opfer war allerdings auch von CDU-Fraktionschef Werner Marx nicht zu hören. Er äußerte auf Nachfrage, dass die Bitte an ihn herangetragen worden sei, diese Erklärung vorzutragen. „Der habe ich Folge geleistet und die möchte ich inhaltlich nicht kommentieren“, so der Fraktionsvorsitzende. „Grundsätzlich möchte ich mich nicht an Spekulationen beteiligen, deshalb warte ich das rechtsstaatliche Verfahren ab. Und so lange gilt für mich die Unschuldsvermutung.“

Nachdem Bähners Erklärung vorgelesen worden war, betraten rund 20 Jugendliche den Sitzungsraum und entrollten ein Transparent. Darauf forderten sie „Gerechtigkeit für Krys“. Das ist der Name des 20-Jährigen, der durch den Schuss verletzt wurde. Auf anderen Bannern war zu lesen: „Ein Monat Schweigen und Vertuschung“ sowie „Getroffen hat es einen, gemeint sind wir alle.“ Die meisten der Demonstranten trugen an der Schulter einen mit roter Farbe getränkten Verband, der an die Schusswunde erinnern soll. Bezirksbürgermeister van Benthem verwies die Jugendlichen sofort des Saales, die der Aufforderung nach kurzem Zögern auch friedlich Folge leisteten.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen

Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bezeichneten sich die Demonstranten als Freunde und Bekannte des Angeschossenen, den sie mit der Aktion unterstützen wollen. „Ein Politiker wird geschützt, wäre es andersherum, säße der Jugendliche bestimmt in U-Haft“, äußerte einer der Flashmob-Teilnehmer.

Die Aktion der Demonstranten fanden auch Bujanowski und Redlin verständlich und richtig. „Das war eine mutige Sache“, so Bujanowski. Auch Werner Marx kommentierte den Flashmob: „Ich kann die Emotionen und Ungeduld der Jugendlichen ja verstehen, aber wir müssen nun alle gemeinsam auf die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft warten.“

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Als Bähners Nachfolger in der CDU-Fraktion vereidigte der Porzer Bezirksbürgermeister Henk van Benthem (CDU) nun Andreas Bischoff. Er ist Vorsitzender und Mitbegründer der Groov-Paten, die sich um die Sauberkeit des Naherholungsbiets kümmern, und seit November 2019 auch Vorsitzender des CDU-Ortverbandes Zündorf Langel.

„Ich möchte Dinge ändern, die mich stören, mich nicht nur beschweren“, sagte Bischoff nach der Vereidigung in der Bezirksvertretung. Der selbstständige Bauingenieur will sich als Bezirksvertreter unter anderem dafür einsetzten, dass eine „positive Vision“ für ganz Porz entwickelt wird, die zukünftig auch Besucher von außerhalb in den Stadtbezirk lockt.

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