Raus aus der TabuzoneKölner werden fit gemacht für den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer

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Bunte Kerzen stehen in einer langen Reihe auf einem Regal.

Rituale sind wichtig: Kerzen zum Gedenken verstorbener Kinder im ambulanten Kinderhospizdienst in Nippes.

„Caring Community Köln“ ist ein großes Netzwerk, an dem außer der Stadt noch weitere 35 Institutionen beteiligt sind. Es soll den Tod mitten in die Gesellschaft holen.

Dass die Gesellschaft fit gemacht werden muss, ist inzwischen zum geflügelten Wort geworden. Wenn die Rede davon ist, heißt das meist fit für die digitale Transformation oder für eine Welt im Dauerkrisenmodus. Köln will die Stadtgesellschaft aber auch in einem sehr existenziellen Thema fit machen, das jeden betrifft: Im Umgang mit Sterben und Trauer. Denn: Bei vielen Menschen lösen Tod und Sterben nicht nur Hilfslosigkeit, sondern auch Sprachlosigkeit aus.

Ziel sei es, die Kölnerinnen und Kölner zu einem natürlicheren Umgang mit dem Thema zu befähigen, erklärte Sozialdezernent Harald Rau. Denn jedes Jahr sterben 10.000 Menschen in Köln- der größte Teil von ihnen nach längerer Krankheit, die auch Begleitung erfordert.

Dafür hat die Stadt das Projekt „Caring Community Köln“ aufgelegt. Geschaffen werden soll eine Gemeinschaft mit einem dicht gesponnen Hilfenetz, das professionelle Dienstleistungen, kommunale Fürsorge und ehrenamtliches Engagement verbindet – und so den Tod quasi mitten in die Gesellschaft holt.

Wegbegleiter für unheilbar Kranke

Der neueste Baustein dafür ist das sogenannte Buddy-Projekt, das in diesem Jahr startet: Buddy, das ist so etwas wie ein Kumpel, ein guter Freund. Solche haupt- und ehrenamtlichen Buddies sollen nun Ansprechpartner und Wegbegleiter von Menschen mit einer nicht heilbaren Krankheit werden. „Der Buddy soll schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt eine niedrigschwellige Ansprechperson mit fachlicher Kompetenz und Mitgefühl sein“, erklärte Professor Raymond Voltz, Direktor des Zentraums für Palliativmedizin der Uniklinik Köln und Mitinitiator der Caring Community. Neben der Uniklinik, dem Gesundheitsamt und dem Palliativ- und Hospiznetzwerk e.V. sind noch weitere 35 Kölner Institutionen an dem Projekt „Caring Community“ beteiligt.

Eine weitere wichtige Säule sind Angebote für Kinder und Jugendliche. Hier ist vor allem der Kölner Verein TrauBe zentral – der Name ist eine Abkürzung für Trauerbegleitung. Angeboten werden Trauergruppen für Kinder und Jugendliche, die einen nahen Angehörigen verloren haben und hier einen Ort finden, an dem sie ihre Gefühle ausdrücken können und professionell begleitet werden.

Projekttag zu Tod und Sterben in Kölner Schulen

Auch die Arbeit in Schulen, wo im Rahmen eines Projekttages die Themen Sterben, Tod, Trauer und auch Suizid von Schülerinnen und Schülern bearbeitet werden, sei ein wichtiger und immer stärker nachgefragter Teil der Arbeit, erläuterte Nicole Nolden von TrauBe beim aktuellen Gesundheitsgespräch „TOTal normal – trauernde Kinder und Jugendliche mutig begleiten“. Auch dieses Gesprächs- und Expertenformat, das das Gesundheitsamt in Kooperation mit der Volkshochschule anbietet, soll das Wissen über das Thema verbreitern. TrauBe biete sich da auch immer als Ansprechpartner an, wenn Freunde, Nachbarn oder Angehörige Rat bräuchten, wie sie mit trauernden Kindern oder Jugendlichen umgehen sollen.

Die vielen Fragen aus dem Publikum zeigten, wie hoch hier der Bedarf ist: Ob man Kinder mit zur Beerdigung nehmen solle? „Die Beerdigung ist eine Familienfeier und das letzte Fest, das für denjenigen, der verstorben ist, ausgerichtet wird“, antwortet Nolden. So gesehen gehörten Kinder dort unbedingt dazu. Auch weil Kinder und Jugendliche je nach Altersgruppe unterschiedlich trauern und auch ein unterschiedliches Todesverständnis haben, erläuterte sie.

Solcherlei Wissen ist es, dass die Caring Community immer weiter verbreitern soll. Dazu beitragen soll auch der sogenannte digitale „Sorgestadtplan“.  Auf dem wird ständig aktualisiert alles zusammengetragen, was es an Hilfsangeboten zu Palliativ- und Hospizversorgung gibt. Das nächste Thema, das in den Blick genommen wird, ist das Thema „Trauer am Arbeitsplatz“. Ziel ist, Sterben, Tod und Trauer in den Kölner Betrieben zu enttabuisieren.

Die Mitarbeiter sollten auf den Umgang mit schwer erkrankten Mitarbeitern und auch deren Tod besser vorbereitet sein und auch im Unternehmen eine Trauerkultur entwickeln. In einem ersten Schritt wurde dazu bereits ein digital abrufbarer Leitfaden entwickelt. Das übergeordnete Ziel ist klar: Dass möglichst viele Menschen in Köln in ihrer letzten Lebensphase ihren Bedürfnissen entsprechend begleitet werden.

https://caringcommunity.koeln/

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