Anke Engelke im Interview„Vegane Burger finde ich total plemplem“

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Engelke

Anke Engelke

Anke Engelke, 1965 in Montreal geboren, ist Schauspielerin, Komikerin und Sängerin, unter anderem bekannt durch Sketch-Shows wie „Ladykracher“. Sie ist die deutsche Synchronstimme von Marge Simpson in der Zeichentrickserie. Engelke hat drei Kinder und wohnt in Köln.

Frau Engelke, ich habe Ihnen zum Interview ein veganes zweites Frühstück mitgebracht. Wie läuft es denn mit der Veganer-Existenz?

Super. Ist doch toll, wenn man durch einen Erkenntnisgewinn dazu kommt, etwas zu ändern. Das wünsche ich jedem – und so war das bei mir mit der veganen Ernährung. Ich erachte es ja auch nicht als Verbots-Konstrukt, sondern als Entscheidung bei vollem Bewusstsein. Wenn man mich mal eine Wurst aus echtem Fleisch essen oder Milch trinken sehen sollte, oder falls ich mal dicke Lippen und keine Falten mehr im Gesicht habe, dann bitte sofort die Polizei holen. Dann bin ich entführt worden, und man hat mich gezwungen.

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Worin lag der Erkenntnisgewinn?

Mir wurde klar, dass das mit unserem Verhalten auf dem Planeten so nicht weitergeht. Wir brauchen den Planeten. Wir wollen überleben, und das geht nur, wenn der Planet überlebt. Ich bin schon seit Teenager-Zeiten Vegetarierin. Darum war das für mich nicht so ein großer Schritt mit dem veganen Leben.

Essen Sie denn vegane Burger oder andere Fleischersatz-Produkte?

Die finde ich total plemplem. Wenn ich eine Wurst oder Bacon essen will, sollte ich das einfach tun.

Ist es nicht schön, wenn man etwas hat, das dem leckeren Original wenigstens nahe kommt?

Ich finde es schwierig, weil den Menschen damit vorgegaukelt wird: Ihr braucht ja eigentlich Fleisch. Veganer Käse geht auch überhaupt nicht, obwohl ich echten Käse schon sehr vermisse. Wenn man sich darauf fokussiert, über Verzicht zu jammern oder sich zu beschweren, dann wird man natürlich schlechte Laune kriegen. Aber warum behauptet man eigentlich, einem werde so viel genommen? Wir nehmen uns gerade die Möglichkeit auf eine Zukunft auf einem gesunden Planeten. Wir nehmen den folgenden Generationen gerade ganz viel. Die werden nämlich verzichten müssen, weil wir es nicht wollen. So kann man es auch mal sehen.

Viele Künstler zählen zu den großen Verlierern der Corona-Krise. Kinos, Konzertsäle und Theater waren geschlossen. Backen zählt zu den wenigen Gewinnern der Krise. Ihre Backleidenschaft haben Sie allerdings schon lange vor der Krise entdeckt.

Stimmt! Allerdings ist mein Portfolio relativ beschränkt. Es ist jetzt nicht so, dass ich 200 Backwerke drauf habe und die Torten-Königin bin.

Ein Restaurant mit 350 Gerichten auf der Karte zählt meistens auch nicht zu den Besten.

Gutes Argument. Bislang dachte ich, es sei ein Nachteil, dass ich meine Backkunst als heißen Scheiß verkaufe und so wenig kann. Aber tatsächlich versuche ich mit den Sachen, die ich kann, immer besser zu werden. Dann und wann kommt was Neues dazu. Das bringe ich dann mit ans Film-Set und dann freuen sich alle.

Zur Show und zum Podcast

Die zweite Amazon-Staffel „Last one Laughing“, bei der Anke Engelke wieder dabei ist, wird ab heute bei Amazon gezeigt. Das Prinzip der Show: Wer zuerst lacht, fliegt raus. Mit dabei sind unter anderem auch Annette Frier, Bastian Pastewka, Max Giermann, Kurt Krömer und Martina Hill. Es soll auch eine dritte Staffel geben, der Ausstrahlungszeitpunkt dafür steht aber noch nicht fest.

Das deutlich ausführlichere Gespräch mit Engelke können Sie auch als Podcast-Folge „Talk mit K“ hören. Sie finden den Podcast bei Podcast-Plattformen wie Apple Podcasts, Spotify oder Deezer hören. Suchen Sie dort nach „Kölner Stadt-Anzeiger“. Sie können ihn aber auch auf unserer Internetseite hören.

www.ksta.de/podcast

Gibt es denn etwas, das Sie neu gelernt haben in der Krise?

