Rosenmontag in Ehrenfeld„Die Nachrichten sind auch während Karneval allgegenwärtig“

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Louis Hoberg (links) und seine Freunde in der Stapelbar in Ehrenfeld.

Köln-Ehrenfeld – Während am späten Montagnachmittag Tausende Menschen das Ende der Kölner Friedensdemonstration, die Mohrenstraße, erreichen, sieht es nur rund 2,5 Kilometer, in Ehrenfeld, ganz anders aus. Keine blau-gelbe Kleidung, keine Schilder gegen Putin und auch keine Menschenmassen – im Gegenteil.

Vor und in den eigentlichen Feier-Hotspots herrscht gähnende Leere. „Das ist in dieser Session ganz normal“, sagt Prabhath Shetty, Mitarbeiter der Bar „Bumann & Sohn“. Wo sich sonst an den Karnevalsfeiertagen lange Schlangen bildeten, trudelten in diesem Jahr die Feiernden nur nach und nach ein.

Demo am Vormittag, feiern am Abend in Ehrenfeld

Kurz nach 17 Uhr trifft die Ehrenfelder-WG von Max Wächter vor der Bar ein. Die vier jungen Menschen sind alle verkleidet, aber auf ihren Wangen sieht man auch die ukrainische Flagge. „Am Vormittag waren wir auf der Friedensdemo, um ein Zeichen zu setzen“, sagt der 30-Jährige. „Mir ist bewusst, dass der Krieg die Welt ein Stück weit verändern wird, aber unmittelbar können wir gerade auch nichts machen“, sagt er weiter.

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Die Ehrenfelder-WG mit (v.l.) Dana Straus, Ariane Fischer, Mareike Van Haag und Max Wächter.

Karneval und Krieg könne man aber gut verbinden, müsse man sogar. „Wir sollten froh und dankbar sein, dass wir in Freiheit leben und machen können, was wir wollen.“ Zwei Jahre lang habe man sich jetzt schon zusammengerissen. „Feiern gehen ist ja nicht mehr verboten“, sagt seine Mitbewohnerin Ariane Fischer. Ein komisches Gefühl, heute feiern zu gehen, habe sie trotzdem. „Aber es ist so schön, die kölsche Gemeinschaft wieder zu spüren“, sagt die 23-Jährige.

Kölner feiern Karneval mit ungutem Gefühl

Diese Gemeinschaft spürt auch Alexander. Er steht 500 Meter weiter auf der Tanzfläche der „Stapelbar“. „Feiern gehen muss ja nicht immer heißen, dass man sich die Kante gibt“, sagt der 25-Jährige. Auch Louis Hoberg hat sich heute für das Feiern in der Bar in der Heliosstraße entschieden. Er steht in einer Art Magier-Kostüm an der Theke. Dass er heute ein Kostüm trägt, war nicht von Anfang an klar.

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„Heute Morgen waren wir uns sehr unsicher, ob wir uns verkleiden sollten“, sagt der Master-Student. Mit 20 Freunden stand er auf dem Chlodwigplatz, um gegen den Krieg zu demonstrieren. Bis zum Neumarkt ist der Master-Student die Strecke mitgelaufen, jetzt feiert er, trinkt Cuba Libre in der Bar.

Am Wochenende hat er ebenfalls Karneval gefeiert. „Natürlich hat man kein gutes Gefühl dabei. Die Nachrichten sind auch während Karneval allgegenwärtig“, sagt der 25-Jährige. Doch man müsse auch das Positive sehen. „Wann hat man zum Beispiel sonst so gutes Wetter an Karneval?“

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Die Bars in Ehrenfeld, hier die Stapelbar, haben sich am Rosenmontag nur langsam gefüllt.

Der Kölner will das Beste aus der Situation machen. „Ich glaube schon, dass viele ab einem bestimmten Alkoholwert Corona und den Krieg für kurze Augenblicke vergessen werden.“ Doch spätestens am nächsten Morgen werde zumindest er sich wieder mit den Nachrichten beschäftigen. Die Auszeit wollen er und seine Freunde sich nehmen und einen gebürtigen Karnevalsabschluss feiern – so gut es eben geht.

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