Bewerbung läuftWahner Heide könnte Nordrhein-Westfalens zweiter Nationalpark werden

Lesezeit 4 Minuten
Ein blauer Himmel mit weißen Wolken spannt sich über einer Heidelandschaft mit typischem Heidekraut im Vordergrund.

Offenlandgebiete in der Wahner Heide brauchen Pflege und Rückschnitt, um nicht zu verwalden.

In NRW soll neben der Eifel ein zweiter Nationalpark entstehen. Derzeit können sich Regionen bewerben.

Mit der Einrichtung eines zweiten Nationalparks für Nordrhein-Westfalen will die Landesregierung Naturschätze schützen und bewahren. Derzeit läuft die erste Phase des Verfahrens, bei der sich interessierte Regionen bewerben können. Es geht darum, großflächige Naturlandschaften zu Schutzgebieten weiterzuentwickeln und ihnen nationale und internationale Bedeutung zukommen zu lassen, heißt es im Aufruf des Landes.

Mit einer Bewerbung für den Großraum „Südliche Heideterrasse“ als zweitem Nationalpark in NRW neben dem 2004 eingerichteten Nationalpark Eifel, haben jetzt das Umweltbildungszentrum Gut Leidenhausen und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ihren Hut in den Ring geworfen. Die Geschäftsführer verweisen auf die Einmaligkeit der artenreichen Landschaft und schlagen den Raum Königsforst, Wahner Heide, Lohmarer Wald, Sieg-Auen und eventuell Siebengebirge vor.

Zwei Männer stehen vor einer Leinwand, auf die eine Karte projiziert wird.

Joachim Bauer (l.) und Robert Schallehn wünschen sich, dass das Gebiet südliche Heideterrasse zum Nationalpark wird.

Robert Schallehn, Geschäftsführer des Umweltbildungszentrums Leidenhausen und umweltpolitischer Sprecher der Grünen, sagt: „Zweifelsfrei wäre ein Nationalpark für den Naturschutz in Köln ein Durchbruch“. Robert Schallehn und Joachim Bauer, Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald in Köln, fahren gewichtige Argumente auf.

Das Gebiet habe besondere naturschutzfachliche Bedeutung. Nachgewiesen sind hier 900 besondere Arten von der Heidelerche bis zum Kiemenfußkrebs, und wenn in dem bisher wissenschaftlich wenig ausgeleuchteten Gebiet die Forschung ausgeweitet werde, könnte sich die Artenzahl noch deutlich erhöhen.

Infrastruktur ist mit Heideportalen und Umweltbildung schon vorhanden

Das großräumige Areal verfüge mit den Heideportalen zudem über gut funktionierende Strukturen zur Umweltbildung und Besucherlenkung. Dem Naturschutz in der Region würden erwartete Millioneninvestitionen in Wissenschaft, Vermittlung und Naturschutzmaßnahmen, die mit einer Nationalpark-Ausweisung einhergehen, sehr guttun.

Die Einrichtung lasse, anders als von Bewerbungen in anderen Landesteilen bekannt, wenig Einspruch von Grundeigentümern erwarten. „Die hiesigen Flächen sind größtenteils in öffentlicher Hand, sie gehören der Deutschen Bundesstiftung Umwelt oder Land, Bund und Kommunen“, argumentiert Bauer. Für die Bevölkerung seien vom Nationalpark keine Einschränkungen zu erwarten, denn die Flächen stünden schon jetzt weitgehend unter Naturschutz.

Bauer und Schallehn sind sich bei ihrer Bewerbung für die Heideterrasse dennoch möglicher Hürden bewusst. So verlangen die Kriterien der Weltnaturschutzunion IUCN eine gewisse Flächengröße für Nationalparks. Das sei bei der Wahner Heide allerdings kein Problem: Je nach Zuschnitt des Antragsgebiets werde die Mindestgröße von 10.000 Hektar deutlich überschritten.

Wegen des Naherholungsdrucks auf das Grün und möglicher Verstöße gegen Gebote zeigen sich Schallehn und Bauer wenig besorgt. Werde das Areal zum Nationalpark, könnten hauptamtliche Ranger erfolgreich darüber wachen.

In der Wahner Heide werden die Offenland-Flächen derzeit weitgehend vom Flughafen als Ausgleichsmaßnahme gepflegt, um eine Bewaldung der Heide zu verhindern. Der Anteil dieser Flächen überschreite jedoch nicht ein Viertel des Gesamtareals – und so viel dürfe auch im Nationalpark in Bewirtschaftung bleiben.

Auch was störende, invasive Arten wie die Traubenkirsche betrifft, die in einem Nationalpark nicht mehr bekämpft werden dürften, geben sich Bauer und Schallehn gelassen. Ein Problem bei der Bewerbung könne allerdings die Zerschneidung des Gebietes durch die Autobahn A 3 werden. Hier stellen sich die Antragsteller den Bau weiterer Grünbrücken zur Lösung vor.

Kölner Politik unterstützt das Vorhaben

Mit dem Einreichen der Bewerbung haben die beiden den ersten Schritt im Findungsprozess getan. Es folgt ein qualifiziertes Antragsverfahren. Im Land werden alle Vorschläge geprüft, eine endgültige Entscheidung über die Rangfolge der Bewerbungen erfolgt auf Vorschlag des Umweltministeriums. Im weiteren Verfahren zur Ausweisung eines zweiten Nationalparks werden Expertisen eingeholt und die Beteiligten im Dialog vor Ort angehört.

In der Kölner Politik ist derweil Unterstützung für das Bewerbungsverfahren für die Wahner Heide zu vernehmen. Die Grünen bekräftigen auf Anfrage das Vorhaben ihres umweltpolitischen Sprechers Schallehn. Die CDU bescheinigt ebenfalls ihre Unterstützung, man wolle die „biologische Vielfalt der Stadt“ erhalten.

Auch die SPD kann sich einen Nationalpark in der Wahner Heide gut vorstellen. „Ein Nationalpark auf Kölner Gebiet ist eine Chance für Erholung, Naturerleben und Umweltbildung“, sagt Rafael Struwe, umweltpolitischer Sprecher. „Davon profitieren Mensch und Umwelt und es stärkt den sozialen Zusammenhalt.“ 

KStA abonnieren