Hand geriet in KreissägeKomplizierte OP – So rettet ein Arzt den Daumen eines Kölners

Lesezeit 4 Minuten
Haaser-Daumen001

Lars Horvaths rechter Daumen war fast komplett abgetrennt, der Kölner Chirurg Tim Lögters konnte helfen.

  • Der Kölner Lars Horvath geriet mit seiner Hand in das Blatt einer Kreissäge, Mittelfinger und Daumen wurden abgetrennt.
  • Für den gelernten Schreiner eine persönliche Katastrophe, da er die Hände für seinen Beruf dringend braucht.
  • Lesen Sie hier die Geschichte über einen Mann, der am Ende großes Glück hatte – und jetzt striktes Rauchverbot hat..

Bayenthal – Erst war es nur ein vorsichtiges Wackeln, aus dem inzwischen wieder eine flüssige Bewegung geworden ist. Der Daumen von Lars Horvaths rechter Hand lugt aus einem Verband hervor, der das Gelenk verdeckt, einen Großteil der Handfläche und die Stelle, an der einmal sein Mittelfinger war. Eine Woche ist es her, dass der gelernte Schreiner mit seiner Hand in das Blatt einer Kreissäge geriet.

Er hatte eine Menge Glück. Während der Mittelfinger nicht mehr zu retten war, haben die Hände von Chirurg Tim Lögters wohl dafür gesorgt, dass Horvath weiter in seinem Beruf arbeiten kann.

Haaser-Daumen004

Chirurg Tim Lögters rettete die Funktionalität der Hand, indem er den Daumen wieder annähte. 

In einer fünfeinhalbstündigen Operation nähte er den fast abgetrennten Daumen wieder an. Dafür musste der Knochen mit Drähten stabilisiert werden, die durchtrennten Sehnen, Blutgefäße und Nervenfasern genäht werden. „Der Daumen macht ungefähr 50 Prozent der Funktionsfähigkeit unserer Hände aus“, sagt der Chefarzt der Hand- und Unfallchirurgie im Bayenthaler Sankt-Antonius-Krankenhaus. Mit dem Rettungswagen kam Horvath donnerstags am frühen Nachmittag in sein Krankenhaus. Arbeitskollegen hatten ihn zuvor schon mit einem Druckverband versorgt, den abgetrennten Mittelfinger in Eis verpackt und den Feuerwehrleuten mitgegeben.

Unfall in Köln: Mittelfinger lag unter der Säge

Unfälle mit der Säge sind zwar selten geworden. Doch Horvath, der für eine Zeitarbeitsfirma arbeitet, kennt einige Kollegen, denen Fingerkuppen fehlen, und auch solche, die nach einem Unfall nur noch für Büroarbeiten eingesetzt werden können. Als der Unfall geschah, arbeitete er gerade mit Kollegen auf einer Rodenkirchener Baustelle. Als sich ein Holzstück in der Säge verkantete, geriet seine Hand in das kreisende Blatt. „Ich habe sie sofort zurückgezogen und gesehen, dass der Daumen an der Hand herunterhing. Dass mir noch ein Finger fehlte, habe ich erst gar nicht bemerkt“, erinnert er sich.

Haaser-Daumen002

Lars Horvaths Hand nach der OP

Den Mittelfinger findet sein Kollege unter dem Stromkabel der Säge. Im Krankenhaus wird Chirurg Lögters später entscheiden, dass er ihn nicht annähen wird. Er sei von der Säge zu stark in Mitleidenschaft gezogen worden und wäre wohl kaum wieder zu gebrauchen gewesen. „Und ein steifer Finger stört mehr, als er hilft“, sagt Lögters.

Gut ausgestattetes Krankenhaus in Köln

Die Besatzung des Rettungswagens hatte sich vorher per Telefon erkundigt, ob der Arbeitsunfall in dem Stadtteilkrankenhaus versorgt werden kann. Es dürfte nach Lögters Einschätzung der erste derartige Fall im Kölner Süden sein, der nicht in der Uniklinik behandelt wurde. „Wir sind mittlerweile so ausgestattet, dass wir das können. Vor drei Jahren wäre das noch nicht denkbar gewesen“, sagt der Arzt, der seit 2017 in Bayenthal arbeitet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Sein Spezialgebiet, die Handchirurgie, hat er seitdem in seinem Krankenhaus etabliert. Damit können sie nun der Uniklinik Konkurrenz machen. Mit Weiterbildungen und technischer Ausstattung haben Lögters und sein Team aufgerüstet. Lupenbrillen und Mikroskop waren in der OP an Horvaths Daumen notwendig. Der Faden, mit dem Lögters die Nervenfasern und Blutgefäße genäht hat, sind mit bloßem Auge nicht zu sehen.

Wärme und striktes Rauchverbot helfen bei Heilung

In den Stunden nach der OP galt es, für rege Durchblutung und weite Gefäße zu sorgen. Wärme und ein striktes Rauchverbot halfen dabei. Antibiotika sollten verhindern, dass sich die Wunden infizierten. Die kritische Phase hat Horvath nun überstanden. Seine Muskeln soll er zunächst nur zum Strecken einsetzen, damit die Sehne ohne Belastung heilen kann. Eine Spezialschiene mit Feder beugt den Daumen zur Handfläche zurück. Eine Woche nach dem Unfall kann er das Krankenhaus verlassen.

Drei Monate ist er erst einmal krank geschrieben. Bald wird ein Spezialtraining folgen, um die Funktion des Daumens so weit wie möglich wiederherzustellen. Ärgert er sich über den verlorenen Finger? „Es ist passiert. Was soll ich machen“, sagt er auf die Frage. Weil der Nerv durchtrennt war und sich wohl erst in einigen Monaten neu gebildet haben wird, spürt er außerdem kaum Schmerzen. Horvath sagt, dass der angenähte Daumen ihn zum Staunen bringe. Er wirkt zu jung, um die Dinge allzu schwer zu nehmen.  

KStA abonnieren