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Helferin schockiertKölner Hotelier setzt Familie vor die Tür – Mutter hochschwanger

Lesezeit 3 Minuten
Marianna Arndt Hassan Hasani GRÖNERT

Marianne Arndt im Beratungsgespräch

Köln – Es war eine Geburt unter äußerst widrigen Umständen. Kurz bevor Samuel geboren wurde, musste die Familie Hymerllaj, die aus Vater Deniz, Mutter Zena und die dreijährige Tochter Medina besteht, eine Nacht im Freien verbringen. „Ich bin schockiert über den Umgang mit der Familie“, sagt Marianne Arndt vom Verein Mosaik, der sich um Flüchtlinge kümmert. Die Stadt hingegen sieht viele Details ganz anders.

Die Roma-Familie sei am 18. August aus Albanien unerlaubt nach Deutschland eingereist und habe sich bei der Ausländerbehörde angemeldet, sagt Arndt. Die Stadt habe sie zunächst in einer Unterkunft am Luzerner Weg und später in einem Hotel an der Venloer Straße untergebracht. Dort habe es offenbar Probleme mit dem Eigentümer gegeben. Beim Kochen sei mehrmals der Feuermelder angesprungen. Und dann soll die Familie abends noch eine laute Party gefeiert haben, die zu einem Polizeieinsatz geführt habe. Die Familie streitet Arndt zufolge aber ab, dass der Einsatz ihr gegolten habe.

Odyssee für Geflüchtete

Jedenfalls setzte der Hotelier die Familie am 24. August samt der hochschwangeren Mutter und dem dreijährigen Kind vor die Tür. Es begann eine Odyssee: Die Familie habe am gleichen Tag gegen 14 Uhr Arndt informiert, man sei zum Wohnungsamt gefahren, wo man zum Willkommenscenter am Breslauer Platz verwiesen worden sei. Dort habe man der Familie gegen 20 Uhr gesagt: „Ihr müsst nach Bochum fahren, wir können euch nicht helfen“, sagt Arndt.

„Am Ende verbrachten die dreijährige Tochter, die hochschwangere Frau und der Vater den Großteil der Nacht im Freien.“ Die Familie habe sich bis 3 Uhr nachts in einem Kalker Park aufgehalten, erst anschließend sei es ihnen gelungen, bei Bekannten unterzukommen. Am nächsten Morgen hätten die Blutung bei der Mutter eingesetzt, die Frau sei mit Hilfe von Arndt im Kalker Krankenhaus aufgenommen worden. Denn Geld oder einen Krankenschein hätten die Hymerllajs bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der Stadt erhalten.

Stadt Köln widerspricht

„In den Grundzügen ist der Sachverhalt richtig dargestellt, in etlichen entscheidenden Details jedoch nicht“, sagt eine Stadtsprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Die Angaben des Hoteliers zu den Vorkommnissen im Hotel weichen deutlich ab, insbesondere ist er sich sicher, dass die Störungen von der besagten Familie ausgingen.“ Grundsätzlich sei die Stadt aber verpflichtet, sowohl Geflüchtete als auch von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen unterzubringen, wenn diese dies verlangen.

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Offenbar habe sich die Familie aber nicht an eine entsprechende Stelle gewandt, um eine Unterkunft zu erhalten, so die Stadt. „Sowohl Polizei, Feuerwehr, Bahnhofsmission als auch das „Welcome Center“ am Breslauer Platz verfügen über die 24/7- Rufnummer des Tagesdienstes des Amtes für Wohnungswesen.“ Vor dort aus wäre jederzeit die Notunterbringung in der Notaufnahme in der Mathias-Brüggen-Straße zu organisieren gewesen.

Geburt ohne Komplikationen

In der Nacht zum Donnerstag wurde Samuel schließlich geboren. Immerhin habe die Stadt, wiederum auf Drängen von Arndt, gegen 17 Uhr eine Unterkunft an der Mathias-Brüggen-Straße organisiert.

Arndt hielt sie aber für ungeeignet, weil es sich um eine Sammelunterkunft handele, die über keine separaten Zimmer verfüge, wo die Familie mit dem Baby zur Ruhe hätte kommen können. Mittlerweile ist die Familie in einer Unterkunft an der Herkulesstraße untergebracht worden. Arndt hatte ihnen eine minimale Erstausstattung für das neugeborene Kind besorgt. Mutter und Kind sind wohlauf.

„Ich finde diese Umstände, denen die Familie ausgesetzt war, völlig unwürdig“, sagt Arndt. Es sei kaum vorstellbar, was passiert wäre, wenn das Kind etwas früher gekommen wäre. Auch der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrats, Claus-Ulrich Prölß, ist irritiert. „Die Familie ist komplett durch alle Raster gefallen.“ Die Stadt habe „desinteressiert“ gehandelt, es habe eine „Kette von Unverantwortlichkeiten“ gegeben.

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