Nein. Ich hatte aber auch nicht unbedingt mehr Zeit, weil ich ja kein Bühnenmensch bin. Ich war viel in Synchronstudios und habe ganz viel gedreht, war an Filmsets wie in einer Blase praktisch ausgeschlossen von der Außenwelt. Ich war wirklich ein Glückspilz, der schöne Filme machen konnte, die jetzt alle darauf warten, endlich im Kino gezeigt zu werden.

Etliche Ihrer Kolleginnen und Kollegen haben vor der Wahl Empfehlungen ausgesprochen. Würden Sie das auch?

Nein, das ist nichts für mich. Politisch bin ich nur privat. Ich möchte als Künstlerin wahrgenommen werden. Wenn ich dann zu sehr meine privaten Meinungen rausposaune und mich reduziere auf bestimmte Positionen, verbaue ich mir die Chance, andere Leute zu sein, wenn ich als Schauspielerin arbeite. Ich möchte gerne, dass man mir abnimmt, was ich spiele und nicht, dass die Leute denken: Die lebt doch auf diesem Schloss und wählt diese Partei. Ein Stück weit will ich noch unbeschriebene Fläche sein.

Und Auftritte bei Demos?

Ich demonstriere gerne im Winter, wenn man sich Mützen und Schals anziehen kann oder im Sommer mit großem Hut, weil es einer Sache nicht gut tut, wenn da so viele Prominente mitlatschen. Ich kenne auch die andere Sichtweite, zu sagen: Ich nutze meine Prominenz. Ich verstehe total, wer sich dafür entscheidet, aber ich habe für mich meinen Weg gewählt.

Sie sind seit 2007 die Synchron-Stimme von Marge Simpson: Wie ist die Beziehung zu Marge nach so vielen Jahren? Sind Sie dicke Freundinnen? Waren Sie schon mal kurz vor der Trennung?

Unser Verhältnis hat sich auf jeden Fall geändert. Ich habe ein paar Staffeln gebraucht, um in diese Familie reinzukommen. Jetzt hat es etwas ganz Alltägliches, ins Studio zu gehen. Das soll gar nicht vermessen klingen: Wir sprechen hier von einer der beliebtesten Serien der Welt. Einer, die Familien vor dem Fernseher zusammen bringt, die von Kindern und Eltern geguckt wird. Ich habe die Marge einfach gern. Auch wenn ich überhaupt nicht antizipieren kann, was sie sagt oder denkt.

Sie synchronisieren immer wieder auch Tiere in Trickfilmen. Sind Sie deshalb so gerne im Lindenthaler Tierpark, um von den Tieren zu lernen?

Vielleicht wäre es gar kein schlechte Idee, mit denen ein bisschen zu üben, aber eigentlich gehe ich da nur hin und bin begeistert davon, wie herrlich die Tiere sind. Ich habe auch eine zehnjährige Patenschaft für ein Hochlandrind und gucke dann natürlich nach meinem Patenkind.

Die zweite „Staffel von Last one Laughing“ erscheint heute (1. Oktober) bei Amazon. Sie sind wieder dabei. Das Prinzip der Show: Zehn professionell lustige Menschen wie Sie, Kurt Krömer oder Martina Hill treffen sechs Stunden in einem Raum aufeinander und müssen versuchen, sich gegenseitig zum Lachen zu bringen, dürfen aber selbst nicht lachen. Wer zweimal lacht, fliegt raus. Am Ende bleibt nur noch einer oder eine übrig.

Als Bully (Herbig, der Produzent, Anm. der Red.) mich beim ersten Mal angerufen hat, um mir die Show zu erklären, habe ich gesagt: Ich bin doch nicht bescheuert. Ich schmeiß mich doch nicht nackig in ein Planschbecken, wie das in der australischen Variante passiert.

Warum wollte Bully Herbig Sie? Und wie hat er Sie überzeugt, mitzumachen?

Da müssen wir eigentlich ihn fragen, oder? Ich tippe, er hat mich ins Boot geholt, weil er sagt, dass ich immer so die emotionale Tante bin, bei der sich alle wohlfühlen mit meinen Keksen. Dann fand ich es total spannend, als erste weitere Namen auf die Liste kamen. Ich bin ja gar kein Comedian, aber Carolin Kebekus oder Torsten Sträter stehen regelmäßig vor 50.000 Menschen auf einer Bühne. Die sind Rampensäue und müssen jeden Abend neu begeistern. Das macht sie als Konkurrenz gefährlicher, weil sie drin haben zu kämpfen. Aber egal, ob man jetzt Entertainer ist wie Barbara Schöneberger oder ob man ein toller Improvisator wie Tedros Teclebrhan: Man checkt sehr schnell, dass man in dieser Show nicht das tun kann, was man gut kann.

