Auf mysteriöse Weise verschwand im Frühjahr 2001 „Kölner Silber“ aus dem Stadtmuseum – der Täter war ein international bekannter Kunstdieb.
Silber im SchlammWie Köln zum Tatort eines europaweiten Kunstverbrechens wurde

Das Kölnische Stadtmuseum war bis zu einem Wasserschaden im Jahr 2017 im Zeughaus untergebracht - hier stahl Stéphane Breitwieser 2001 den Kokosnusspokal.
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Ende November 2001 geht der Rentner James Lance im elsässischen Habsheim am Rhein-Rhône-Kanal spazieren – und plötzlich rückt Köln in den Mittelpunkt eines der spektakulärsten Kunstverbrechen der vergangenen Jahrzehnte in Europa. Denn in der untergehenden Sonne blitzt etwas im Wasser. Der Rentner holt einen Rechen und fischt einen silbernen Kelch, einen Pokal und ein Jagdmesser mit einem Frauenporträt aus dem Schlamm. Polizeitaucher durchsuchen den Kanal auf fast einem Kilometer Länge. Am Ende liegen 107 Kunstobjekte am Ufer: Becher, Krüge, Uhren, Vasen, ein Ölgemälde – und ein Kokosnusspokal von 1580, der acht Monate zuvor aus dem Kölner Stadtmuseum verschwunden war.
Schnell ist klar, wer die Schätze versenkt hat: die Mutter des damals 31-jährigen Stéphane Breitwieser, eines der berüchtigtsten Kunstdiebe Europas. Zwischen 1995 und 2001 hatte er 239 Kunstwerke aus Museen und Schlössern in ganz Europa gestohlen, im Schnitt alle zwölf Tage ein Werk – im Wert von über einer Milliarde Euro. Nachdem er in Luzern beim Diebstahl eines Prunkhorns verhaftet worden war, wollte die Mutter eilig seine Beute im Kanal vernichten.
Kunstdieb sammelte Beute auf dem Dachboden seiner Mutter
Um Geld ging es Breitwieser freilich nicht. Der gelernte Kellner sammelte seine Beute wie Trophäen, hängte sie auf dem Dachboden seiner Mutter auf. „Ich liebe solche Kunstwerke. Ich sammelte sie und behielt sie zu Hause“, sagte er 2005 vor Gericht.
Über den „Meisterdieb“, so der Titel, hat der US-Autor Michael Finkel eine fesselnde Biografie geschrieben. Er bezeichnet Breitwieser als den „vielleicht erfolgreichsten Kunstdieb aller Zeiten“.
Auch Köln gehörte zu seinen Tatorten. Eigentlich, so Breitwieser, habe er „Respekt vor deutschen Museen“ gehabt. Doch im Stadtmuseum fühlte er sich unbeobachtet. Am Wochenende des 31. März oder 1. April 2001 öffnete er dort eine unzureichend gesicherte Vitrine mit „Kölner Silber“. Elf Objekte im Wert von 300.000 Euro verschwanden – darunter der vergoldete Kokosnusspokal. Breitwieser drapierte die übrigen Stücke neu und verdeckte die Spuren in der Vitrine mit einer Infofahne. Erst Tage später fiel der Diebstahl auf.
Neun der geraubten Objekte tauchten 2001 im Kanal wieder auf, teils beschädigt. Zwei Stücke, darunter eine Silberkanne, blieben verschwunden.