Gegen das ClubsterbenFotomagazin will auf die Krise aufmerksam machen

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Ein Foto aus dem geplanten Magazin, aufgenommen im Blue Shell.

  • Das Fotomagazin „Thank you for the music“ will in Bildern und O-Tönen die Situation von 26 Locations erzählen.
  • Initiator ist der „Schnörres“-Wirt und Betreiber des Clubs „Zum Scheuen Reh“ am Westbahnhof Philipp Treudt.
  • Das nötige Geld soll über eine Crowdfunding-Kampagne zusammenkommen.

Köln – Ekstase, Körpernähe, funkelnde Schweißtropfen im Discolicht: Die Reize einer durchfeierten Nacht stehen im krassen Gegensatz zu aktuell geltenden Corona-Abstandsregeln. Dementsprechend sind die Türen der Clubs seit dem 13. März geschlossen − eine baldige Öffnung ist nicht in Sicht. Vielmehr nimmt am Horizont ein viel beschworener Geist immer mehr konkrete Gestalt an: das Clubsterben.

Seit bald sechs Monaten keine Einnahmen, leere Bühnen und Tanzflächen, laufende Kosten: Manch einer sieht sein Lebenswerk in Gefahr. „Schnörres“-Wirt und Betreiber des Clubs „Zum Scheuen Reh“ am Westbahnhof Philipp Treudt hat sich daher gemeinsam mit der Klubkomm (Interessenverband der Kölner Clubs und Veranstalter) ein Projekt überlegt, das dieses traurige Stück Zeitgeschichte dokumentieren soll: Die Publikation des Fotomagazins „Thank you for the music“, das in Bildern und O-Tönen die Situation von 26 Locations erzählt.

„Neben Club Bahnhof Ehrenfeld, Barinton, Carlswerk Victoria, Live Music Hall und anderen kommen DJs sowie Besucher zu Wort“, sagt Treudt. „Da auf den Bildern Corona nicht zu sehen ist, habe ich jedem noch drei sehr persönliche Fragen gestellt: nach ihrer Gefühlslage im März sowie Tief- und Höhepunkten während der Pandemie.“ Zudem verraten DJs etwa, welches Lied sie zuerst spielen würden, wenn sie wieder einer Menge einheizen könnten. Und von Nachtmenschen wollte der 42-Jährige wissen, wie sie ohne Party ihre Wochenenden verbracht hätten.

Philipp Treudt

Wirt Philipp Treudt

Das Magazin soll mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne finanziert werden. Rund 120 Menschen haben das Projekt bisher mit 4600 Euro unterstützt. Das Ziel von 6500 Euro soll bis Ende des Monats erreicht werden. Im Anschluss wird eine zweite Spendenphase eröffnet, die eine vom 22. bis 25. Oktober geplante Ausstellung mit den Fotos von Treudt ermöglichen soll. Diese soll parallel zur rein digitalen c/o-Pop-Convention stattfinden − Treudts Fotos bekommen die Besucher aber ganz analog im Helios 37 in Ehrenfeld zu Gesicht.

Treudt, der im Vorstand der Interessengemeinschaft Gastro sowie der Klubkomm ist, erinnert sich selbst nur allzu gut an seinen Gemütszustand im März: „Mir ging es total schlecht. Ich bin erstmal sechs Wochen in die Eifel gefahren. Ich musste die Sicherung, den Kühlschrank abschalten und einen top laufenden Laden schließen.“ Mittlerweile herrscht in seinen Bars wieder eingeschränkter Betrieb.

Schwierige Lage im Herbst und Winter

Die Lage im Herbst werde sicherlich schwierig. „Bisher konnten die Menschen im Freien ausweichen, aber sobald es ungemütlicher wird, kann eine negative Dynamik entstehen.“ Das Infektionsgeschehen – viele Infizierte, geringe Auslastung der Krankenhäuser, kein signifikanter Anstieg im Zusammenhang mit Massen-Demos – müsste allerdings zum Weiterdenken animieren, sagt Treudt.

„Es gab einen Lockdown, der war gut. Wir lernen laufend aus der Situation. Der Schutz der Risikogruppen hat natürlich stets Priorität. Aber wie geht es nun weiter?“ Immerhin bemühe sich die Politik und legt diverse Fördertöpfe für Live-Musik-Stätten auf. In Nordrhein-Westfalen tue man sich allerdings im Vergleich mit Berlin und Hamburg derweil noch schwer, die Betriebskosten der Clubs zu übernehmen. „Das liegt vielleicht aber auch an der Vielzahl der Städte.“

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