„Ernüchternd“In Köln-Rodenkirchen müssen gleich mehrere Geschäfte schließen

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sues Geschäftsaufgabe 1  Angelika Zalbertus Foto Süsser

Angelika Zalbertus in ihrem liebevoll eingerichteten Geschäft

  • In Rodenkirchen müssen mehrere Inhaber ihre Geschäfte aufgeben.
  • Auch Angelika Zalbertus muss ihren Conceptstore „B8lich“ schließen. „Nach fünf Jahren sollte man als Inhaber von seinem Geschäft leben können“, betont die Kauffrau.
  • Die Ladenbesitzer in Rodenkirchen wissen, was ihnen fehlt.

Köln-Rodenkirchen – Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Das ist bitter – vor allem für Angelika Zalbertus. An dem Tag gibt die Geschäftsfrau ihren B8lich Conceptstore an der Hauptstraße 76 auf.

Voraussichtlich bis 22. Februar ist der Laden leer geräumt. Mit Essig und Öl ist schon Ende Januar Schluss. Freunde von Mango- oder Cranberryessig, von Walnuss- oder Zitronenöl müssen sich also beeilen, wenn sie sich noch damit eindecken wollen.

Ein Nachfolger steht auch schon fest – ein Kosmetikstudio wird dort einziehen. Schon ein Jahr lang quält sich Angelika Zalbertus mit dem Gedanken, den Store aufzugeben, den sie vor sieben Jahren in Eigenregie eröffnet hat und den sie seitdem im Team mit zwei engagierten Mitarbeiterinnen führt.

Wohnaccessoires und Feinkost

Schicke Wohnaccessoires, Raumdüfte, besondere Taschen, Schmuck, Deko-Artikel, Kunst, hochwertige Feinkost und Geschenkkörbe hat sie angeboten – stets liebevoll verpackt. Das gehörte zum freundlichen Kundenservice des ganzen Teams. Aus wirtschaftlichen Gründen hat sie sich nun zur Geschäftsaufgabe durchgerungen. „Nach fünf Jahren sollte man als Inhaber von seinem Geschäft leben können“, betont die Kauffrau und zeigt sich „ernüchtert“, dass das nicht geklappt hat.

Drei Fragen an Wolfgang Behrendt

Herr Behrendt, warum hören  viele  Inhaber geführte Geschäfte auf?

In der  Rheingalerie ist es besonders traurig. Durch die Schließung des Café-Bistros „Linos“ hat die Kundenfrequenz gelitten. Zudem sind Nachfolger für Geschäfte oft schwer zu finden. 

Immer mehr Dienstleister  lassen sich in Rodenkirchen nieder.

Im Schuhgeschäft ist ein Nagelstudio, im Matratzenladen ein Pilatesstudio. Der Branchenmix stimmt nicht mehr. Dienstleister locken keine Kunden an, sie bedienen die vorhandenen.

Auffällig ist der Leerstand im Sommershof.

Die Verantwortung für Vermietungen haben die Eigentümer, sie allein können dafür sorgen, dass Orte lebendig bleiben. Internationale Investoren, wie im Sommershof, interessiert das wenig. Ansässige Vermieter sollten nicht nur darauf gucken, wer die meiste Miete zahlt, sondern wer dem Ort langfristig gut tut.

Wolfgang Behrendt ist Vorsitzender der AG Rodenkirchen.

Sie selbst habe viel Geld, Energie und Zeit in den Laden gesteckt. Alle Beteiligten hätten „aufopferungswilligen Einsatz“ gezeigt. Über teure Mietbedingungen könne sie sich dabei gar nicht beklagen. Auch seien ihre Waren nicht allzu hochpreisig gewesen. „Mir fehlte einfach die Laufkundschaft“, so ihr Fazit.

Unrentable Perspektiven

Zwischendurch habe sie mit einem kleineren Ladenlokal geliebäugelt. Aber letztlich erschien ihr jedes weitere Investment unvernünftig und verantwortungslos angesichts der unrentablen wirtschaftlichen Perspektiven.

Chancen sieht sie eigentlich nur für Klamotten-Läden. Sie überlege noch, ob es mit B8tlich eventuell in einer anderen Form weiter gehen kann – als Online-Shop oder in Form eines Marktstandes zum Beispiel. Abgesehen davon sucht sie nach einem Job als Angestellte in einem Büro.

Weitere Läden schließen

B8lich ist nicht das einzige Geschäft in Rodenkirchen, das aufgegeben wird. Das Whisky-Depot schließt im Sommer seine Türe an der Rheingalerie, einem Wohn- und Geschäftszentrum. Nach zehn Jahren zieht Inhaber Robert Breuer mit seinen Spirituosen ins Gewerbegebiet an der Industriestraße um. Dort bietet er weiter Whisky-Verkostungen an. Sein Ladenlokal an der Rheingalerie will er künftig vermieten; um einen Nachfolger habe er sich aber noch nicht gekümmert.

sues Geschäftsaufgabe 4 Rheingalerie Foto Archiv Süsser

Seitdem das Linos Bistro in der Rheingalerie schließen musste, fehlt vielen Geschäften die Laufkundschaft. 

Fast direkt daneben hängt bei Herrenmode Rust ein Schild im Schaufenster – „Geschäftsaufgabe“ steht da. „Ja, wir denken daran, aber wir führen noch Verhandlungen“, sagt Christa Rust. Alle Optionen seien noch offen. Das Ehepaar Rust führt das Modegeschäft in Rodenkirchen seit 21 Jahren. Christa Rust bedauert, dass im vergangenen Jahr das Café-Bistro Linos an der Rheingalerie schließen musste. Anwohner hatten sich über Lärm beschwert. „Das Café war ein Frequenzbringer“, sagt sie. Seitdem sei die Laufkundschaft weg.

Leerstand im Sommershof

Im Sommershof, ein paar Meter weiter in Richtung Süden und mitten im Zentrum von Rodenkirchen, sind im Erdgeschoss gleich mehrere ehemalige Ladenlokale verwaist. Das ganze Wohn- und Geschäftsgebäude gehört einem weltweit agierenden Unternehmen, das sich offenbar wenig kümmert und Mieteinbußen gut verkraften kann.

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Dennoch: Im Vergleich zu anderen Stadtteilen verfüge Rodenkirchen über viele Inhaber geführte Geschäfte und der Handel funktioniere, heißt es bei der Stadt. Tatsächlich halten sie sich wacker, die kleinen feinen Läden und bieten Blumen und Dessous, Kleinelektro, Tee, Kleidung, Feinkost, Schmuck und Optik, alles fürs Bett, für den Sport oder die Küche.

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