„Uns reicht es jetzt!“Kita-Streiks lassen Kölner Familien verzweifeln

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Streikende Kita-Beschäftigte (Symbolbild)

Köln – Für Eltern mit Kindern im Kita-Alter sind und bleiben es harte Zeiten: Seit über zwei Jahren gehören Corona, damit verbundene Schließungen oder Quarantänen, tagelanges Warten auf Test-Ergebnisse sowie verkürzte Betreuungszeiten wegen Personalmangels zum Alltag. Kontinuität, Stabilität, Normalität – für Familien sind dies Fremdwörter geworden. Und nun, wo sich die Omikron-Welle endlich etwas stabilisiert hat, wirbelt der Warnstreik des Kita-Personals wieder alles durcheinander.

Bereits in den vergangenen Wochen blieben viele städtische Kitas an vier einzelnen Tagen geschlossen. In der kommenden Woche wird es noch heftiger: Die Gewerkschaft Verdi ruft Erzieherinnen und Erzieher erneut zum Streik auf. Am Mittwoch wird es einen NRW-weiten Streiktag geben, über weitere Aktionen hinaus entscheiden die einzelnen Verdi-Bezirke. Der Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen hat gleich für drei aufeinander folgende Tagen zu Streiks aufgerufen: Von Montag bis Mittwoch werden Eltern wieder einmal improvisieren müssen, Verwandte oder Bekannte als Babysitter einspannen oder – wenn sie es je nach Job können – im Homeoffice ihren Nachwuchs betreuen.

Kölner Eltern sind wütend über den Kita-Streik

Viele Eltern sind verzweifelt, andere wütend. „Bei allem Verständnis für die Anliegen der Erzieherinnen und die harten Arbeitsbedingungen: Uns reicht es jetzt! Dieser Streik wird auf dem Rücken der Eltern ausgetragen“, sagt der Vater einer Fünfjährigen dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Was dieser Arbeitskampf für uns als Familie bedeutet, darauf wird keine Rücksicht genommen.“

Ähnlich sieht das Wibke Stachel: „Wir als Familien sind gerade die Betroffenen, obwohl wir nicht der Arbeitgeber sind. Wir wissen, wie dringend wir die Erzieher benötigen und wünschen den Beschäftigten in den sozialen Berufen, dass sie für ihre wunderbare Arbeit besser entlohnt werden“, sagt sie. „Aber wir wünschen uns auch, dass nicht alles auf den Rücken der Familien ausgetragen wird, die momentan schon genug gezeichnet sind.“ Stachel ist Mutter zweier Kinder im Kita-Alter, im Elternrat einer städtischen Einrichtung – und selbst Erzieherin. „In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Aber das Herz für die Familien schlägt gerade etwas lauter.“

Kölner Kitas streiken drei Tage hintereinander

Wie viele der 220 städtischen Kölner Kitas von Montag bis Mittwoch geschlossen sein werden und ob es in manchen Einrichtungen Notbetreuungen geben wird, werden die Einrichtungen den Eltern mitteilen. Die Stadt konnte bei vergangenen Streiks vorab keine Informationen diesbezüglich geben. Eltern werden mitunter sehr kurzfristig – teilweise am Vorabend oder sogar am Streiktag selbst – über Schließungen informiert.

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So berichtet es etwa der Vater der Fünfjährigen: „Beim letzten Mal erfuhren wir von anderen Eltern über eine Whatsapp-Gruppe, dass am nächsten Tag die Kita zu bleiben würde. Nur auf Nachfrage wurde uns das dann bestätigt.“ Kurzfristig konnte die Oma einspringen, nicht zum ersten Mal. In der kommenden Woche, so hofft er, kann seine Tochter zumindest an zwei Tagen eine Notbetreuung besuchen. Es gehe ihm auch um die Art, wie kommuniziert und wie eine Schließung verkündet wird. „So wie es gerade läuft, stört es das Verhältnis zwischen Eltern und Erziehenden massiv. Die Streiks treiben einen Keil zwischen Eltern und Kita-Personal. Das darf nicht sein.“ Doch nicht nur für die Eltern, auch für die Kinder sei es eine schwierige Situation: „So entsteht doch kein stabiler und verlässlicher Alltag mit Gleichaltrigen für sie.“

„Jetzt tut es den Eltern richtig weh, dann ist der Druck höher.“

Wibke Stachel erlebt, wie der Graben zwischen Eltern und Beschäftigten tiefer wird. Eine Erzieherin habe gesagt: „Jetzt tut es den Eltern richtig weh, dann ist der Druck höher.“ In der Tat sei der Druck enorm, etwa der der Arbeitgeber auf die berufstätigen Eltern. „Ja, es tut uns Familien weh und wir können doch nichts ändern. Wir wissen nicht mehr weiter“, sagt Stachel, auch in ihrer Funktion als Elternrätin. Ihr Mann arbeitet im Eventbereich und könne jetzt nicht fehlen, nach fast zweieinhalb Jahren Unsicherheiten in der Branche.

Der Landeselternbeirat (LEB) der Kindertageseinrichtungen in NRW kritisiert die Warnstreik-Aktionen als „untragbaren Zustand für Kinder und Eltern“. „Gerade jetzt ist die verlässliche frühkindliche Bildung, Erziehung und Betreuung wichtig“, insbesondere für die Kinder, die in den vergangenen zwei Jahren teilweise wochenlang zu Hause bleiben mussten, heißt es in einer Stellungnahme der Elternvertretung der NRW-Kitas. Man stehe zwar hinter den Forderungen der Beschäftigten, insbesondere nach angemessener Bezahlung, verbesserten Arbeitsbedingungen und Entlastungen durch zusätzliches Personal. Doch geschlossene Kitas seien nicht der richtige Weg. Sinnvoller seien gemeinsame Aktionen mit Kindern und Eltern, um Aufmerksamkeit und politischen Druck zu erzeugen. Der LEB fordert: „Familien brauchen einen schnellen Tarifabschluss.“

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