Veedels-CheckNeuehrenfeld punktet mit gehobener Architektur

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Neuehrenfeld – Mancher tut sich immer noch schwer damit, Neuehrenfeld von Ehrenfeld zu unterscheiden. Dabei ist es im Grunde leicht: Eichendorffstraße, Baadenberger Straße, Lenauplatz und das Takufeld – das ist typisch Neuehrenfeld. Wer diese Straßen und Orte erst einmal kennt, dem fallen die feinen Unterschiede zum meist etwas raueren Ehrenfeld dann doch auf. Die Subbelrather Straße bildet die Trennlinie.

Lackschuhveedel, wie man in Köln etwas abschätzig die Gegenden für feine Leute bezeichnet, ist der Stadtteil jedoch allenfalls in einem ganz kleinen Teil. Und gleichfalls nur in geringem Maße wäre die Bezeichnung Arbeiterstadtteil zutreffend. Überwiegend bürgerlich war er dagegen schon immer. Eng verknüpft mit der Entwicklung der neuen Wohngebiete ist die Gründung der Ehrenfelder Wohnungsgenossenschaft im Jahr 1899, die das Wohnen zur Miete oder den Kauf eines Hauses für viele erst erschwinglich machte. Daneben entstanden jedoch auch Straßenzüge, die bis heute als hochpreisig gelten. Die Ottostraße, Jesse- und Eichendorffstraße sowie das Viertel zwischen Baadenberger- und Arnimstraße.

Seinen Namen bekam der Stadtteil erst in den Fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Zuvor war das Gebiet mit einem Teil Ehrenfeld und einem anderen Bickendorf zugeordnet. Das war für viele verwirrend. Ein neuer Name sollte daher mehr Klarheit bringen. Apropos Namen: Bei der Benennung der Straßen wurden Dichter der Hochromantik ausgewählt. Eichendorff, Arnim, Brentano als die wichtigsten Vertreter des Heidelberger Dichterkreises. Namen wie Tieck, Hauff oder Chamisso passen ebenfalls in diese Epoche der deutschen Literaturgeschichte. Hinzu kamen – wenn man so will – Denker: Wissenschaftler und Tüftler wie Jenner, Liebig, Otto, Siemens und Röntgen kamen in Straßennamen zu Ehren.

In architektonischer Hinsicht prägt die Gründerzeit das Erscheinungsbild der stuckverzierten Fassaden im Viertel um die St.-Anna-Kirche. Etwas weniger prunkvoll sind Häuserzeilen in den Straßen rund um den Lenauplatz. Der Baustil der 1920er Jahre bestimmt die Gegend um die Kirche St. Barbara. Nicht zufällig weist das Anfang der 1930er Jahre erbaute Schulgebäude Baadenberger Straße Ähnlichkeiten mit dem Empfangsgebäude des alten Flughafens Butzweilerhof auf: Bei beiden Bauten hieß der Architekt Hans Heinrich Mehrtens, damals Leiter des Kölner Hochbauamtes. Neuehrenfeld hat drei katholische Kirchen, eine evangelische und eine neuapostolische Kirche sowie das Jüdische Wohlfahrtszentrum.

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Fabriken gab es kaum. Unter den wenigen aber immerhin das bekannte Margarine-Werk Benedikt Klein an der Nußbaumerstraße, wo in den 1960er Jahren bis zu 16 Tonnen pro Stunde an Margarine der Marke Botteram produziert wurden. Ende der 1990er Jahre war die Ära vorbei.

Auch wenn sich Neuehrenfeld in vielem treu geblieben ist – die Zeit ist auch hier nicht stehen geblieben. Das Ausgehverhalten der Menschen hat sich auch hier verändert. Die Zahl der Kneipen ist zwar insgesamt rückläufig, aber die gastronomische Vielfalt kann sich durchaus sehen lassen. Immer noch gibt es Lokale mit langer Tradition, was die Inhaberfamilien oder die Adresse angeht. Kreative Küchen, einige gute „Italiener“ und dazwischen eine ganze Reihe weiterer Angebote für den großen oder kleinen Hunger sorgen mit ihrer Gastlichkeit für Wohlfühlatmosphäre. Wer kann, sorgt mit einem Biergarten oder Tischen und Stühlen auf dem Bürgersteig vor dem Lokal für zusätzliche Plätze.

Die Gaststätten tragen zur schnellen Verbreitung von Neuigkeiten ebenso bei, wie die belebten Plätze – Christine-Teusch-Platz, Brandtsplatz und natürlich Lenauplatz. Vielen gilt Neuehrenfeld daher mehr als „Dorf“, denn als „Veedel“. Dazu gehört auch Tratsch. Die Lust am „Verzällche“ geht mitunter auf Kosten der Verschwiegenheit. Lange verborgen bleibt hier kaum etwas.

