Kölner ProblemWarum zugesagte zusätzliche Lehrkräfte in den Schulen nicht ankommen

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Aufholprogramm

Viele Schüler haben durch Corona Lernrückstände.

  • Um Corona-Lernlücken zu schließen, stellte das Land NRW 160 Millionen für Extra-Personal bereit.
  • Viele Kölner Schulen haben die zusätzlichen Lehrkräfte beantragt und bitter nötig.
  • Allein: Sie können die Stellen nicht ausschreiben, weil die Anträge von der Bezirksregierung nicht bewilligt werden.
  • Der Grund: Personalmangel in der Bezirksregierung.

Köln – Ein großes Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona" hatte das Land NRW im vergangenen Sommer aufgelegt, damit die Schülerinnen und Schüler ihre Lernrückstände durch die Pandemie aufholen können. Neben dem Fördertopf „Extra Geld“ gab es vor allem den Fördertopf „Extra Personal“ mit einem Budget von 160 Millionen Euro.

Damit sollten die Schulen in Abstimmung mit der Schulaufsicht befristet bis Ende dieses Jahres Personal einstellen können. Lehrkräfte, Pensionäre oder auch Lehramtsstudierende sollten Schülerinnen und Schülern beim Aufholen helfen und die Stammlehrkräfte unterstützen, indem sie Kleingruppen gezielt betreuen und fördern. Nur: mehr als ein halbes Jahr, nachdem das Programm von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) aufgelegt wurde, ist im Großteil der Kölner Schulen noch keine einzige zusätzliche Kraft angekommen.

Schulen laufen am Limit

Gleich nach den Sommerferien hat etwa André Szymkowiak, Leiter des Thusnelda-Gymnasiums in Deutz bei der Bezirksregierung den Förderantrag gestellt, der im Oktober auch bereits genehmigt wurde. Seither wartet er vergeblich auf die Freigabe der Mittel, um endlich auch die Stelle ausschreiben zu können. Wie ihm geht es nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ auch zahlreichen anderen Kölner Schulleitungen.

Die Schulen laufen nach zwei Jahren Pandemie belastungsmäßig am Limit, zumal durch Infektionsfälle immer wieder Teile der Kollegien durch Quarantäne ausfallen und Schwangere bei nur einem Infektionsfall in einer Klasse für 15 Tage nicht beschäftigt werden dürfen. „Was uns jetzt wirklich helfen würde, ist dieses zusätzliche Personal“, so Szymkowiak. Eben weil Fördern und Aufholen quasi aus Bordmitteln bei gleichzeitig auch in der Pandemie nicht entschlackten Lehrplänen die Quadratur des Kreises darstellt.

Personalmangel beim Programm „Extra Personal“

Bei der Bezirksregierung Köln begründet man die mangelhafte Umsetzung des Programms „Extra Personal“ mit Personalmangel. „Dadurch konnte im Regierungsbezirk Köln bislang nur ein Teil der Anträge genehmigt werden“, erklärte ein Sprecher der Bezirksregierung. Die Umsetzung einer solchen Maßnahme sei davon abhängig, wie viel Personal zur Bearbeitung zusätzlich eingestellt werden könne – zumal der Bezirksregierung in den vergangenen zwei Jahren in großem Umfang neue Förderprogramme übertragen worden seien.

Trotz großer Anstrengungen sei das notwendige Personal bisher nicht gewonnen worden, bedauerte der Sprecher. Die Bezirksregierung Köln versuche weiter mit Hochdruck, Personal zu gewinnen, um das zur Verfügung gestellte Geld für das Programm auch in Maßnahmen umzusetzen.

Ministerium sind Engpässe bekannt

Von Seiten des Schulministeriums hieß es, man habe die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass das Programm landesweit umgesetzt werde. So könnten die Schulen nach dem Okay der Bezirksregierung ihre Stellenausschreibungen in das NRW-Internetportal für Lehrkräfteeinstellung einstellen.

Rückmeldungen aus Schulen in anderen Teilen Nordrhein-Westfalens zeigten, dass auch fortlaufend Besetzungen stattfänden. Dem Schulministerium sei allerdings bekannt, dass es bei der Bezirksregierung Köln derzeit aufgrund von Personalengpässen zu Verzögerungen bei der Stellenbesetzung komme.

20 Prozent Kinder mit Förderbedarf

Neben dem Posten „Extra-Personal“, gibt es in dem Landesprogramm auch die Fördertöpfe „Extra-Geld“ und „Extra-Zeit“, die anders als „Extra-Personal“ durch die Kommunen als Schulträger verwaltet wurden. Sie umfassen etwa Bildungsgutscheine für externe Nachhilfeinstitute am Nachmittag oder für außerschulische Maßnahmen wie Förderprogramme in Ferien oder an Wochenenden. Hier hat nach übereinstimmender Auskunft von Ministerium und Schulen die Mittelvergabe geklappt.

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Aber es sei eben so, dass die Förderung durch zusätzliche Kräfte während der Unterrichtszeit in der Schule die mit Abstand sinnvollste und wirkungsvollste sei, sagt ein Kölner Schulleiter, der nicht namentlich genannt werden möchte. Nur so erreiche man wirklich alle Kinder.

„Die freiwilligen Angebote nach einem langen Schultag am Nachmittag oder am Wochenende nehmen die Kinder, die es am nötigsten brauchen, oft gar nicht wahr.“ Der Soziologe und Bildungsexperte Aladin El-Mafaalani geht davon aus, dass mindestens 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Zuge der Lücken durch die Pandemie zusätzliche Förderung bräuchten.

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