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Weil man dann selbst lachen muss?

Genau. Darum sehen wir in dieser Show alle manchmal wahnsinnig unsympathisch und verkniffen aus.

Von „Last one Laughing“ gibt es mittlerweile viele internationale Fassungen. Ich höre bei Ihnen raus, dass die deutsche Fassung niveauvoller ist als andere?

Ich finde die deutsche Fassung super, aber das muss ich natürlich sagen. Es ist immer Geschmackssache. Es wird Menschen geben, die die anderen gesehen haben und sagen werden: Die deutsche Fassung ist krass langweilig. Da passiert ja gar nichts, keine Riesenpimmel, die fluchen gar nicht. Und dann noch der deutsche Humor. Andererseits ist die erste Staffel in Deutschland so erfolgreich gewesen, dass sie offensichtlich doch auf viele Humorzentren da draußen getroffen ist.

In der zweiten Staffel sind etliche neue Gesichter dabei, darunter Freunde von Ihnen wie Bastian Pastewka oder Annette Frier. Ist es schwerer, gegen die anzutreten, die man schon sehr gut kennt oder leichter, weil man genau weiß, worüber sie lachen?

Bei Bastian weiß ich schon, dass ich möglichst weggehen muss, wenn er kommt, weil ich sein Gesicht schon so lustig finde. Bei Annette wusste ich, dass wir schroff miteinander umgehen können, um Lachen zu vermeiden. Ansonsten ist das einzige Mittel, wegzugucken oder ganz offensiv eigene Nummern zu performen.

In der ersten Staffel sind Sie erst in Runde fünf rausgeflogen. Wer gewinnt denn nun die zweite Staffel?

Ich möchte nicht zu viel verraten, aber klar ist, dass ich gewinnen will. Und wenn es eine dritte Staffel gibt, möchte ich auch wieder mitmachen. Die größte Freude ist doch, uns dabei zu beobachten, wie wir wieder leiden, wie viel ehrgeiziger oder feindseliger oder überforderter wir sind, als wir dachten.

Man wird im Herbst noch mehr von Ihnen sehen. Im November kommt der Film „Mein Sohn“ in die Kinos, Sie spielen die Mutter.

Der Film ist das Regiedebüt von Lena Stahl, einer tollen jungen Regisseurin. Sie hat kleine Kinder und hat sich mit der Frage auseinandergesetzt: Was mache ich eigentlich, wenn die groß sind? Jonas Dassler spielt in dem Film einen Skateboarder, der sein Bein zertrümmert bei einem Unfall. Er wird mit der Frage konfrontiert, wie sein Leben weiter geht. Seine Mutter, die nicht loslassen kann, fährt ihn mit ihrer alten Karre in die beste Schweizer Reha. Der Film ist eine Art Roadmovie. Ich glaube, bei dieser Geschichte können viele Menschen an verschiedenen Stellen andocken und sagen: Ja, ich bin auch so. Oder: Das kenne ich von meinem Kind. Ich freue mich sehr drauf, dass die Leute ins Kino gehen und hinterher darüber quatschen. Ich werde dann auch ganz oft ins Kino gehen, um zu schauen, welche Gespräche hinterher geführt werden.

Wenn im Foyer eines Kölner Kinos also eine Frau mit großem Schlapphut steht…

Nein, das mache ich nur bei Demonstrationen so. Da halte ich mich ja zurück im Interesse der Sache. Im Kino lasse ich den weg. Und dann darf man mich auch ansprechen und sagen: Toller Film. Oder: Den habe ich gar nicht verstanden. Wobei ich den im Zweifel auch nicht erklären kann.

In der Gesellschaft gibt es gerade eine breite Debatte über Rassismus und Sexismus. Würden Sie alle Rollen, die Sie in Ihrem Leben gespielt oder parodiert haben, heute noch einmal spielen?

Ich habe vor zehn oder zwanzig Jahren viele Parodien gemacht, von denen ich mich heute distanziere. Sie waren in dem damaligen zeitlichen, historischen Kontext total stimmig, aber heute ist man sich der strukturellen Probleme, sei es Rassismus oder Homophobie, viel bewusster. Wir lernen alle dazu. Und ich habe auch ganz viel dazugelernt.

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