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Kommentar

Wofür ich Köln liebe
Brücken, nicht nur für unglücklich verliebte Königskinder

Ein Kommentar von
2 min
19.03.2025, Köln: Stadtansichten gesehen von der Auermühle am Deutzer Hafen.
Im Bild Blick auf die Severinsbrücke mit dem Eingang zum Deutzer Hafen und Drehbrücke im Vordergrund und dem Dom und Rhein im Hintergrund.

Foto: Michael Bause

Die Severinsbrücke mit ihrem A-Pylon und den strahlenförmigen Halteseilen ist eine der schönsten Kölner Brücken.

Eines der schönsten Dinge an dieser Stadt ist die Vielfalt ihrer Brücken. Täglich kann man zu neuen Ufern aufbrechen, täglich Getrenntes verbinden.

Die Brücke ist die Mutter aller Problemlöserinnen. Die Ausgangslage: Ein Weg geht zu Ende, weil sich da plötzlich ein Graben auftut oder ein breiter Fluss alle Pläne durchkreuzt. Wer da nicht groß nachdenkt, muss anhalten. So wie die intellektuell scheinbar mittelmäßig begabten Königskinder aus dem Volkslied, die bekanntlich nicht zueinander kommen konnten, weil das Wasser zwischen ihnen zu tief war. Wäre einer der beiden ein wenig sturer oder cleverer oder halt krasser verliebt gewesen, dann wäre ihm vielleicht die Sache mit der Brücke eingefallen. Pfähle in den Grund rammen, Balken drüber – happy end.

Natürlich. Wer die Öresundbrücke überquert und so vor atemberaubender Kulisse von Dänemark nach Schweden gelangt, der erlebt weit Erhabeneres. Aber dennoch: Auch wenn ich in Köln unterwegs bin, dann macht mich die Möglichkeit des ständigen Hin-und-Hers immer wieder absurd glücklich – auch ganz ohne Königskind auf der anderen Seite. Manchmal quere ich einfach ohne Grund und stelle mir dann vor, man könnte meine schwungvollen Kurven im Zeitraffer aus dem Weltall verfolgen, als wäre ich eine Stopfnadel oder ein Weberschiffchen, das hin und hersaust und die Uferteile so immer sicherer miteinander verknüpft. Hohenzollernbrücke, Severinsbrücke, Südbrücke, Deutzer Brücke, Rodenkirchener Brücke, Zoobrücke zurück – und dann der Haltbarkeit wegen nochmal in anderer Reihenfolge.

Eine Schlinge, die einen unwiderruflich über den Fluss führt

Man kann rennen wie beim Brückenlauf, man kann – um Zeit zu sparen – das Fahrrad nehmen. Ein etwas ambivalentes Verhältnis habe ich zur Brückennutzung mit dem Auto. Gar nicht unbedingt des Staus wegen. Sondern weil Köln den Abgelenkten verleitet, sich manchmal ungewollt auf Brückenspuren einzufädeln. Wie oft bin ich schon in Kalk gelandet, weil ich eine Zoobrückenausfahrt verpasst habe. Oder in Deutz, weil ich eine Schlinge wählte, die einen unwiderruflich über den Fluss führt. Wenn mans nicht eilig hat (was ja leider selten der Fall ist), ist's trotzdem schön. Ein weiterer verbindender Faden ist schließlich gelegt.

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen

Claudia Lehnen, geboren 1978, ist Chefreporterin Story/NRW. Nach der Geburt ihres ersten Kindes begann sie 2005 als Feste Freie beim Kölner Stadt-Anzeiger. Später war sie Online-Redakteurin und leitet...

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Außerdem belohnt ja immer der Perspektivwechsel. Und der kommt einem im Leben sehr oft zu Gute. Auch beim Blick auf die schlechten Brückennachrichten. Natürlich sind Brückenschäden ein Ärgernis, über das gerade in Köln und der Region kein Romantiker der Welt hinwegsehen kann. Einerseits. Andererseits birgt Verfall auch die Chance auf Erneuerung. Köln ist mit seinen vielen kaputten Brücken damit auch prädestiniert für den vielbesungenen Aufbruch zu neuen Ufern. Ich jedenfalls denke da manchmal daran, wenn ich durch die grünen Seile sause, die strahlenförmig die Severinsbrücke am A-Pylon festhalten: Vielleicht ist die Ankunft am Südstadtufer der richtige Moment für einen wunderschönen Neuanfang.