Sorge um Kölner ObdachloseHilfe kommt nicht bei allen an – Kältebus nicht erreichbar

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Obdachloser Kälte Köln

Die Nächte sind derzeit sehr kalt, in Köln müssen einige Obdachlose trotzdem auf der Straße schlafen.

Köln – Der Winter hat Köln derzeit fest im Griff, auch in den kommenden Tagen wird es frostig. Manche Helfer, die sich um obdachlose Menschen kümmern, blicken mit Sorge in die Zukunft. „Ich rechne mit vielen Kältetoten, es wird schlimm werden“, sagt Linda Rennings, Vorsitzende des Vereins Heimatlos in Köln. Die Stadt versucht indessen mit Kältegängen das Schlimmste zu verhindern.

Am Montagabend seien 20 Standorte angefahren worden. „Die mitgeführten Heißgetränke wurden gut angenommen, alle Angesprochenen waren über die Angebote der Winterhilfe informiert, keiner wollte aber seinen Schlafplatz verlassen“, teilte eine Stadtsprecherin mit.

Die Kommune hat ihr Angebot zur Winterhilfe aufgestockt. In Köln stehen rund 138 Plätze zusätzlich zu den ganzjährigen Plätzen bereit, 45 mehr als noch vor einem Jahr. Im Kern bieten Sozialdienst katholischer Frauen und Sozialdienst Katholischer Männer Plätze für Wohnungslose in der Notunterkunft an der Vorgebirgstraße und in Unterkünften an der Ostmerheimer Straße und an der Regentenstraße an.

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Viele Obdachlose in Köln ziehen den Schlafplatz Straße trotz der eisigen Temperaturen einer Notunterkunft vor. 

Zusätzlich gibt es ein Wärmezelt am Bürgerhaus Stollwerk in der Südstadt und einen Shuttle-Bus, mit dem Obdachlose abends vom Heumarkt in die Mülheimer Unterkünfte gefahren werden. Trotz der Winterhilfe geht die Stadt davon aus, dass Dutzende Wohnungslose auch nachts bei eisigen Temperaturen auf den Straßen leben.

Angst vor Corona

Linda Rennings, die einst selbst obdachlos war, überrascht das nicht. Die Notunterkünfte seien unter obdachlosen Menschen teilweise unbeliebt, weil es eng und laut sei. „Die Leute haben außerdem Angst, sich mit Corona anzustecken.“

Zudem gäbe es zu wenige Angebote für Wohnungslose mit Hund. Andere hätten schlicht kein Geld, um Unterkünfte oder den Shuttle-Bus am Heumarkt zu erreichen. Die meisten Angebote seien in der Innenstadt konzentriert.

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Sozialarbeiter Franco Clemens, der nebenberuflich für Heimatlos in Köln in Mülheim aktiv ist, geht von 15 bis 20 Menschen aus, die allein in Mülheim immer noch auf der Straße leben. Zu manchen haben die Streetworker über Nachrichtendienste wie Whatsapp Kontakt und versorgen sie mit Schlafsäcken, Handschuhen und anderem.

Clemens fordert die Stadt auf, einen Beschluss des Sozialausschusses umzusetzen und Obdachlosen auch tagsüber einen Aufenthalt zu ermöglichen. In der Tat hatte das Gremium im Januar bestimmt, dass wohnungslose Menschen bis zum 31. März tags und nachts einen Anspruch auf ein Einzelzimmer haben.

Verhandlungen mit Hotelbetreibern

Die Belegung der Zimmer in der Winterhilfe liege derzeit bei maximal zwei Personen, so die Stadt. Ab kommender Woche werde aber eine Einzelunterbringung möglich sein, da ein weiteres Gebäude an der Ostmerheimer Straße zur Verfügung gestellt werde.

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Auch die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus spielt eine Rolle bei der Entscheidung, auf der Straße zu übernachten. 

Ein Tagesaufenthalt sei ab kommender Woche nicht nur im Wärmezelt und in den Kontakt- und Beratungsstellen, sondern dann auch in den Unterkünften an der Ostmerheimer Straße und der Regentenstraße möglich. Derzeit verhandele die Stadt zudem mit Hotelbetreibern, um Wohnungslosen weitere 100 Plätze anbieten zu können, die zu den 234 Plätzen kommen, die die Stadt schon im vergangenen Frühjahr bereitgestellt habe.

Probleme gibt es derzeit beim Kontakttelefon des Kältebusses, der vom Verein Freunde der Kölner Straßen und ihrer Bewohner betrieben wird. Die Stadt bittet die Kölner, die akut gefährdete Menschen sehen, sich an den Rettungsdienst unter Telefon 112 zu wenden.

Wie man es gut macht, hat der Verein Helping Hands gezeigt, der seit einigen Wochen eine Jugendherberge am Breslauer Platz in ein Domizil für Obdachlose umgewandelt hat. 34 Plätze stehen wohnungslosen Menschen hier zur Verfügung.

Helmut Schenk, erster Vorsitzender des Vereins, räumt aber ein, dass sich sein Team die Obdachlosen hätte aussuchen können. Menschen mit Suchtproblematik hätten keinen Platz erhalten. „Die Stadt kann das nicht.“

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Die Initiative Helping Hands fordert, auch Bahnhöfe oder U-Bahnstationen für Obdachlose in den eisigen Nächten zu öffnen. 

Allerdings hätte die Kommune früher damit beginnen können, ihr Angebot für Obdachlose auszubauen. Bevor nun Menschen auf der Straßen in ernsthafte Schwierigkeiten kämen, müsse man Bahnhöfe, U-Bahn-Stationen, Kirchen und ungenutzte Unterkünfte in Flüchtlingsheimen öffnen.

Ganz unkompliziert wollen Dennis Bucek von der Initiative Straßenwächter und Dieter Hennes von den Hennes-Terrassen helfen. Seit Montag gibt es in der Gastronomie am Rudolfplatz ein paar Schlafplätze für Obdachlose, die von Heizstrahlern erwärmt werden.

„Es ist sauber, trocken und windstill und sicher wärmer als draußen", sagt Bucek. Im Internet gab es viel Unterstützung für die Aktion. „Großes Kompliment an die Hennes-Terrassen. Ihr seid einer der großen Leidtragenden dieser Pandemie und trotzdem helft ihr”, schrieb eine Nutzerin.

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