Als Plus für das Lebensgefühl nennen viele Bewohner den hohen Grünanteil. Einen Garten oder wenigstens einen Balkon kann zwar nicht jeder, der hier wohnt, nutzen. Aber die Grünanlagen Takufeld, die Schlösserschen Gärten und der – von den Neuehrenfeldern zwar fälschlich, doch gern für sich reklamierte – Blücherpark locken zum Spazieren, Joggen, Grillen oder Sonnenbaden.

Sport wird groß geschrieben im Stadtteil. Der Fußballverein SC West Köln zählt zu den größten Vereinen in der Stadt, was die Anzahl der Teams angeht. Die Sportanlage an der Apenrader Straße hat eine lange Tradition. Ein breiteres Angebot bietet der Turn- und Sportverein Köln-Ehrenfeld von 1865, in dem Turnen und Gymnastik, Fußball, Handball und Volleyball betrieben werden. Der Fußballplatz des TuS Ehrenfeld befindet sich im Takufeld. Der TVE, also der Turn-Verein Ehrenfeld von 1879, ist ein Breitensportklub, in dem ebenfalls Turnen und Gymnastik sowie Fechten, Volleyball, Tischtennis, Tanzen für Kinder sowie Zumba-Fitness betrieben werden. Streng genommen ist auch der Tennisklub Grün-Gold Köln von 1927 ein Verein aus dem Stadtteil. Die Gründer nahmen irrtümlich an, die Farben des Stadtteils Ehrenfeld seien Grün und Gold. Richtig wäre Blau und Gold gewesen. Die Tennisplätze waren schon immer im Blücherpark. Der gehört seit der 1975 in Kraft getretenen Kommunalen Neugliederung zum Stadtbezirk Nippes.

Ein deutliches Minus dagegen wird von vielen Bewohnern im Hinblick auf die Parkmöglichkeiten für Fahrzeuge vergeben. Zu gewissen Zeiten, nämlich wenn die meisten Menschen Feierabend von ihrer beruflichen Tätigkeit machen, ist Parkraum äußerst knapp. Abendliche Runden mit dem Auto durch das Viertel sind für manch einen lästiges, aber eben alltägliches Übel. Dafür ist es tagsüber, wenn die Geschäfte geöffnet haben, manchmal schwer, einen Platz für das Fahrrad zu finden, an dem es nicht störend für andere abgestellt werden kann.

Die Geschichte des Veedels Neuehrenfeld

Nachdem sich Ehrenfeld von Mitte des 19. Jahrhunderts an mit seinen Fabriken und Arbeiterhäusern nahezu explosionsartig ausgedehnt hatte, schauten sich Investoren um die Jahrhundertwende nach weiterem Bauland um. Nördlich des Stadtteils erstreckten sich die Ländereien des Subbelrather Hofes von Landwirt Aloys Schlösser und Grundstücke, die dem Bauunternehmer Franz Zillken gehörten. Vom Subbelrather Hof, der dort stand, wo heute die Kreuzung Ehrenfeldgürtel/Subbelrather Straße ist, wurde eine Obstbaumplantage bewirtschaftet. Bis auf einen kleinen Rest zwischen Subbelrather- und Dechenstraße wurde sie komplett zu Bauland. In der Kleingartenanlage „Schlösser“ soll es noch vereinzelt Bäume geben, die von diesem Hof stammten. Franz Zillken soll beim Verkauf seiner Grundstücke darauf bestanden haben, dass die Wohnblöcke Gärten erhalten und frei von weiterer Bebauung bleiben sollten. (Rös)

Die Baustellen des Veedels

An der Grünanlage Takufeld sind gleich drei Wohnanlagen in Planung. Zu dem schon länger bekannten Vorhaben, Häuser auf dem früheren Kirmesplatz zu bauen, kommen zwei weitere Projekte an der Subbelrather Straße. Eine ehemalige Metallwarenfabrik sowie ein kleiner Gewerbehof mit mehreren Einzelhandelsgeschäften sollen abgebrochen werden. Mehrgeschossige Wohnhäusern sollen entstehen. Vergleichsweise klein scheint dagegen die Baustelle Ecke Apenrader/Hadersleber Straße. 2011 wurde dort damit begonnen, ein neues Vereinsheim für den Fußballverein SC West zu bauen. Den größten Teil des Gebäudes sollte eine sechsgruppige Kindertagesstätte bilden. Probleme mit dem Baugrund und dadurch notwendige Umplanungen verzögerten und verteuerten das Vorhaben aber schon kurz nach Baubeginn. Während der Rohbauphase im Jahr 2012 sackte eine Zwischendecke ab und sorgte für einen Stillstand. Als die Verantwortung für den Baumangel geklärt war, wurde zunächst weitergebaut. Im Sommer 2014 drehte aber die Sparkasse Köln-Bonn dem Verein den Geldhahn zu. Der Weiterbau stockt seitdem. Ein neuer Bauherr wartet auf Genehmigungen. Immerhin: Das Insolvenzverfahren für der Verein konnte zwischenzeitlich abgeschlossen werden. (Rös)

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