Armut in KölnStadt hat keinen Zeitplan für Impfungen von Obdachlosen

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Der Winter ist besonders hart für Obdachlose. (Symbolbild)

Köln – Mitarbeitende von Vereinen, die sich um obdachlose Menschen kümmern, fordern von der Stadt einen Fahrplan, wann und wie Wohnungslose gegen Corona geimpft werden können. Die Impfungen sollen möglichst schnell erfolgen, sagte Stella Brückner von der Überlebensstation Gulliver am Hauptbahnhof. Unter den wohnungslosen Menschen befänden sich viele, die an Vorerkrankungen litten, alkohol- oder drogenabhängig seien. „Sie haben keine Chance sich zu schützen, wenn sie in Notunterkünften mit mehreren Personen schlafen, die sie nicht kennen.“

Ähnlich sieht das Streetworker Franco Clemens, der sich derzeit nebenberuflich beim Verein Heimatlos in Köln engagiert. „Bisher haben wir Glück gehabt, dass das Virus nicht in der Obdachlosenszene angekommen ist“, sagt Clemens. „Wenn das passiert, geht das wie ein Lauffeuer um.“ Es könnten viele Menschen an Corona erkranken oder sogar sterben. Die Stadt kritisiert er für ihr Management: „Es findet keine wirkliche koordinierte Arbeit statt.“

Anderen Kommunen fehlt ebenfalls Strategie

Derzeit impft die Stadt ältere Menschen in Seniorenheimen und Pflegende – so viel wie es die begrenzten Impfstoffdosen zulassen. Ab dem 8. Februar sollen dann die Impfzentren öffnen und dort Menschen, die älter als 80 Jahre alt sind, einen Impfschutz vor Corona erhalten. Wohnungslose Menschen habe die Ständige Impfkommission in der Prioritätenliste auf Position II eingestuft. „Zurzeit ist noch nicht konkret absehbar, wann die Impfungen für diesen Personenkreis erfolgen werden können“, teilt eine Stadtsprecherin mit. Vielmehr warte die Kommune darauf, dass das Land einen Zeitplan vorlege. Anschließend werde eine Impfstrategie entwickelt, „die das Angebot der Impfung selbst so dicht wie möglich an die Menschen heranbringen soll“. Unklar sei auch noch, wer die Kosten trägt.

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Köln bildet unter den großen Städten im Rheinland keine Ausnahme. Auch in Bonn und Düsseldorf wartet man auf ein Startsignal der Landesregierung. „Obdachlose, die jünger als 80 Jahre alt sind, werden geimpft, sobald das Land NRW den Impfstart für diese Gruppe gibt“, schreibt Stadtsprecherin Annika Mester. „Sobald dies erfolgt, wird die Landeshauptstadt Düsseldorf selbstverständlich niedrigschwellige Angebote bereitstellen, um auch diese Menschen zu erreichen.“ Ihr Kollege Marc Hoffmann aus Bonn sagt: „Da Impfstoff noch rar ist, wird es bis zur Impfung der Personengruppen der Priorität II noch etwas dauern. Konkrete Pläne zur Umsetzung gibt es daher noch nicht.“

Niederschwellige Angebote

Streetworker Clemens plädiert dafür, wohnungslosen Menschen ein möglichst niedrigschwelliges, kostenloses Angebot zu machen. So könnten sie in den bei Obdachlosen bekannten Einrichtungen wie dem Gulliver oder der Oase eine Impfung erhalten. Manche könnten mit einem Fahrdienst gebracht werden, andere könnten mit einer Art Impfmobil erreicht werden. Eines sei klar: „Die Barriere, in ein Impfzentrum zu gehen, ist für viele zu hoch. Man muss den Berg zum Propheten bringen, nicht umgekehrt.“ Die Bereitschaft der Obdachlosen, sich impfen zu lassen, sei aber hoch, sagt auch Linda Rennings, einst selbst obdachlos und nun Leiterin von Heimatlos in Köln. „Obdachlose haben Angst vor Corona.“ Die Kommunikation sei aber schlecht. Rennings forderte Sozialarbeiter, die mit Flyern Wohnungslose informieren. „Den Rest übernimmt das Plattentelefon.“

Ähnlich äußert sich Sozialpolitiker Jörg Detjen (Linke): „Meines Erachtens brauchen wir zügig ein aufsuchendes Konzept für die Impfung von Obdachlosen, dass vom Gesundheitsamt auch mit den Streetworkern, den Anlaufstellen und den Wohlfahrtsverbänden abgestimmt werden sollte.“ Die Herausforderung bestünde darin, alle Obdachlosen zu erreichen und zweimal zu impfen. Tageseinrichtungen könnten ein ärztlicher Anlaufpunkt sein: mit einem Gesundheitscheck, einer Nachbetreuung und einer Essensversorgung.

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