Silvester in KölnBöllern in der Innenstadt soll verboten werden – rechtlich ist das fragwürdig

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Ein Banner mit dem Hinweis auf Feuerwerksverbot an einem Absperrgitter. Daneben stehen zwei Polizisten.

Am Dom gilt bereits seit Jahren ein Böllerverbot.

Keine Böller mehr in der Kölner Innenstadt: Das fordern die Grünen. Ein entsprechender Antrag soll jetzt im Rat vorgelegt werden.

Das Mehrheitsbündnis im Stadtrat will für Silvester 2023/2024 die Kölner Innenstadt zu einer böllerfreien Zone machen. Konkret geht es um den Bereich innerhalb und einschließlich der Ringe. Gemeinsam mit den Bündnispartnern CDU und Volt stellen die Grünen den entsprechenden Antrag für die nächste Sitzung des Ausschusses für Allgemeine Verwaltung am 13. März – rechtlich steht das Verbot laut Experten aber auf wackligen Füßen.

Christian von Coelln, Rechtswissenschaftler an der Universität Köln, hält ein pauschales Böllerverbot in der Innenstadt jedenfalls für „mindestens zweifelhaft“, sagt er. „Dichte Menschenansammlungen oder besondere Gefahrenlagen werden im erfassten Bereich nur punktuell oder sektoral vorhanden sein. Und es gibt viele Orte, an denen auch in dieser Zone gefahrlos geböllert werden könnte“, so von Coelln. 

Diese Einschätzung teilt auch Rechtswissenschaftler Markus Ogorek: „Die Verbotszone lässt sich nicht pauschal begründen, sondern nur mit Blick auf einzelne Straßenzüge oder Plätze. Dort müssen jeweils hinreichende Anhaltspunkte für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorliegen, die auf allgemeinen Umständen, aber vor allem auch auf spezifischen Lagekenntnissen fußen können.“ 

Bündnis begründet Verbotsantrag mit Berliner Silvesternacht

Pyrotechnik mit „ausschließlicher Knallwirkung“, also Silvesterknaller und –böller, sollen, wenn es nach dem Bündnis geht, in der linksrheinischen Innenstadt nicht gezündet werden dürfen. Raketen und andere Pyrotechnik bliebe demnach erlaubt. Die Grünen begründen den Antrag mit den Geschehnissen beim vergangenen Jahreswechsel, als Polizei und Rettungskräfte vor allem in Berlin mit Feuerwerkskörpern beworfen wurden.

Ein weiterer Grund für eine Verbotszone sei zudem die hohe Belastung für Krankenhäuser durch Verletzte. Durch das Abbrennen der Böller entstehe außerdem eine hohe Menge Feinstaub, Müll und Lärm – das, so heißt es, sei vor allem in dicht besiedelten und bebauten Gebieten problematisch.

„Die Kölner Innenstadt innerhalb der Ringe ist unzweifelhaft als dichtbesiedelt und dichtbebautes Areal anzusehen und sollte deshalb als Verbotszone gelten“, schreiben die Grünen in ihrem Antrag. Mit der Verbotszone sollen Bürgerinnen und Bürger vor „erheblichen Belastungen“ geschützt werden. „Wir wollen friedliche Silvester-Feiern in Köln und eine Entlastung der Kliniken. Der letzte Jahreswechsel hat gezeigt, welche Gefahren von Knallkörpern ausgehen“, sagte Manfred Richter, Vize-Fraktionsvorsitzender der Grünen. 

Böllerverbot rechtlich schwierig durchzusetzen

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) hatte Anfang Januar gesagt, sie könne sich vorstellen, die Böllerverbotszone auf weite Teile der Innenstadt auszuweiten. Unklar sei, ob gesetzliche Grundlagen ein solch weitreichendes Verbot zulassen – ein generelles Böllerverbot für die gesamte Stadt jedenfalls wäre rechtlich nicht tragbar. Reker kündigte eine Prüfung an, doch laut Stadtsprecher Alexander Vogel laufen die internen Prüfungen und Abstimmungen noch.

Dass ein Verbot nicht so einfach durchzusetzen ist, ist dem Bündnis aus Grünen, CDU und Volt dabei durchaus bekannt. Im Kooperationsvertrag aus dem Jahr 2020 steht: „Wir streben ein professionelles öffentliches städtisches Feuerwerk zu Silvester an, bei dem es in der Kölner Innenstadt, soweit rechtlich möglich, Verbotszonen für privates Feuerwerk gibt.“

Feuerwerksverbot am Kölner Dom durch konkrete Gefahr begründet

Und ebendiese rechtlichen Möglichkeiten sind eng. Im unmittelbaren Umfeld des Doms gilt schon seit Jahren ein Verbot jeglicher Pyrotechnik, dort sind nicht einmal Wunderkerzen erlaubt. In den Jahren vor dem Verbot, insbesondere auch beim Jahreswechsel 2015 auf 2016, kam es auf dem Bahnhofsvorplatz immer wieder zu großen Ansammlungen von Menschen, die dort unkontrolliert in der Menge Feuerwerk abbrannten.

Weil daraus eine „konkrete Gefahr für Leib und Leben von Unbeteiligten, Einsatzkräften und Störern sowie für bedeutende Sachwerte“ entstand und mildere Mittel nicht ausreichend effektiv sind, wie es in der Allgemeinverfügung von 2017 heißt, ist in diesem Bereich ein generelles Feuerwerksverbot durchsetzbar. Fraglich ist aber, ob dieselbe Argumentation für den genannten Innenstadtbereich anwendbar ist, denn eine Prognose für eine potentielle, konkrete Gefahr ergibt sich aus den Rechtsverletzungen aus den Vorjahren. Und in der Kölner Innenstadt blieb es in den vergangenen Jahren weitgehend friedlich.

Laut von Coelln ist zwar die Lärm- und Umweltbelastung sicherlich hoch, doch: „Es geht nur um eine Nacht – zudem um Silvester.“ Außerdem seien die Angriffe auf Polizeibeamte zum Teil mit Raketen und anderen Gegenständen passiert, die vom geplanten Verbot gar nicht erfasst würden. „Alles in allem dürfte die Politik also mit einem Prüfauftrag besser beraten sein.“

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